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Abschied von Joachim Gauck: Auf Wiedersehen, Herr Bundespräsident!

Fünf Jahre lang war Joachim Gauck Bundespräsident von Deutschland. Nun wird am Wochenende sein Nachfolger gewählt. Wer aber war dieser Mensch, der seit dem 23. März 2012 das Staatsoberhaupt unseres Landes war? Welche Erfahrungen prägten ihn, was trieb ihn an? Wir blicken zum Abschied auf Gaucks steile, aber selten geradlinige Karriere zurück: Vom Pastor in der DDR zum Präsidenten eines geeinten Deutschlands.
DAL, 10.02.2017

Noch bis zum Sonntag, den 12. Februar, Bundespräsident: Joachim Gauck
Als Joachim Gauck am 23. März 2012 als neuer Präsident der Bundesrepublik Deutschland vereidigt wird, schaut er bereits auf sieben Jahrzehnte Lebenserfahrung zurück. Mehr als die Hälfte davon hat er in einem untergegangenen Staat verbracht – einem Staat, in dem er für Freiheit und Gerechtigkeit vehement kämpfen musste: der DDR.

Die DDR, ein Unrechtsstaat

Schon in jungen Jahren entwickelt der am 24. Januar 1940 in Rostock geborene Gauck in diesem Staat ein Gefühl dafür, was gerecht ist. Und was ungerecht. Im Alter von elf Jahren erlebt er mit, wie sein Vater völlig überraschend von der Volkspolizei verhaftet wird. Lange weiß die Familie nicht, wo der verurteilte "Spion" ist und ob er überhaupt noch lebt. Seit diesen Tagen ist die DDR für Joachim Gauck ein Unrechtsstaat. Sozialismus und Kommunismus erscheinen ihm suspekt.

Doch das Ereignis im Jahr 1951 ist nicht das erste Mal, dass sich der Junge mit Politik und Gerechtigkeit auseinandersetzen muss. Schon zuvor hat er seinen Vater einmal verloren. Der Kapitän, der im Zweiten Weltkrieg für das Aufspüren von Minen verantwortlich ist, gerät in Gaucks frühster Kindheit in Kriegsgefangenschaft. Scheinbar ganz ohne Grund.

Predigen gegen die Diktatur

Vielleicht sind es diese beiden Erlebnisse, die Joachim Gaucks Lebensthema vorgeben. Von seiner Jugend an, beginnt er sich politisch zu engagieren, setzt sich in seiner Heimat für Veränderungen ein und tritt immer wieder in Opposition zur DDR.

Das ändert sich auch nicht, als Gauck schließlich eine Karriere als Kirchenvater anstrebt. Er spricht nun von der Kanzel zum Volk und hält auch im Gotteshaus nicht mit seiner negativen Haltung hinter dem Berg. Immer wieder predigt Gauck "für die Hoffnung in der DDR" und "gegen den regierenden Staat".

"Die größten Tage in meinem Leben"

Der Stasi ist der kritische Pastor naturgemäß ein Dorn im Auge. Doch Gauck hat Glück: Trotz eines laufenden Verfahrens gegen ihn kommt es nie zu einer Verurteilung. Stattdessen kann sich Gauck weiter engagieren: Er wird Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstandes gegen die SED-Diktatur und leitet die wöchentlichen Friedensgebete, aus denen die Protestdemonstrationen hervorgehen – jene, die schließlich zum Mauerfall führen.

"Diese Tage werden immer die größten in meinem Leben sein", sagt der scheidende Bundespräsident in einem kürzlich ausgestrahlten Interview mit dem ZDF. Am 23. März vor fünf Jahren spricht ein Mann, der diese Erfahrungen als Wegweiser für seine Amtszeit nutzen will. Damals sagt er, er werde seine "Erinnerung als Kraft und Kraftquelle nutzen, um mich und uns zu lehren und zu motivieren."

Joachim Gauck im Jahre 1990, kurz nach seiner Ernennung zum Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen

Bundesarchiv, Bild 183-1990-1218-302 / Grimm, Peer / CC-BY-SA 3.0

Lehren aus der Vergangenheit

Lehren aus der Vergangenheit ziehen, das ist bereits Gaucks Motto, als er seine offizielle politische Laufbahn beginnt. Bei der Volkskammerwahl im Jahr 1990 wird er zum Abgeordneten für die Partei "Bündnis 90/ Die Grünen" gewählt. In dieser Position beschäftigt er sich mit der Arbeit der Stasi und fordert einen "Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung" dieses Ministeriums.

Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wird Gauck Bundesbeauftragter für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes. Gleichzeitig tritt er aus seiner Partei aus und legt die Pastorentätigkeit nieder, um sich voll und ganz auf den neuen Job konzentrieren zu können.

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