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Bewertungsportale

Firmen oder einzelne Dienstleister, die auf ihren Websites Kunden eine Plattform zur Kritik bieten, gibt es seit Bestehen des Internets. Inzwischen existieren aber auch jede Menge unabhängige Seiten, die Verbrauchern dasselbe bieten. Ihr edles Ziel: Objektivität. Doch sie bergen auch Probleme. So ist der Grat zwischen Kritik und Rufmord zuweilen recht schmal. Wie weit darf ein Bewertender gehen und was muss sich ein Bewerteter gefallen lassen? Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit? Und: Wie kann der User eines Bewertungsportals nachvollziehen, ob das Urteil über ein Hotel, einen Reiseveranstalter oder eine Digitalkamera echt oder manipuliert ist? wissen.de klärt auf.
von wissen.de-Autor Jens Ossa

Daumen hoch!?
istockphoto.com/Edyta Pawłowska

Werturteil oder Verletzung des Persönlichkeitsrechts?

„Wenn Patienten sich nach einem Arztbesuch schlecht behandelt fühlen, dürfen sie das auf Bewertungsportalen kund geben“, befand das Oberlandesgericht Frankfurt im März 2012. Zuvor hatte eine niedergelassene Ärztin gegen ein entsprechendes Portal geklagt und versucht, eine Löschung der Angaben über sie zu erwirken – ohne Erfolg. Das Recht auf freie Arztwahl und der Wettbewerb zwischen Ärzten erfordere die Möglichkeit zur Beurteilung in öffentlich zugänglichen Quellen, hieß es.

Ähnlich erging es einer Lehrerin in Nordrhein-Westfalen. Auf spickmich.de, einem Bewertungsportal für Schüler, kam sie nicht gerade rühmlich weg. In Kriterien wie sexy, witzig, cool, motiviert, kompetent, Unterricht, Fairness usw. bekam sie von ihren Eleven mittelmäßige bis schlechte Noten erteilt und sah sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Nachdem sie mit einer Klage gescheitert war, ging sie sogar noch einen Schritt weiter und legte Berufung ein – ebenfalls vergebens. Hier urteilte das Oberlandesgericht Köln, es handle sich nicht um Tatsachenbehauptungen, die auf solchen Plattformen wahr sein müssten, sondern um reine Meinungsäußerungen, geprägt durch „Elemente der Stellungnahme, der Beurteilung und der Wertung“.

In beiden Fällen gilt: Werturteile sind zulässig, sofern sie nicht die Grenze zur Schmähkritik und Beleidigung überschreiten und damit keinen Angriff auf die Menschenwürde darstellen. Häufig müssen die Gerichte jedoch abwägen – wie im speziellen Fall der Lehrerin. Offenbar fielen die Benotungen ihres Erscheinungsbildes besser aus als die ihrer beruflichen Fähigkeiten. Womit spickmich.de nicht ihre Privat- oder Intimsphäre antastete, sondern lediglich die so genannte Sozialsphäre, zu der das Berufliche zählt. Und die anzutasten ist legitim. Letztendlich müssen die Betreiber von Bewertungsportalen dafür sorgen, dass Schmähkritiken unterbleiben, und die Möglichkeit bieten, falsche Tatsachenbehauptungen zu korrigieren.

 

Verlässliches Urteil oder Fake?

Glaubt man der Aussage von Infospeed-Projektleiter Jan Krömer auf Focus Online, sind gefälschte Bewertungsberichte im Internet eher selten. Infospeed ermittelt für seine Kunden über Blogs, Foren und soziale Netzwerke ein Meinungsbild von Online-Usern. Krömers Aussage vorausgegangen war das Eigenlob eines Tablet-Herstellers unter falschem Namen auf Amazon. Tatsächlich ergab ein Test der Stiftung Warentest, dass sich die meisten Bewertungsportale täuschen ließen. Allerdings haben viele Hersteller inzwischen gelernt: Der Schaden ist weitaus größer als der erhoffte Nutzen, wenn die Täuschung auffliegt. Zudem fällt ein einzelner fingierter Beitrag unter vielen echten nicht ins Gewicht. Je mehr Bewertungen es zu einem Produkt oder einer Dienstleistung gibt, umso verlässlicher ist das Gesamturteil. Die Betreiber von Verbraucherportalen versichern darüber hinaus, sie würden die Bewertungen überprüfen. Jedoch, angesichts der Anonymität bleiben Manipulationen nicht ausgeschlosse

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