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Drittes Schwangerschaftsdrittel: Zeit der Reifung

Über welchen Zeitraum geht das dritte Schwangerschaftsdrittel?

Das letzte Drittel der Schwangerschaft reicht von der 28. Woche bis zum Ende der Schwangerschaft – normalerweise in der 40. Woche – und findet seinen Höhepunkt mit der Geburt des Kindes. Für die Mutter ist die Spätschwangerschaft der körperlich anstrengendste Zeitabschnitt, da der Fetus bis zur Geburtsgröße heranwächst und sich in die für die Geburt günstigste Position manövriert.

Was geschieht beim Fetus zwischen der 28. und der 31. Woche?

Am Ende des zweiten und zu Beginn des dritten Trimenons füllt der Fetus fast die gesamte Gebärmutter aus. Er hat mittlerweile die typische zusammengerollte fetale Stellung eingenommen. Die Größe des Kopfes steht nun praktisch in der richtigen Proportion zum übrigen Körper. Die Lunge ist fast ausgereift. Der Fetus bewegt sich häufig, Atem- und Schluckfunktion sind gut ausgeprägt. Die Fruchtblase enthält etwa 750 Milliliter Fruchtwasser. In der 28. Woche misst das Ungeborene durchschnittlich 30 Zentimeter und wiegt 1500 Gramm. Diese Maße erhöhen sich bis zur 31. Woche auf durchschnittlich 33 Zentimeter und bis zu 2275 Gramm.

Welche Veränderungen sind im neunten Monat zu erwarten?

Der Fetus ist vollständig ausgebildet, wenn auch noch etwas mager. Er dreht sich, so dass er mit dem Kopf nach unten in der geburtsbereiten Position liegt. Er kann zwischen Helligkeit und Dunkelheit unterscheiden und hat einen deutlichen Schlaf-Wach-Zyklus.

Die Proportionen der Gliedmaßen zum Rumpf entsprechen praktisch denen bei der Geburt. Es sind weiche Finger- und Zehennägel gewachsen, die mit den Fingerkuppen abschließen. Beim männlichen Fetus wandern die Hoden von der Leistengegend in den Hodensack.

Ab der 32. Woche werden die Bewegungen des Kindes außergewöhnlich kräftig und können für die Mutter ziemlich unangenehm sein. In der Gebärmutter herrscht nun zusehends Platzmangel, der die Bewegungsfreiheit des Fetus noch weiter einschränkt.

In der 34. Woche ist der Reifeprozess der Lunge so weit fortgeschritten, dass die Lungenbläschen durch den Stoff Surfactant vor dem Zusammenfallen bewahrt und beim Einsetzen der Atemtätigkeit unterstützt werden. In diesem Zeitabschnitt nimmt der Fetus rasch an Gewicht zu, und zwar durchschnittlich etwa 200 Gramm pro Woche.

Wofür benötigt das Ungeborene Fettpolster?

Die im dritten Trimenon stattfindende vermehrte Einlagerung von Fett ins Unterhautgewebe dient zum einen als Schutz beim Geburtsvorgang; zum anderen gewährleisten die Fettpolster, dass nach der Geburt Energie bereitgestellt werden kann und der kindliche Körper bei der Wärmeregulation unterstützt wird. Die Haut des Fetus wird durch die Fetteinlagerungen fülliger und rosig und verliert ihr faltiges Aussehen. Bis zur Geburt lagert sich hauptsächlich im Bereich des Schultergürtels noch mehr Fett ein.

Wie verläuft der Endspurt bis zur Geburt?

In den letzten Wochen der Schwangerschaft sind sämtliche fetalen Organe praktisch vollständig ausgereift. Der Fetus ist wohlgeformt. Der Raum in der Gebärmutter wird jedoch immer enger und behindert die Drehung des Kindes. Bei einer Erstgebärenden senkt sich jetzt der Kopf des Kindes in das mütterliche kleine Becken, bei Mehrgebärenden geschieht dies meist erst kurz vor der Geburt.

Während der letzten zwei Wochen bewegt sich das Kind weniger und nimmt nur noch etwa 100 Gramm pro Woche zu. Die Plazenta stellt ihr Wachstum ein, bleibt aber noch funktionstüchtig.

Etwa in der 38. Woche verschwindet langsam die Lanugobehaarung des Körpers, Reste können noch auf den Schultern oder in den Körperfalten verbleiben. Der Körper des Kindes ist jedoch immer noch von der Käseschmiere bedeckt. Brustkorb und Gliedmaßen sind kräftig entwickelt und der Fetus ist nun bereit für die Geburt. In seinem Darm hat sich das Kindspech (Mekonium) angesammelt, das nach der Geburt ausgeschieden wird.

Was ist der Unterschied zwischen Fetusstellung und Kindslage?

Als Fetusstellung bezeichnet man die typische Körperhaltung des Fetus im Mutterleib mit eingedrehtem Kopf, dem auf der Brust ruhenden Kinn, gekreuzten Armen und angewinkelten Beinen. Die Ausrichtung des Kindes in der Gebärmutter gegen Ende der Schwangerschaft – die geburtsbereite Position also – wird als Kindslage bezeichnet.

Welche Lage bevorzugt das Ungeborene?

98 Prozent der Kinder liegen in Längslage, d. h., die Wirbelsäule des Kindes verläuft nahezu parallel zur Wirbelsäule der Mutter. Zu dieser Form gehören die Schädel- und die Beckenendlage. Sehr selten sind Querlage und Schräglage. Zu diesen Anomalien kommt es eher bei einer Mehrgebärenden, bei der die geschwächten Bauchmuskeln das Kind nicht in der richtigen Position halten können.

Wie kommt das Kind in die Schädellage?

In den meisten Fällen dreht sich der Fetus von selbst in die Schädellage. Bei Erstgebärenden geschieht dies etwa in der 32., bei Mehrgebärenden in der 34. Woche. Die ideale Lage für eine natürliche, normal verlaufende Geburt ist ein nach unten zeigender Kopf, ein gegen die Brust gedrücktes Kinn und ein gegen die mütterliche Bauchdecke gepresster Rücken des Kindes. In dieser Lage muss der Fetus bei der Drehung im Geburtskanal eine geringere Entfernung zurücklegen und der schmalste Teil des Kopfes tritt als erster in den Geburtskanal ein. Diese Lage wird als vordere Hinterhauptslage bezeichnet.

Etwas weniger häufig ist die hintere Hinterhauptslage, wobei der Kopf zwar auch nach unten, der Rücken des Kindes jedoch in Richtung mütterlicher Wirbelsäule zeigt. Der Fetus kann sich so nicht vollständig beugen. Diese Lage kann zu einem verlängerten zweiten Geburtsstadium führen, da das Kind bei der Drehung eine weitere Entfernung im Geburtskanal zurückzulegen hat.

Welche Maßnahme erfordert eine Beckenendlage?

Befindet sich der Fetus in der 37. Woche noch in der Beckenendlage – hier zeigt nicht der Schädel, sondern das Gesäß des Kindes nach unten –, so wird der Geburtshelfer, besonders bei einer Erstgebärenden, wohl eine Entbindung durch Kaiserschnitt vorschlagen. Der Kopf, normalerweise der bei der Geburt führende Körperteil, ist der größte Körperteil des Fetus. Sind Hüften und Körper geboren, der Kopf jedoch nicht, kann es beim Kind durch Abdrücken der Nabelschnur und Sauerstoffmangel im Gehirn zu einer Hirnschädigung kommen.

Was geschieht bei der Schwangeren im dritten Trimenon?

Die Spätschwangerschaft ist meistens körperlich sehr anstrengend. Die Gewichtszunahme bis zur Geburt beträgt 11 bis 13 Kilogramm. Die Hyperpigmentierungen der Haut sind in diesem Stadium meist besonders auffällig. Der Fetus nimmt nun praktisch den ganzen vorhandenen Raum in der Gebärmutter ein und drückt dabei auf andere Organe. Der bloße Umfang der Gebärmutter macht es für die Schwangere schwer, eine bequeme Position einzunehmen.

Welche Veränderungen zeigt die Haut?

Die Pigmentveränderungen sind jetzt besonders sichtbar. Die Linea fusca, die sich vom Nabel nach unten zieht, markiert die Teilung der Bauchmuskeln, die nun gedehnt werden, um der wachsenden Gebärmutter Platz zu bieten. Die Hyperpigmentierung bildet sich nach der Geburt zurück, obwohl dies bei Frauen mit dunkler Hautfarbe einige Wochen bis Monate dauern kann.

Welche Größe erreicht die Gebärmutter?

Die Gebärmutter dehnt sich weiter in die Bauchhöhle aus, bis der Gebärmutterfundus das untere Ende des Brustbeins erreicht hat. Dies ist etwa in der 36. Woche der Fall. Die Gebärmutter nimmt nun fast die gesamte Bauchhöhle ein. Die komprimierten Bauchorgane drücken auf das Zwerchfell, die kräftige Muskelplatte, die die Bauchhöhle gegen den Brustkorb abschließt. Dies wiederum führt dazu, dass sich der Abstand zwischen den Rippen weitet und der Brustkorb sich ausdehnen kann. Etwa ab der 36. Woche drückt die Gebärmutter auf die hinter ihr verlaufenden großen Blutgefäße. Die Blutzufuhr zum Herzen wird so besonders im Liegen verlangsamt.

Wenn sich der Kopf des Fetus in Vorbereitung auf die Geburt in der 36. bis 40. Woche in das kleine Becken begibt, senkt sich auch der Fundus der Gebärmutter bis etwa zwei Finger breit unterhalb des Rippenbogens ab.

Die äußere Wendung

Es ist einfacher und sicherer für die Mutter, ein Kind in Schädellage zu gebären. Die Hebamme oder die Ärztin, die die Schwangere betreuen, überprüfen die Lage des Kindes in regelmäßigen Abständen. Hat sich der Fetus bis zur 36. Woche noch nicht gedreht, wird manchmal versucht, von außen das Kind in die normale Schädellage zu drehen. Bei dieser so genannten äußeren Wendung besteht ein kleines Risiko, dass es zu Plazentablutungen kommt. Diese Maßnahme darf daher nur durch eine in dieser Technik erfahrene Person durchgeführt werden.

Ab der 32. Woche wird bei jedem Besuch in der gynäkologischen Praxis überprüft, ob das Kind schon eine für die Geburt günstige Lage eingenommen hat. Wenn dies bis zur Geburt nicht geschieht, ist eine Entbindung durch Kaiserschnitt notwendig.

Treten im dritten Trimenon schon Geburtswehen auf?

Normalerweise nicht. Aber die Schwangerschaftswehen werden deutlicher. Drückt die Schwangere mit der Hand gegen den Bauch, spürt sie, wie die Muskeln sich anspannen und hart werden. Diese Kontraktionen unterscheiden sich von den eigentlichen Geburtswehen dadurch, dass sie zwar gelegentlich unangenehm, niemals aber schmerzhaft sind und sich weder verstärken noch verlängern. Während die Schwangerschaftswehen nicht mit Blutverlust verbunden sind, sind die richtigen Wehen oft von etwas blutigem Schleim begleitet. Dieser Schleim stammt aus dem Schleimpfropf im Gebärmutterhals (Zervix), der die Gebärmutter während der Schwangerschaft nach unten abschließt.

Wie bereiten sich die Brüste auf das Stillen vor?

Die Brüste sind jetzt sehr voll und müssen von einem geeigneten Büstenhalter gestützt werden. Die knötchenförmigen Erhebungen auf den Warzenhöfen produzieren ein Feuchtigkeit spendendes Talggemisch, das die Brustwarzen geschmeidig hält.

Welche Beschwerden belasten die Schwangere?

Die meisten Schwangerschaftsbeschwerden und gesundheitlichen Störungen im letzten Trimenon entstehen dadurch, dass die wachsende Gebärmutter auf andere Organe drückt.

Rückenschmerzen: Der in der Schwangerschaft erhöhte Progesteronspiegel führt dazu, dass die Straffheit der Bänder allgemein nachlässt. Es kommt daher zu Rückenschmerzen, die besonders im letzten Schwangerschaftsdrittel größere Beschwerden verursachen können. Sie haben ihren Ursprung in den Veränderungen im Bereich des Beckengürtels. Der oft starke Schmerz verläuft vom oberen Gesäßbereich über das ganze Gesäß nach unten. Jede Beckenbewegung und sogar eine Drehung im Bett kann den Schmerz verstärken. Bei diesem Problem kann eine feste Matratze etwas Erleichterung verschaffen.

Kurzatmigkeit: Dieses Problem tritt etwa in der 30. Woche wieder verstärkt auf, da die wachsende Gebärmutter auf das Zwerchfell drückt. Kurzatmigkeit wird oft als besonders schlimm empfunden, wenn man auf dem Rücken liegt. Meist hilft es, so aufrecht wie möglich zu sitzen und zu stehen oder im Bett den Oberkörper mit ein paar Kissen abzustützen. Hat sich zum Ende der Schwangerschaft hin der Kopf des Kindes erst einmal in das kleine Becken abgesenkt, geht es der Mutter meist wieder besser.

Sodbrennen: Das unangenehm brennende Gefühl in der Speiseröhre entsteht dadurch, dass die durch die Schwangerschaft bedingten Änderungen im Bauch zum Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre führen. Der Verzicht auf stark gewürzte und fettige Nahrungsmittel kann zu einer Besserung führen. Außerdem empfiehlt es sich, kleinere und häufigere Mahlzeiten zu sich zu nehmen.

Harndrang: Mit dem Absenken des Kopfes lässt der Druck auf die Lungen nach. Durch die neue Lage entsteht jetzt jedoch ein Druck auf die Harnblase, so dass es ab der 36. Woche wieder zu häufigem Harndrang kommt. Bei vielen Schwangeren kommt es auch zu Stressinkontinenz, d. h., beim Husten, Niesen, Lachen oder bei körperlichen Anstrengungen kann es zum Abgang von geringen Mengen von Urin kommen. Dies wird einerseits durch die vergrößerte Gebärmutter verursacht, die auf die Blase drückt, und andererseits durch die geschwächten Beckenbodenmuskeln. Es ist immens wichtig, dass die Schwangere diese Muskeln regelmäßig trainiert.

Stuhlentleerungsstörungen: Der verminderte Muskeltonus auch des Darms und seine Verdrängung innerhalb des eng gewordenen Bauchraums kann zu Verstopfung, d. h. hartem Stuhl bei selteneren Entleerungen führen. Um daraus resultierende Beschwerden und stärkeres und längeres Pressen bei der Entleerung zu vermeiden, sollte die Schwangere für eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung, genügende Trinkmenge und ausreichende Bewegung sorgen.

Was ist Ursache der zunehmenden Erschöpfung?

Sie ist meist eine Folge von Schlafmangel, da der Umfang der Gebärmutter, das Gewicht und die heftigen Kindsbewegungen die Mutter oft am Ein- oder Durchschlafen hindern. Auch mütterliche Befürchtungen im Hinblick auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Kindes und Ängste vor der Geburt selbst können Schlaflosigkeit verursachen. Die Mutter sollte sich nun viel Zeit für sich nehmen, möglichst früh zu Bett gehen oder den verlorenen Schlaf tagsüber nachholen.

Was bezeichnet man als …

Schwangerschaftsdiabetes? Dies ist ein »Diabetes mellitus, der erstmals während der Schwangerschaft auftritt«. Schwangerschaftsbedingte Stoffwechselbelastungen begünstigen bei entsprechender Veranlagung den Ausbruch einer Zuckerkrankheit. Die Erkrankung muss besonders sorgfältig überwacht und behandelt werden, um eine Gefährdung der Mutter und Entwicklungsstörungen des Kindes zu vermeiden.

Schwangerschaftsbluthochdruck? Ein zu »hoher Blutdruck in der Spätschwangerschaft« führt zur Mangeldurchblutung der Plazenta und birgt die Gefahr, dass das Kind nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Der Bluthochdruck muss daher dringend medizinisch behandelt werden.

Abort? Von einer »Fehlgeburt« spricht man bei einem Ende der Schwangerschaft vor der 29. Woche. Meist ist eine Schädigung oder Erkrankung des Ungeborenen die Ursache.

Partus praematurus? Bei einer »Frühgeburt« kommt das Kind bereits vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt. Dies tritt häufig bei Frauen auf, die stark rauchen oder sehr stressbelastet sind.

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