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Schwämme: Zarte Gebilde

Sind Schwämme Lebewesen?

Ja, Schwämme zählen zu den Tieren. Dass sie für uns Menschen eher eine unbekannte Größe sind, ist kein Wunder, denn die Mehrzahl der rund 5000 Schwammarten lebt im Meer, nur etwa 100 sind im Süßwasser zu Hause. Die Schönheit der weiß, grau oder grün bis gelb, pink und orangerot gefärbten Tiere und ihre Formenvielfalt erschließen sich höchstens Tauchern.

Schwämme besitzen weder Organe noch Muskeln noch ein Nervensystem. Bis ins 19. Jahrhundert hinein hielt man sie sogar für Pflanzen. Im Grunde genommen besteht ein Schwamm aus nur zwei Schichten: einer äußeren, die von zahlreichen Poren durchbrochen ist (ihr lateinischer Name Porifera bedeutet wörtlich »Porenträger«), und einer inneren aus begeißelten Zellen, welche die Nährstoffe aus dem Wasser filtern. Dazwischen liegt eine gallertige Grundsubstanz. Die Zellen bilden allerdings keinen festen Gewebsverbund, sondern können sich – wie auch Amöben – selbständig bewegen. Löst man einen Schwamm in seine Einzelzellen auf – etwa, indem man ihn durch ein Sieb streicht – kann er sich anschließend wieder neu organisieren. Auf die Art der Gerüstsubstanzen beziehen sich die Gruppenbezeichnungen Kalkschwämme (Klasse Calcarea) bzw. Glasschwämme (Klasse Hexactinellida). Die Hornschwämme (Dictyoceratida), zu denen auch der Badeschwamm (Spongia officinalis) gehört, werden den Gemeinschwämmen (Klasse Demospongiae) zugerechnet.

Wie sind Schwämme aufgebaut?

Bei Schwämmen findet sich nur eine Grundform, allerdings in mannigfacher Ausgestaltung: eine hohle, bauchige Struktur, die an eine Vase erinnert. Sie kann zum Becher geweitet oder bis zur Kugel gestaucht sein, gebogene oder gerade Röhren bilden. Immer ist sie jedoch nach oben offen. Der Aufbau der »Gefäßwand« aus einer Lage festerer Zellen als »Außenhaut« und einer Lage begeißelter Zellen zur Nahrungsbeschaffung ist bei allen Schwämmen gleich, aber die Zwischenschicht ist unterschiedlich gestaltet. Die einfachsten Organisationstypen findet man nur unter den Kalkschwämmen (Klasse Calcarea): Beim sog. Ascon-Typ ist die Innenseite des »Gefäßes« mehr oder weniger glatt, die Poren verbinden Außenwelt und Innenraum wie Stichkanäle. Beim Sycon-Typ ist die innere Oberfläche durch U-förmige Vertiefungen vergrößert, in welche die Poren münden. Eine weitere Oberflächenvergrößerung mit vielen Verästelungen und Höhlungen führt zum Leucon-Typ, dem alle Glas- und Gemeinschwämme angehören. Die Geißelzellen in den Gruben und Höhlungen erzeugen mit ihrer Aktivität einen Wasserstrom, der von außen durch die Poren in den Innenraum zieht und von dort durch die Öffnung oben wieder nach draußen. Dabei werden im Wasser vorhandene Nahrungspartikel ausgefiltert und von den Geißelzellen aufgenommen.

Wie vermehren sich Schwämme?

Schwämme haben die freie Auswahl: Sie können sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich fortpflanzen. Im ersten Fall entwickeln sich einige Zellen zu Spermien, andere zu Eizellen. Die meisten Schwämme sind zunächst männlich und werden danach weiblich. Die Spermien werden ins Wasser entlassen, von einem anderen Schwamm eingespült und zu den in der Zwischenschicht des Leibesgefäßes liegenden Eizellen geschafft. Aus den befruchteten Eiern entwickeln sich bewimperte Larven, die das Muttertier über die Körperöffnungen verlassen und sich schon bald irgendwo festsetzen, um zu einem neuen Schwamm heranzuwachsen.

Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung entstehen am Muttertier Knospen, die entweder dort verbleiben oder abfallen und vom Wasser weggetragen werden. Süßwasserschwämme müssen manchmal Trockenphasen überbrücken. Auch sie bilden Winterknospen aus, ein »Konzentrat« von Zellen, das in eine mit Skelettnadeln gepanzerte feste Hülle eingebettet ist. Bessern sich die äußeren Verhältnisse, verlassen die Zellen die Knospe und beginnen, einen neuen Schwamm aufzubauen.

Ist jeder Schwamm ein Badeschwamm?

Nein. Nur Schwämme aus der Familie Spongidae sind weich und schmiegsam, da sie kein Skelett aus Kieselsäure- oder Kalknadeln besitzen, sondern eines aus Sponginfasern. Was als Naturbadeschwamm in den Handel kommt, ist dieses Sponginskelett. Um es freizulegen, entfernt man die äußere Haut und spült in mehreren Arbeitsgängen das Schwammskelett durch. Es wird danach getrocknet, gebleicht und in marktfähige Stücke geschnitten. Erst dann besitzt es seine charakteristische gelbbraune Farbe, denn lebende Schwämme sind dunkelbraun bis schwarz. Kommerziell genutzt werden vor allem der Dalmatiner Schwamm, der Feine Levantiner und das Elefantenohr.

Wussten Sie, dass …

Schwämme nicht die einzigen sessilen, also auf einer Unterlage fest verwachsenen Tiere sind? Beispielsweise haben auch Seelilien, Seeanemonen und Manteltiere eine solcherart bodenständige Lebensweise.

die Manteltiere zur entfernten Verwandtschaft der Wirbeltiere zählen? Ihre frei schwimmenden Larven besitzen eine Chorda, eine Vorform unserer Wirbelsäule.

die größten Schwämme über drei Meter groß werden, die kleinsten dagegen nur wenige Millimeter?

der Name der Comicfigur »Spongebob« auf den wissenschaftlichen Namen der Badeschwämme, Spongidae, zurückgeht?

Wie viel Feuchtigkeit nimmt ein Schwamm auf?

Bis zum 30-fachen seines eigenen Gewichts. Das gelingt den Schwämmen, weil sie eine riesige innere Oberfläche besitzen: 25 bis 30 Quadratmeter sind bei einem Badeschwamm von wenigen Gramm Gewicht keine Seltenheit.

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