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Drei Hürden bremsen den Lernerfolg

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Zum 16. Mal findet vom 25. bis 29. März die internationale Bildungsmesse didacta statt. Rund 900 Aussteller informieren in Stuttgart über aktuelle Trends und Entwicklungen rund um das Thema Lernen. Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft kommen auch dieses Jahr wieder zusammen, um Wege für die Bildung der Zukunft zu finden und sich auszutauschen. Eine Frage taucht dabei immer wieder auf: Wie kann Schülern das Lernen erleichtert werden – und welche Hürden gibt es dabei?

Um mehr über potenzielle Lernhürden herauszufinden, hat das Forschungszentrum der Royal Society in London im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland eine Studie erstellt. Die Forscher durchkämmten dafür den aktuellen Stand der Fachliteratur, führten Gespräche mit Experten aus der Wissenschaft und werteten repräsentative Umfragen unter Lehrern, Schülern und Eltern aus. Demnach sind es drei große Hürden, die den Schülern den Weg zu Lernerfolgen erschweren können: Ein negatives Selbstbild, eingefahrene Denkmuster und ein ungünstiges Lern-Umfeld, so die Erkenntnis aus der Studie. Doch wie entstehen diese Hürden und wie können wir sie abbauen?

Das Selbstbild: Anstrengung mehr als Klugheit loben

"Ich verstehe das nicht. Dafür bin ich zu dumm." Diesen Satz sollte ein Kind niemals aussprechen oder auch nur denken müssen. Denn das würde zeigen, dass das Kind davon überzeugt ist, dass seine geistigen Fähigkeiten festgefügt und unabänderlich sind. Was bringt es da schon, sich anzustrengen? Dabei kann die geistige Leistung trainiert werden - ähnlich wie beim Sport auch. Wenn sich die Schüler dessen bewusst sind, dann können sie besser mit Rückschlägen umgehen. Denn sie wissen ja: "Wenn ich fleißig trainiere, dann werde ich auch Erfolge erzielen."

Einigen Kindern fällt das Lernen leichter, weil sie schneller verstehen und sich besser konzentrieren können. Aber darauf darf es nicht in erster Linie ankommen. Lehrer sollten weniger die erzielte Leistung oder gar die Klugheit eines Kindes loben, sondern vielmehr, welche Anstrengungen ein Kind aufbringt, wie sehr es sich bemüht und wie fleißig es lernt. Auch die Erwartungshaltung der Eltern spielt hierbei eine wichtige Rolle: Sie sollten von ihren Kindern schon erwarten, dass sie sich Mühe geben, nicht aber, dass sie ein zweiter Einstein werden.

Eingefahrene Denkmuster: Unser Denken neigt zu Verzerrungen

Lernumfeld
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Eine zweite Hürde: Wir glauben, dass wir in der Regel wohlüberlegt und unvoreingenommen urteilen, doch die Verhaltensforschung zeigt, dass unser Denken zu Verzerrungen neigt. Sind wir beispielsweise einmal von etwas überzeugt, so suchen wir gezielt nach Informationen, die dies stützen. Gegenteiliges blenden wir dann gerne aus. Außerdem neigen wir dazu, Informationen, die wir zuerst erhalten haben, überzubewerten und es fällt uns schwer, Gegenargumente zuzulassen.

Für die Anwendung in der Schule bedeutet das: Lehrer sollten regelmäßig mit den Schülern gemeinsam ihre Denkmuster reflektieren. Vor allem, wenn die Schüler in dem Unterricht Gegenargumente berücksichtigen, so sollte dies Anerkennung und Lob finden. Doch Lehrer neigen ebenfalls zu diesen "verzerrten Denkmustern". So kann es passieren, dass sie die Leistungen ihrer Schüler und die Schüler selbst in "Schubladen" packen. Um zu verhindern, dass sie in ihrer Einschätzung eines Schülers diesen "abstempeln", sollten sie daher auch ihre eigene Sicht- und Denkweise regelmäßig auf den Prüfstand stellen und hinterfragen.

Ein menschliches Denkmuster haben die Wissenschaftler in der Studie aufgespürt, dass sich besonders gut eignet, Schüler zu besseren Leistungen anzuregen: Der Verlust einer Sache schmerzt uns mehr als der Gewinn derselben Sache uns erfreuen kann. Die Wissenschaft bezeichnet dies als Verlust-Aversion. In ersten Tests wurde dies auch schon im Schulwesen erprobt: Schüler bekamen vor einem Test eine Belohnung, die sie aber nur bei guter Prüfungsleistung behalten durften. Der Test fiel bei diesen Schülern deutlich besser aus, als bei anderen Schülern, denen die Belohnung für gute Prüfungsleistung erst in Aussicht gestellt wurde.

Für ein angenehmes Umfeld sorgen

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Das Wohlbefinden der Schüler in der Klasse spielt eine wichtige Rolle bei ihrer Leistungsfähigkeit, das ist klar. Stimmt das Umfeld nicht, kann dies zur dritten Lernhürde werden. Doch was können wir tun, damit sich die Schüler wohl fühlen? Bäume und Grünflächen auf dem Schulgelände, Zimmerpflanzen in den Schulklassen. Solche Äußerlichkeiten können bereits dafür sorgen, dass sich die Schüler besser konzentrieren und effektiver lernen können.

Zudem sollte es sauber in den Schulen sein. 'Das ist doch selbstverständlich', sollte man meinen, ist es aber nicht: Die aktuelle Situation in Berlin zeigt beispielsweise, dass der Zustand in vielen Schulen sogar als unhygienisch bezeichnet werden muss. Dies erweckt den Anschein von Armut und Verwahrlosung, erhöht das Aggressionspotential der Schüler und drückt ihre Noten, wie die Studie belegt.

Auch selbst kleine positive Reize können schon eine große Wirkung erzielen: Streut der Lehrer etwa Begriffe ein, die die Schüler mit Intelligenz assoziieren, dann steigert sich ihre Leistung. In einem anderen Ansatz schreiben die Schüler zu Beginn eines Tests eine Eins oben auf ihren Prüfungsbogen. Sie fühlen sich dann wohl, bei dem Gedanken an die gute Note und erreichen in dem Test ein besseres Ergebnis.

Lehrer sind zum Dialog aufgerufen

"Lehrer leisten jeden Tag Schwerstarbeit, besonders um Schüler aus benachteiligten Verhältnissen zu fördern", so Mark Speich von der Vodafone Stiftung. "Und wir wollen sie dabei unterstützen." Hierfür wurde das Internetforum www.lehrerdialog.net eingerichtet. Dort sind die Ergebnisse der Studie dargestellt und gleich wertvolle Praxis-Tipps mitgeliefert. Zudem können sich Lehrer aus ganz Deutschland dort gegenseitig weitere Tipps zur Schüler-Motivation geben und sich über ihre Erfahrungen austauschen.

(25.03.2014)

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