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E-Mail vom Chef – wenn der Feierabend keiner ist

Endlich Feierabend – oder doch nicht? Dank Smartphone und Tablet sind wir heute ständig erreichbar. Für Chef und Kollegen, aber auch für uns selbst ist die Versuchung daher groß, doch noch "mal eben schnell" etwas Berufliches einzuschieben, ein paar E-Mails zu beantworten oder telefonisch etwas zu klären. Wie häufig das tatsächlich vorkommt, haben deutsche Forscher untersucht – mit teilweise erschreckenden Ergebnissen.
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Immer auf Abruf

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Eine deutliche Trennung von Beruf und Privatleben sind für unsere Erholung enorm wichtig. Denn nur wer richtig abschalten kann, erholt sich auch und sammelt neue Kraft und frischen Elan für die nächsten Aufgaben. Doch in jüngster Zeit  beginnt diese Trennung mehr und mehr aufzuweichen. Weil wir dank Handy und Internet immer und überall verfügbar und online sind, dringen Störungen durch Berufliches mehr und mehr auch in die Freizeit ein.

Tagebuch der Störungen

Wie groß diese Störungen sind, haben nun Forscher der Universität Kassel in einer sogenannten Tagebuch-Studie untersucht. Sandra Ohly und ihre Kollegen baten dafür 138 Personen aus verschiedenen Unternehmen darum, eine Woche lang morgens, nach der Arbeit und am Abend aufzuschreiben, wie sie Internet und Mobilfunk für berufliche Zwecke nutzten. Außerdem sollten sie Angaben über ihr Wohlbefinden machen.

Nur jeder Zehnte hat einen ungestörten Feierabend

Das Ergebnis war fast schon erschreckend: Nur zehn Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, den Feierabend nie für Berufliches zu unterbrechen, weitere 21 Prozent gaben an, dies zumindest nur selten zu tun. Für fast 40 Prozent der Personen war der Griff nach dem Smartphone oder Rechner für dienstliche Zwecke dagegen längst Alltag: Sie tun dies häufig oder sogar immer. Immerhin fast eine halbe Stunde ihres Feierabends opfern diese Menschen täglich dafür, berufliche Mails zu bearbeiten oder berufliche Anrufe entgegen zu nehmen.

Die große Frage ist dabei: Schade diese Störungen denn nun tatsächlich? Oder macht das nicht viel aus? Auch dazu haben die Forscher einiges herausgefunden. Nach ihrer Haltung dazu gefragt, hatten die meisten Studienteilnehmer keine Probleme damit, auch nach Arbeitsschluss gestört zu werden.  Viele empfanden es grundsätzlich als positiv, abends in dringenden Fällen erreichbar zu sein. Allerdings: Nach Feierabend dienstliche E-Mails beantworten zu müssen, fanden die meisten dann doch eher lästig.

Gestörte Erholung

Wie aber wirken sich die Störungen auf die Erholung aus? In diesem Zusammenhang stellten die Forscher einen interessanten Befund fest: Selbst die Menschen, die es eigentlich als positiv empfanden, erreichbar zu sein, notierten am Morgen danach häufig eine schlechtere Stimmung, weniger Vitalität und stellten tendenziell eine schlechtere Schlafqualität fest. „Dies legt nahe: Auch eine möglicherweise als positiv empfundene Erreichbarkeit am Feierabend stellt eine Belastung dar, die der Erholung entgegenwirkt“, sagt Antje Schmitt von der Universität Kassel.

Wer sich richtig erholen will und fit in den nächsten Tag oder die Woche gehen möchte, der sollte versuchen, die Trennung von Freizeit und Beruf ernst zu nehmen. Vielleicht müssen Chef und Kollegen nur mal vorsichtig darauf hingewiesen werden, dass das eher kontraproduktiv ist? Ohly und ihre Kollegen arbeiten bereits an einer weiteren Lösung: einem Filter für Smartphones, der auf Wunsch gezielt Berufliches blockiert – quasi einen Feierabend-Modus. Auf diese Weise bleibt man zwar privat erreichbar, kann aber dennoch ungestört die freie Zeit genießen.

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