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Fußball-WM

Beim Endspiel der Fußball-WM werden wieder Menschen rund um die Welt mitfiebern. Ist das Spiel dann entschieden, werden Fans des Siegers jubeln, die des Verlierers trauern. Warum aber ist der Jubel oder die Trauer so ansteckend? Und warum können Fußball-Erfahrene oft schon beim Ballwechsel erkennen, was der Spieler vorhat? Hinter diesen Phänomenen steckt ein kleiner Zellhaufen in unserem Gehirn – die Spiegelneuronen.
NPO / Medizinische Universität Wien

Jubelnde Fußball-Fans
MedUni Wien

Gefühle sind ansteckend, ob im Kontakt mit einem andern Menschen oder sogar in Kino: Wenn wir  jemanden lächeln sehen, dann lächeln wir unwillkürlich mit. Wenn jemand weint, werden wir oft selber traurig oder beginnen sogar mitzuweinen. Aber dieser Ansteckungseffekt kommt auch beim Fußball zum Tragen: Wenn Fans in kollektiven Jubel ausbrechen oder nach verlorenem Endspiel trauern, dann hat dies mit einem bestimmten Areal in ihrem Gehirn.

Spiegel der Gefühle

Denn spezielle Zellen in unserem Denkorgan sind geradezu darauf spezialisiert, die Gefühle und das Verhalten anderer zu registrieren und unser Verhalten damit abzugleichen. Deshalb spielen diese sogenannten Spiegelneuronen auch für die Empathie, die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen, eine wichtige Rolle. Sie sind es aber auch, die Fußball-Fans der siegreichen Mannschaft beim Endspiel jubeln lassen, die Fans der Unterlegenen aber trauern.

Die Absichten des anderen

Aber nicht nur das: Hirnforscher haben festgestellt, dass die Spiegelneuronen bei Fußball-Zuschauern auch einen weiteren Effekt bewirken: Fans, die selbst viel Fußball spielen oder gespielt haben und deshalb wissen, wie das Spiel funktioniert, können ein Spiel besser ‚lesen‘. „Studien haben gezeigt, dass diese Fußball-Experten während des Spiels die Aktionen besser vorhersagen können", erklärt Ornella Valenti vom Zentrum für Hirnforschung der Medizinischen Universität Wien.

Neuronenfeuer beim Fußball-Gucken

Experimente zeigen, dass auch hier Spiegelneuronen mit im Spiel sind – im wahrsten Sinne des Wortes: Bei Versuchspersonen, die die noch nie oder selten ein Fußballmatch gesehen und selbst nicht gespielt hatten, feuern die Spiegelneuronen nicht oder kaum. Kennt sich jemand dagegen mit dem Spiel aus, sind auch seine Spiegelneuronen sehr aktiv, wenn er einer Fußball-Partie zuschaut. Und ihre Aktivität wiederum hilft offenbar dabei, die Absichten der Spieler und Mannschaften intuitiv zu erfassen. "Dies passiert und umso mehr, je besser uns diese Absichten oder Handlungen aus eigener Erfahrung bekannt sind“, sagt Valenti.

Hilfe auch beim Torschuss-Lernen

Dieser Effekt ist kein Wunder: Denn Spiegelneuronen sind im menschlichen Gehirn vor allem in den Arealen verbreitet, die unsere Handlungen planen oder initiieren. Sie haben die Aufgabe, komplexere Bewegungsabläufe zu planen und notwendige Einzelschritte zu koordinieren. Deshalb kommen die Spiegelneuronen auch dann ins Spiel, wenn es darum geht, neue Bewegungsabläufe zu lernen – beispielsweise beim Fußballspielen.

Wenn wir am Sonntagabend beim Endspiel der Fußball-WM mitfiebern, dann ist eines klar: Höchstwahrscheinlich laufen nicht nur die Spieler, sondern auch unsere Spiegelneuronen zur Hochform auf.

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