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Keinen blauen Dunst, was "blaumachen" bedeutet?

So etwas ärgert den Chef. Wenn ein Angestellter nicht zum Dienst erscheint, weil er den Rausch vom Vorabend auskurieren muss oder einfach keine Lust hat. Und wenn er sein Ausbleiben dann noch mit einer guten Ausrede entschuldigt.

Warum aber macht der zu Hause bleibende Arbeitnehmer blau und nicht etwa rot oder grün? Weil er sich da auf eine alte Tradition berufen kann. Sie geht mit einiger Sicherheit auf den mittelalterlichen blauen Montag zurück: den Montag vor der Fastenzeit, an dem Blau die liturgische Farbe der katholischen Kirche war und die Handwerksgesellen nicht arbeiten mussten. Der im 18. Jahrhundert aufgekommene Brauch eines häufigen freien Montags, an dem der Sonntagsrausch ausgeschlafen wurde, führte dann zur Bedeutungswandlung. So schreibt die westfälische Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, die bei historischen Details gewissenhaft war, in ihrer 1842 erschienenen Erzählung "Die Judenbuche": »Man sah mehr Betrunkene, hörte von mehr Schlägereien und dummen Streichen, als je. Überall gabs Lustbarkeiten, der blaue Montag kam in Aufnahme« - die Szene spielt 1760.

Doch noch ein anderer alter Aspekt spielt beim Blaumachen eine Rolle. Bis ins ausgehende Mittelalter galt Blau nämlich als die Farbe der Verstellung, der Lüge und Täuschung. Man kann dies gut auf dem Bild »Die niederländischen Sprichwörter« von 1559 ablesen, das in der Berliner Gemäldegalerie hängt. Dort zeigt Pieter Breugel d. Ä. eine junge Frau, die ihrem ältlichen Mann nach einer holländischen Redensart »den blauen Mantel umhängt« (mit weiter Kapuze, so dass er kaum etwas sehen kann), die ihn also mit einem Liebhaber betrügt. Diese Bedeutung findet sich noch in jüngeren Redensarten wie »Er lügt uns das Blaue vom Himmel herunter« oder "Er will mir einen blauen Dunst vormachen".

Wer blau macht, nimmt sich also nicht nur frei, um zu fasten bzw. nüchtern zu werden, sondern führt auch den Arbeitgeber hinters Licht. Ganz durchtriebene »Blaumacher« lassen sich deshalb vom Hausarzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinung ausstellen. Dieser Schein ist gelb - da fällts nicht so auf.

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