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Leben auf dem Wasser: das Selbstversorger-Hausboot

Ein Leben abseits von Autolärm und Abgasen – und das mitten in der Stadt. Das klingt fast unmöglich und erst recht unbezahlbar, aber ein Hausboot macht es möglich. In den Metropolen wie Berlin und Amsterdam oder auf dem Land entdecken immer mehr Menschen diese alternative Art des Wohnens für sich. Und längst sind diese schwimmenden Häuser alles andere als beengt oder unmodern.
NPO / Fraunhofer-Gesellschaft, 24.02.2016

Die Niederländer haben es vorgemacht: In Amsterdam gibt es schon lange ganze Siedlungen von Domizilen, die teilweise kaum mehr an das klassische Boot erinnern. Die schwimmenden Plattformen sind großzügig bemessen und haben moderne Designs. Große Fenster zum Wasser hin und eine geräumige Dachterrasse machen das Wohnen auf dem Wasser vor allem im Sommer zu einer Art Urlaub im Alltag.

Typische schwimmende Häuser in einer Amsterdamer Gracht.

Robert Lerich/ thinkstock.com

Allerdings: In den Städten sind die Liegeplätze für solche Hausboote sehr begrenzt. Dort hat man zwar die nötige Infrastruktur, wie Stromanschlüsse und sogar eine Verbindung zur Wasserversorgung, dafür die Chance, einen bezahlbaren Platz zu ergattern ist eher gering. Viele würden deshalb gerne weiter hinaus aufs Land ausweichen – dort gibt es schließlich genügend Flüsse und Seen, die sich für ein schwimmendes Haus eignen würden.

Autark bei Wasser, Strom und Wärme

Bisher aber ist dies nur schwer möglich, denn dafür bräuchte man ein schwimmendes Haus, das nicht nur elegant aussieht, sondern sich selbst mit Wasser, Strom und Wärme versorgt. "Solche energieautarken schwimmenden Häuser gibt es noch nicht", sagt Matthias Klingner vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Dresden. Er und seine Kollegen sind gerade dabei, in einem Gemeinschaftsprojekt ein solches autarkes Haus zu entwickeln. Bis 2017 wollen die Forscher und Techniker auf dem Geierswalder See nordwestlich von Hoyerswerda ein solches Haus bauen

Das Lausitzer Seenland bietet sich hierfür an, denn es ist mit 23 Seen und einer Fläche von 13.000 Hektar das größte künstliche Seengebiet Europas. Das Lebensgefühl auf dem Wasser soll der Landschaft im ehemaligen Braunkohlen-Tagebau in den kommenden Jahren zu mehr Anziehungskraft und wirtschaftlichem Erfolg verhelfen. Bisher aber sind viele Seen in der Lausitz von Infrastrukturen wie Wasser- und Energieversorgung abgeschnitten. "Für dieses Umfeld wollen wir eine Lösung finden", sagt Klingner.

Gebäudeentwurf eines schwimmenden Hauses, das sich selbst mit Wärme und Wasser versorgt.

Fraunhofer IVI

Solarzellen und Akkus in der Hauswand

Einen Entwurf gibt es schon – und der ist alles andere als mickrig: Das Haus auf dem 13 mal 13 Meter großen Stahlponton erstreckt sich über zwei Ebenen: Das Erdgeschoss umfasst 75 Quadratmeter Wohnfläche, das Obergeschoss weitere 34 Quadratmeter. Auf der 15 Quadratmeter großen Terrasse überblickt man den gesamten See. Für angenehme Temperaturen im Sommer sorgt eine begrünte  Seitenfläche des Hauses: Die in diesem Minigewächshaus entstehende Verdunstungskälte kühlt die Gebäudehülle.

Das Haus verbindet dabei moderne Architektur und Bautechnik mit hoch effizienter Anlagen- und Gebäudeausstattung. So werden beispielsweise Solarzellen direkt mit in die Gebäudehülle integriert. Die tagsüber erzeugte Energie wird dann in leistungsfähigen Lithium-Polymer-Akkumulatoren gespeichert. Um Platz zu sparen, werden auch diese Batteriesysteme in das Haus selbst integriert: Sie sind in den Textilbetonwände oder Treppenelementen eingebaut – und damit quasi unsichtbar.

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