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Lernen im Schlaf – kann das funktionieren?

Es ist dunkel, alles schläft, nur ein leises Gemurmel unterbricht die Stille: Eine Tonbandstimme spricht mit beruhigender Stimme Vokabeln in das Ohr der Schlafenden. Und was sie uns nachts einflüstert, soll wie durch Zauberhand morgen früh in unserem Geist präsent sein – so jedenfalls versprechen es die Anbieter dubioser "Lernen im Schlaf"-Kurse. Aber funktioniert das überhaupt?
NPO

Können wir im Schlaf lernen?
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Schon seit Jahrzehnten geistert die Theorie von einem „Lernen im Schlaf“ durch Medien und Internet. Entsprechende Produkte finden noch immer reißenden Absatz. Kein Wunder, verspricht diese Methode doch das Nonplusultra aller geplagten Schüler und sonstigen Lernwilligen: Wissenszuwachs quasi von selbst. Glaubt man den Herstellern von CDs und Programmen zum Schlaf-Lernen, ist dies geradezu die Methode der Wahl: "Lernen im Schlaf ist eine Möglichkeit, die Kraft des Unbewussten zu nutzen, um fremde Sprachen zu lernen, sich auf Prüfungen vorzubereiten oder Fachwissen aufzunehmen", heißt es auf der Website eines Unternehmens.

Vokabeln, Musik und guter Rat

Die große Frage aber ist: Halten diese Angebote, was sie versprechen? Immer wieder haben Wissenschaftler in der Vergangenheit versucht, ein solches Lernen von Neuem im Schlaf nachzuweisen. Dafür spielten sie schlafenden Probanden Vokabeln, Musikstücke und andere akustische Informationen vor. Am nächsten Tag testeten sie, ob sich die Versuchspersonen an das im Schlaf Gehörte erinnern konnten. Andere Forscher prüften, inwieweit sich ihre Probanden Wörter oder Musikstücke besser merken konnten, wenn sie sie zuvor schon einmal im Schlaf gehört hatten. 

Dummerweise stellte sich aber ziemlich schnell heraus, dass dieser vermeintlich leichte Weg zu mehr Wissen nicht funktioniert - auch wenn Sprachschulen und dubiose Internetanbieter nach wie vor damit werben. Der Grund dafür: Unser Gehirn ist während des Schlafs relativ stark von der Außenwelt abgeschottet. Reize von außen - seien es Vokabeln oder Selbstbestätigungs-Parolen - dringen kaum noch zu ihm durch. Selbst wenn das Gehirn Neues lernen wollte, kann es das daher im Schlaf gar nicht – weil die Informationen größtenteils gar nicht zu ihm durchdringen.

Duft als nächtliche Lernhilfe?

Eine Ausnahme scheint es dabei aber zu geben: Düfte. Denn sie werden vom Gehirn auf eine besondere Art und Weise verarbeitet und scheinen selbst im Schlaf zu ihn durchzudringen. Was das für das Lernen im Schlaf bedeutet, haben Forscher mit einem Musiktest überprüft. Sie spielten ihren schlafenden Versuchspersonen Töne vor und ließen sie gleichzeitig verschiedene angenehme und unangenehme Düfte über eine Atemmaske einatmen. Jeder Ton war dabei mit einer bestimmten Duftnote verknüpft.

Aber drang das Ganze auch zu den Probanden durch? Wie sich zeigte, war das der Fall: Rochen sie einen unangenehmen Duft, atmeten die Schlafenden unwillkürlich flacher, war der Duft dagegen angenehm, atmeten sie tiefer ein. Noch in der gleichen Nacht testeten die Forscher nun, ob sich ihre Probanden die Verknüpfung zwischen Tönen und Duft gemerkt hatten: Hatte ihr Gehirn trotz Ruhepause und Abschirmung die jeweiligen Paarungen gelernt? Dafür spielten die Forscher den Schlafenden nun erneut die Töne vor – diesmal ohne den begleitenden Geruch.

Und siehe da: Hörten die Probanden die zuvor mit einem angenehmen Duft kombinierten Töne, atmeten sie tatsächlich tiefer ein als bei den Tönen, die vorher von Gestank begleitet gewesen waren. Und auch nach dem Aufwachen blieb diese Reaktion erhalten. Nur: Von einem Lernen von Vokabeln oder anderen Informationen ist diese simple Konditionierung weit entfernt. Wer eine neue Sprache können möchte oder für eine Prüfung lernt, dem bleibt daher nur das gute alte Pauken.

Warum Schlaf trotzdem für das Lernen trotzdem wichtig ist

Auch wenn wir im Schlaf eher nicht viel Neues aufnehmen können – Schlaf kann trotzdem beim Lernen helfen. Denn in dieser Ruhephase findet ein ganz entscheidender Schritt des Lernens statt: der Übergang von unbewusst Aufgenommenem zu explizit verstandenem Wissen. Unser Gehirn nutzt die Schlafphase, um neue Informationen vom Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis umzuschichten. In unserer Hirnrinde, dem Sitz des Langzeitgedächtnisses, werden dabei neue Nervenverbindungen angelegt. Und erst dies verfestigt das Gelernte und sorgt dafür, dass wir uns auch Tage, Wochen oder Monate später noch daran erinnern.

Wer daher seinen Lernerfolg optimieren will, sollte ruhig nach jeder Übungssitzung ein Nickerchen machen – und darauf achten, nachts genügend Schlaf zu bekommen. Denn wer nachts durchpaukt, tut sich keinen Gefallen, er hindert das Gehirn nur daran, seine Arbeit zu tun. Vor allem für Schulkinder ist ausreichend Schlaf wichtig. Denn ihr Gehirn ist nachts besonders aktiv damit beschäftigt, das tagsüber Gelernte zu verarbeiten.

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