Lexikon

englische Literatur

Die Anfänge der englischen Literatur liegen in der
angelsächsischen Periode
, die mit der Eroberung der Britischen Inseln durch die Angelsachsen (um 450) begann. Noch sehr der germanischen Literatur verbunden, ist hier besonders das Epos Beowulf zu nennen.
Die
mittelenglische Periode
setzte mit der Eroberung der Britischen Inseln durch die Normannen (1066) ein. Sie brachten aus Frankreich neue Stoffe und Formen (Fabliaux, Ritterromane) und den Endreim mit. Neben Erzählwerken um die Tafelrunde des König Artus spielte G. Chaucer eine dominierende Rolle. Durch ihn wurde London zum literarischen Mittelpunkt Englands.
Chaucer, Geoffrey: Canterbury Tales
llustration zu Canterbury Tales
Illustration zu Geoffrey Chaucers »Canterbury Tales«, flämische Miniatur um 1500. London, British Museum
Humanismus und Renaissance
brachten neben antiken Einflüssen vor allem die Übersetzung der Bibel (W. Tyndale, M. Coverdale) und die Einbürgerung von Sonett und klassischen Versmaßen. Überragender Frühhumanist war T. More
Das
Elisabethanische Zeitalter
brachte mit dem Anwachsen der politischen Bedeutung Englands die erste große Blütezeit der englischen Literatur, wobei die Lyrik (P. Sidney) und die Bildung eines englischen Nationalepos (E. Spenser) prägend wurden. Eine nie erreichte Blüte erlebte das Drama mit C. Marlowe und B. Jonson, vor allem aber mit W. Shakespeare. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war zunächst die Lyrik wieder dominierend (Metaphysical poets). Mit der Herrschaft der
Puritaner
setzte sich dann eine religiös geprägte Literatur durch. Sie fand ihren Höhepunkt in J. Miltons Epos „Verlorenes Paradies“. Mit der Herrschaft Karls II. setzte sich unter französischem Einfluss der
Klassizismus
durch (J. Dryden).
Mit dem
18. Jahrhundert
begann die große Zeit des englischen Prosaromans. Der Abenteuerroman wurde durch seinen bedeutenden Vertreter D. Defoe in realistischem Sinn umgebildet. Als neue Richtung trat der moralisch-sentimentale Sittenroman hervor (S. Richardson), der den Menschen in seinen Herzensregungen schilderte. Der Gefühlsseligkeit traten H. Fielding und T. G. Smollett mit ironischem Realismus und dem Humor ihrer Romane entgegen. Kritik an Kirche und Staat fand ihren Ausdruck im satirischen Roman (J. Swift). Der schlichte Familienroman (O. Goldsmith) und die Geistigkeit L. Sternes weisen schon auf die Geistesströmungen des 19. Jahrhunderts hin, ebenso die Vorromantik.
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert
(Romantik)
proklamierte eine Gruppe junger Dichter im Anschluss an J.-J. Rousseau die Rückkehr zur Natur. Wahre Größe fand man in der Berührung mit dem einfachen Landvolk (W. Wordsworth); als Quelle der Dichtung wurde die dem Verstand unzugängliche Einbildungskraft verkündert (S. T. Coleridge). Individualismus, Freiheitsdrang und Weltschmerz kennzeichneten die englische Hochromantik (S. T. Coleridge, G. G. N. Lord Byron, P. B. Shelley, J. Keats).
Das
Viktorianische Zeitalter
brachte um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine große soziale Umschichtung: auf der einen Seite Industrialisierung und Bildung eines Arbeiterstandes, auf der anderen die Materialisierung des ganzen Lebens. Diese Problematik wurde im realistischen Roman gestaltet (W. M. Thackeray, C. Dickens, E. C. Gaskell). In den folgenden Jahrzehnten begannen die materialistisch-naturwissenschaftlichen Gedankengänge (H. Spencer, C. Darwin) zu überwiegen. Eine pessimistische Weltsicht führte zu scharfer Gesellschaftskritik oder literarischen Utopien (T. Hardy, S. Butler, H. G. Wells). Die Lyrik dagegen schloss sich an die Romantik an (A. Lord Tennyson, R. Browning), ebenso der Symbolismus (präraffaelitische Schule) um die Mitte des Jahrhunderts. Die Werke O. Wildes bildeten den Höhepunkt des Ästhetizismus.
Die englischen Schriftsteller des
20. Jahrhunderts
zerbrachen die Maßstäbe des Viktorianischen Zeitalters. Das Grundthema wurde, besonders nach dem 1. Weltkrieg, die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft. Die humoristische Erzählung war der großen Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts verpflichtet (J. B. Priestley, G. K. Chesterton). Abenteuerlichkeit und ein weltweites Machtbewusstsein vereinigten sich in der Empire-Dichtung (R. Kipling), während der Kolonialismus durch die Romane J. Conrads kritisiert wurde. Kulturpessimismus und Erkenntnisse der modernen Psychologie ließen inhaltlich wie formal neue Werke entstehen (H. James, E. M. Forster). Die bedeutendsten literarischen Erneuerungen der Moderne, u. a. die Bewusstseinsstromtechnik, entwickelten V. Woolf, J. Joyce, W. B. Yeats. Manche Autoren suchten Antworten auf Zeitfragen in christlicher Gläubigkeit (C. Fry, E. Waugh), andere in der Entfaltung der Persönlichkeit durch Erotik (D. H. Lawrence). Allen gemeinsam war das Interesse an psychologischen und sozialen Fragen (A. J. Cronin, K. Mansfield) wie auch an frauenemanzipatorischen Themen (V. Woolf, V. Sackville-West). Die Dichtung der Moderne (W. H. Auden, D. Thomas) war vom Schaffen T. S. Eliots dominiert, während das Drama von G. B. Shaw geprägt wurde. Der Aufstieg des Faschismus und der drohende 2. Weltkrieg lösten politisch-soziale Daseinskritik aus (A. Huxley, G. Orwell).
Woolf, Virginia
Virginia Woolf
Yeats, William Butler
William Butler Yeats
Nach 1945 wurden Versuche der Geschichts- und Gegenwartsbewältigung unternommen (J. G. Ballard, G. Greene) und düstere Visionen des Menschen entworfen (W. Golding, I. McEwan, A. Burgess). Die Strömung der „zornigen jungen Männer“ (u. a. J. Osborne, A. Sillitoe) befasste sich kritisch mit der Nachkriegszeit, das Erzählwerk J. R. R. Tolkiens wurde musterbildend für die Gattung der Fantasy. In der Dramatik gehörten C. Fry, H. Pinter zu den herausragenden Vertretern des absurden Theaters. bedeutende Beiträge zur Lyrik lieferten u. a. T. Hughes und C. A. Duffy. In den 1960er Jahren bereiteten J. Rhys oder D. Lessing der Neuen Englischen Literatur den Weg; S. Rushdie, V. S. Naipaul griffen Stoffe ihrer ursprünglichen Heimat auf, J. Winterson verarbeitete Einflüsse des magischen Realismus. Am Ende des Jahrhunderts waren vielseitige Autoren wie A. S. Byatt oder I. Murdoch erfolgreich. M. Drabble, F. Weldon, N. Hornby oder J. Barnes beleuchten heute ironisch die britische Gesellschaft. Posthumen Kultstatus erlangte B. Chatwin.
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