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Gorbatschow: Das Ende des Kommunismus der "biblischen Propheten"

Gorbatschow: Das Ende des Kommunismus der "biblischen Propheten"
In seinen 1995 veröffentlichten "Erinnerungen" beschreibt Michail Gorbatschow seine Pläne und Absichten, nachdem er zum Generalsekretär der KPdSU ernannt worden war. Eines seiner wichtigsten Ziele war die Reform des überalteten und erstarrten Parteiapparats und die Mobilisierung der Gesellschaft für die geplanten Umgestaltungen.

Die Einschätzungen und Vorschläge des Generalsekretärs wurden traditionsgemäß den zentralen Parteiorganen zur Erörterung vorgelegt und in den Parteiorganisationen behandelt. Vor allen Dingen galt es nun, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wie wir mit dem Programm der KPdSU verfahren sollten. Es war derart überholt, dass man sich fast schon genierte, sich darauf zu berufen, und jede Erwähnung des Programms wurde denn auch mit ironischem Grinsen quittiert. Der Entwurf eines neuen Programms wurde bereits unter Andropow, aber auch unter Tschernenko in Angriff genommen. Da aber in der zu diesem Zweck gebildeten Gruppe R. Kosolapow und W. Petschenew den Ton angaben, rochen die unterbreiteten Materialien verdächtig nach Fundamentalismus. Erneut die sattsam bekannten marxistischen - oder besser pseudomarxistischen - Dogmen, dargelegt in einer geringfügig modernisierten Sprache. Freilich, wir selbst wie auch die Gesellschaft waren damals noch nicht bereit, wirklich realistische Einschätzungen zu formulieren und neue wirkungsvolle Ideen zu entwickeln. Indessen musste ein Parteitag einberufen werden, um den neuen politischen Kurs festzulegen und Kaderfragen zu entscheiden. Man schlug mir vor, mir mit dem Programm Zeit zu nehmen, die Sache ruhen zu lassen und zunächst einmal die dringlichsten Probleme ins Auge zu fassen. Ich aber war der Ansicht, dass wir es nicht den biblischen Propheten gleichtun und der Menge unanfechtbare Wahrheiten verkünden sollten. Schon die Arbeit am neuen Programmdokument, seine Erörterung in der Presse, auf den Versammlungen der Kommunisten und schließlich auf dem Parteitag betrachtete ich als eine Chance, um Partei und Gesellschaft zu mobilisieren, sie für eine Umgestaltung (Perestroika) zu gewinnen. Diese Einschätzung teilten, so schien es, alle Mitglieder der Parteiführung. Gleichwohl kann ich nicht sagen, wer es aus Überzeugung tat. Denn natürlich: Man wollte dem Generalsekretär nicht gern widersprechen."

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