Lexikon

Kelten

[
„die Tapferen“, „die Erhabenen“ oder „die Hohen“
]
griechisch Keltoi, lateinisch Celtae, auch Galli; Galatae
Europa: Völker und Sprachen
Europa: Völker und Sprachen
ein aus spärlichen antiken schriftlichen Überlieferungen, aus archäologischen Befunden und sprachwissenschaftlichen Forschungsergebnissen erschlossenes, uneinheitliches Volk, das große Teile West-, Mittel-, Südeuropas und Kleinasiens bewohnte. Herodot erwähnt, im Gebiet der Kelten entspringe der Istros (die heutige Donau). Da in Süddeutschland für diese Zeit archäologisch die späte Hallstattkultur und die frühe Latènekultur nachgewiesen sind, werden die Kelten als Träger vor allem der letztgenannten, später in West- und Mitteleuropa weit verbreiteten Kulturen angesehen. Ergebnisse keltischer Sprachforschungen legen durch Orts- und Gewässernamen den Entstehungsraum einer keltischen Ursprache im Gebiet zwischen Ostfrankreich, West- und Süddeutschland bis Böhmen nahe. Es erscheint kaum sinnvoll, nach Kelten in der Zeit vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. zu suchen. Archäologisch erstaunt der große Unterschied zwischen Hallstatt- und Latènekultur, die meist beide als keltisch gedeutet werden. Doch geben die sog. Fürstensitze der späteren westlichen Hallstattkultur (Heuneburg, Hohenasperg, Mont Lassois u. a.) mit ihren reich ausgestatteten Grabhügeln (z..B. Magdalenenberg, Hochberg, Vix) und mit ihren Beziehungen zu den südlichen Hochkulturen Anzeichen für eine straffe Organisation, die die Kontrolle und Verteilung von Gütern und Arbeitskräften ermöglichte. Dieses ist für die damaligen Verhältnisse am ehesten aufgrund einer Stammesgemeinschaft denkbar. Die radikale Umwälzung in Form der Latènekultur wird vor allem als religiöse Neuerung gedeutet, die sich aufgrund innerer Spannungen sozialer und kultureller Art in Verbindung mit vielen neuen Anregungen aus dem Bereich der antiken Hochkulturen durchsetzte. Neben dem Aufkommen neuer Fürstensitze in der Hunsrück-Eifel-Kultur mögen diese Auseinandersetzungen u. a. zur Zerstörung der Hallstatt-Fürstensitze und auch zu den Wanderungen der später aus der Literatur als keltisch bekannten Stämme geführt haben. Die Wanderungen begannen bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. nach Italien und dem Balkan.
In Italien siedelten sich in der Poebene Insubrer, Boier, Cenomanen und Senonen an. Von dort aus besiegten sie mehrfach die Etrusker, 387 v. Chr. in der Schlacht an der Allia auch die Römer und plünderten Rom. Seit dem Beginn des 3. Jahrhunderts v. Chr. jedoch dehnten die Römer ihren Machtbereich auch auf die keltisch besiedelten Gebiete Norditaliens aus und gliederten sie als „Gallia cisalpina“ Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr. ihrem Reich ein. Vom 4. Jahrhundert v. Chr. an wurde der Balkan besiedelt. 278 v. Chr. überquerten die Tektosagen, Trokmer und Tolistobogier (bekannt als Galater) den Hellespont und siedelten sich in Anatolien an.
Mit dem Ausgang des 3. Jahrhunderts v. Chr. endete die keltische Expansion. Der Kontakt mit den Kulturen des Mittelmeerraumes führte im keltischen Kerngebiet zu vielen Neuerungen: Herausbildung einer neuen Adelsherrschaft, Anlage befestigter, stadtähnlicher Siedlungen (Oppidum) als Stammeszentren mit eigener Münzprägung und spezialisierten Werkstätten.
Über die Kultur der Spätzeit auf linksrheinischem Gebiet ist man durch Cäsars „De bello gallico“ relativ gut unterrichtet. Cäsar unterschied verschiedene Stämme der Kelten: Helvetier, Sequaner, Häduer, Biturigen, Boier, Allobroger, Arverner, Senonen, Treverer und Lingonen. Seinem Bericht nach gab es eine dreischichtige Gesellschaftsstruktur: Alle Macht lag bei der Ritterschaft (equites) und den Druiden. Letzteren oblagen alle Entscheidungen und Rechtsstreitigkeiten. Ihr Wissen war geheim und durfte nur mündlich überliefert werden. Die dritte Schicht, das Volk, konnte zwar zu Volksversammlungen zusammenkommen, war aber meist vom Adel abhängig und ihm zum Gehorsam verpflichtet. Nach Lucanus im „Bellum civile“ hießen die drei höchsten Götter der Kelten Taranis, Teutates und Esus. Wie weit sich die geschilderten Verhältnisse auch auf die rechtsrheinischen Kelten übertragen lassen, ist unklar.
Cäsars Kämpfe in Gallien (5851 v. Chr.) führten, durch die Uneinigkeit der Kelten begünstigt, zur völligen Unterwerfung der linksrheinischen Kelten und zur Einverleibung ihres Gebietes in das Römische Reich als „Gallia transalpina“. Gleichzeitig bedrängten die Germanen und Daker die Kelten. Seit 16 v. Chr. begannen die Römer mit der Eroberung der späteren Provinzen Noricum (etwa das heutige Österreich), Pannonien (ungarische Tiefebene) und Raetien (Alpen und Südwestdeutschland). Damit verloren die letzten keltischen Landstriche ihre Unabhängigkeit an die Römer. Keltische Tradition lebte nur in wenigen Rückzugsgebieten fort, z. B. in Schottland, Irland, Wales und in der Bretagne. Die Keltisch sprechenden Stämme Britanniens und Irlands wurden im Altertum nie als Kelten bezeichnet, sondern erst seit den Sprachforschungen des 18. Jahrhunderts.
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