Lexikon

Léaud

[
leˈo:
]
Jean-Pierre, französischer Filmschauspieler, * 5. 5. 1944 Paris; wurde von F. Truffaut entdeckt, arbeitete mit J. L. Godard; Filme u. a.: „Sie küssten und sie schlugen ihn“ 1959; „La nuit américaine“ 1973; „Die Mama und die Hure“ 1973; „Liebe auf der Flucht“ 1979; „Detektive“ 1985; „I Hired a Contract Killer“ 1990; „Irma Vep“ 1996.
  • Deutscher Titel: Sie küssten und sie schlugen ihn
  • Original-Titel: LES QUATRE CENTS COUPS
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 1959
  • Regie: François Truffaut
  • Drehbuch: François Truffaut, Marcel Moussy
  • Kamera: Henri Decae
  • Schauspieler: Jean-Pierre Léaud, Albert Rémy, Claire Maurier, Guy Decomble
  • Auszeichnungen: Filmfestspiele Cannes 1959 für Regie
François Truffauts erster abendfüllender Spielfilm »Sie küssten und sie schlugen ihn« bedeutet mit dem Gewinn des Regiepreises in Cannes 1959 den sofortigen Durchbruch. Auch beim Publikum findet er große Resonanz.
Der 14-jährige Antoine (Jean-Pierre Léaud) wird von seiner Umwelt als »schwieriges« Kind beurteilt. In der beklemmenden Enge der elterlichen Wohnung sieht sich Antoine einem schwächlichen Vater und einer verständnislosen Mutter gegenüber, die sich für ihr Kind kaum interessieren. Durch Zufall überrascht Antoine eines Tages seine Mutter mit ihrem Geliebten. Sein Schock darüber weicht bald Pragmatismus: Mit seinem Wissen kann er bei der Mutter kleine Ziele durchsetzen.
In der Schule fühlt Antoine sich ebenso wenig aufgehoben. Derart haltlos, schwänzt der Junge mehrmals die Schule und begeht kleinere Delikte, die ihn in neue Konflikte mit den Erwachsenen stürzen. Nach dem Diebstahl einer Schreibmaschine wird er von seinen Eltern in ein Heim abgeschoben. Dort ist es nicht besser als zu Hause: Antoine flieht an Meer.
Als Filmkritiker der französischen Zeitschrift »Cahiers du Cinéma« forderte Truffaut einst, dass der Regisseur nur das verfilmen sollte, was seinen eigenen lebensgeschichtlichen Erfahrungen entspricht. Nur darüber könne er etwas aussagen. Entsprechend bezieht sich Truffaut in seinem Film deutlich auf seine eigene Jugend.
Um geeignete Darsteller zu finden, machte er Probe-Aufnahmen von Jugendlichen: Jean-Pierre Léaud schien ihm aufgeweckt und motiviert. Wie sich an Léauds späterer Filmkarriere zeigt, lag Truffaut mit dieser Einschätzung richtig. Den jungen Antoine Doinel spielt Léaud mit einer Natürlichkeit, die größtmögliche Authentizität perfekt übermittelt. Sein Debüt eröffnet einen fünfteiligen Zyklus, der Antoines Lebensweg verfolgt.
Kritiker meinen, dass Truffauts Film als Vertreter der »Nouvelle Vague« deren Anspruch von Lebendigkeit und persönlichem Gehalt in Form und Inhalt am besten einlöst. Der gleichzeitige Erfolg von Godards »Außer Atem« (1960) und Alain Resnais„ »Hiroshima mon amour« (1959) sichert den Regisseuren der »Nouvelle Vague« zahlreiche Projekte. Truffaut, Godard, Rivette, Resnais, Chabrol, Varda, Malle, Rohmer und Melville die meisten arbeiteten bei »Cahiers du Cinéma« mit sind die wichtigsten Vertreter der neuen Welle im französischen Film. Ihnen gemeinsam ist ihr Streben nach persönlichem Inhalt und Stil. Formal zeichnen sich viele der »Nouvelle-Vague«-Filme durch einen improvisiert dokumentarischen Charakter aus.
  • Deutscher Titel: Die Mama und die Hure
  • Original-Titel: LA MAMAN ET LA PUTAIN
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 1973
  • Regie: Jean Eustache
  • Drehbuch: Jean Eustache
  • Kamera: Pierre L„Homme
  • Schauspieler: Jean-Pierre Léaud, Françoise Lebrun, Bernadette Lafont
  • Auszeichnungen: Spezialpreis der Jury Filmfestspiele Cannes 1973 für Film
»Die Mama und die Hure« wird zusammen mit Marco Ferreris »Das große Fressen« (1973) als französischer Beitrag für die Filmfestspiele in Cannes nominiert. Beide Filme entfachen einen Skandal.
Eustache, das junge Talent des französischen Films, hatte es gewagt, seine Dreiecksgeschichte mit einer allzu vulgären Sprache anzureichern. 218 Minuten lang beschäftigt der Regisseur den Zuschauer mit der Lebensweise und der Beziehung des jugendlichen Nichtstuers Alexandre zu den Frauen Marie (»Mama«) und Veronika (»Hure«): Endlose Diskussionen und Auseinandersetzungen gehören ebenso dazu wie heftige Gefühlsausbrüche.
Eustaches Figuren haben Abschied genommen von einer vergangenen Epoche, die der Befreiung und Rebellion. Sie ziehen sich ins Private zurück. Damit leitet auch Eustache eine neue Ära im französischen Film ein.
  • Deutscher Titel: Liebe auf der Flucht
  • Original-Titel: L„AMOUR EN FUITE
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 1979
  • Regie: François Truffaut
  • Drehbuch: François Truffaut, Marie-France Pisier, Jean Aurel, Suzanne Schiffmann
  • Kamera: Nestor Almendros
  • Schauspieler: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, Claude Jade, Dani
Auch im letzten Film über sein Alter ego Antoine Doinel, dessen Lebensgeschichte François Truffaut seit seinem Kinodebüt »Sie küssten und sie schlugen ihn« (1959) über 20 Jahre und fünf Filme verfolgt hat, spielt wieder Jean-Pierre Léaud die Hauptrolle.
Doinel ist inzwischen über 30, hat einen autobiografischen Roman geschrieben, lässt sich von seiner Frau Christine scheiden und pflegt auch zu seiner neuen Freundin ein eher unverbindliches Verhältnis.
Truffaut spielt in diesem Film mit seinem eigenen Werk. Er baut über 60 Szenen aus früheren Filmen des Doinel-Zyklus„ »Liebe mit zwanzig« (1961), »Geraubte Küsse« (1968) und »Tisch und Bett« (1970) als Erinnerungssequenzen ein. Und wenn die Figuren in »Liebe auf der Flucht« ins Kino gehen, dann läuft auf der Leinwand ein Film von Truffaut.
  • Deutscher Titel: I Hired a Contract Killer
  • Original-Titel: I HIRED A CONTRACT KILLER
  • Land: Finnland
  • Jahr: 1990
  • Regie: Aki Kaurismäki
  • Drehbuch: Aki Kaurismäki
  • Kamera: Timo Salminen
  • Schauspieler: Jean-Pierre Léaud, Margi Clarke, Kenneth Colley
Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki erzählt in »I hired a contract killer« eine einfache Geschichte mit viel hintergründigem Witz.
In London fristet der Franzose Henri Boulanger (Jean-Pierre Léaud) sein Dasein. Nachdem er seinen Job verloren hat, versucht der vereinsamte Mann vergeblich, sich zu töten. So heuert er den Killer Harry (Kenneth Colley) an und teilt ihm mit, wo er zu finden ist.
An dieser Stelle könnte die Geschichte schon beendet sein, doch Kaurismäki weiß, wie leicht das Leben mit getroffenen Entscheidungen spielen kann.
Als »Tatort« wählt Henri eine Kneipe, in der er sich eine »Henkersmahlzeit« gönnt. Zum ersten Mal genehmigt sich der ansonsten abstinente Franzose einige Drinks, die sein Dasein ein wenig sonniger erscheinen lassen. Und dann spricht er auch noch eine attraktive Frau (Margi Clarke) an und merkt, wie leicht das Leben sein kann. Doch damit fangen seine Probleme erst richtig an. Denn der Killer lässt sich nicht mehr zurückrufen, und Henri muss nun zusehen, wie er auf der Flucht dem Mörder noch entkommen kann.
Erstmals spielt ein Kaurismäki-Film nicht in Finnland, sondern führt in schmuddelige Viertel Londons. Hierbei loben Kritiker das Zusammenspiel von Farben und Dramaturgie. Hervorgehoben wird aber vor allem die brillante Leistung von Jean-Pierre Léaud.
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