Lexikon
Sankt Petersburg
Sankt-Peterburg; 1914–1924 Petrograd; 1924–1991 LeningradStadt im Nordwesten Russlands, an der Mündung der Newa in die Kronstädter Bucht des Finnischen Meerbusen und auf rund 100 Inseln im Mündungsdelta der Newa, mit 4,7 Mio. Einwohnern die zweitgrößte Stadt Russlands.
Sankt Petersburg wurde im 18. Jahrhundert nach westeuropäischem Vorbild aufgebaut und ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Nordrusslands. Die um die Peter-und-Pauls-Festung (ab 1703) in einem Sumpfgebiet z. T. auf Pfählen angelegte Stadt ist von zahlreichen Kanälen durchzogen und häufig von Überschwemmungen bedroht. Barocke und klassizistische Bauten prägen das Bild der Stadt ebenso wie weite Parks, breite Hauptstraßen („Prospekte“, z. B. Newski-Prospekt), Plätze und Paläste. Zu den bedeutendsten Bauwerken zählen Isaak-Kathedrale (1819–1858), Kasan-Kathedrale (1801–1811), Peter-und-Pauls-Kathedrale (1714–1733; Mausoleum der Zaren), Erlöserkirche (1883–1907), barockes Smolnyj-Kloster (1748–1754), Admiralitätsgebäude (1823), Stroganowpalais, Winterpalais (18. Jahrhundert, ehemalige Zarenresidenz, jetzt Eremitage). Wahrzeichen der Stadt ist das 1782 enthüllte Reiterdenkmal Peters des Großen („Eherner Reiter“). 1990 wurde das historische Stadtzentrum von Sankt Petersburg zum Weltkulturerbe erklärt. 1999 wurden Petrodworez westlich der Stadt, mit der ehemaligen Sommerresidenz des Zaren, und Puschkin südlich der Stadt, mit dem Katharinenpalast, in dem sich eine Rekonstruktion des legendären Bernsteinzimmers befindet, in das Stadtgebiet eingemeindet.
Als Bildungs- und Kulturzentrum verfügt Sankt Petersburg über eine Universität (1819), Akademie der Wissenschaften (1724), Akademie der Künste (1757), Ballettschule (1738), technische Universität, Militärakademie, zahlreiche Hoch- und Fachschulen, Forschungsinstitute, Bibliotheken (z. B. die Saltykow-Schtschedrin-Staatsbibliothek mit 30 Mio. Bänden), Observatorium, Planetarium; Museen (Eremitage, Russisches Museum, Museum der politischen Geschichte), Opernhaus, Theater und Konzertsäle.
Sankt Petersburg ist ein wichtiges Handels- und Finanzzentrum und bedeutender Industriestandort: Maschinen-, Anlagen-, Fahrzeug- und Schiffbau, elektrotechnische, feinmechanische und optische Werke, Stahlerzeugung, chemische Betriebe (u. a. synthetischer Kautschuk, Arzneimittel, Kunstdünger), Nahrungs- und Genussmittel-, Textil-, Autozulieferindustrie; Erdölraffinerie, Kernkraftwerk, Wasserkraftwerke. Von wachsender Bedeutung ist die Informationstechnologie. Aufgrund der prachtvollen historischen Bauten und der kulturellen Einrichtungen gehört die Stadt zu den beliebtesten Reisezielen Russlands.
Sankt Petersburg ist der wichtigste Hafen für den russischen Überseehandel, durch den Wolga-Ostsee-Wasserweg mit dem Hinterland verbunden; Eisenbahnknotenpunkt, U-Bahn, Autobahnring, internationaler Flughafen Pulkowo.
Geschichte
Zur Sicherung der im Nordischen Krieg eroberten Gebiete am Finnischen Meerbusen gründete Peter der Große 1703 die Peter-und Pauls-Festung und 1704 die Stadt Sankt Petersburg. 1712 wurde Sankt Petersburg kaiserliche Residenz und Hauptstadt Russlands. Nach dem Willen des Gründers sollte die Stadt ein „Fenster nach Europa“ sein. Im Gegensatz zum altrussischen Moskau erhielt sie einen westlichen Charakter und wurde zum Zentrum eines an Westeuropa orientierten Geisteslebens. Von Sankt Petersburg (dessen Name im 1. Weltkrieg zu Petrograd russifiziert wurde) gingen die beiden Revolutionen von 1905 und 1917 (Oktoberrevolution) aus. 1918 verlegte die sowjetische Regierung die Hauptstadt nach Moskau, doch behielt Sankt Petersburg seine wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung. Zu Ehren des 1924 verstorbenen W. I. Lenin wurde die Stadt 1924 in Leningrad umbenannt. Während des 2. Weltkriegs war sie fast 900 Tage lang unter schweren Opfern der Bevölkerung von deutschen Truppen eingeschlossen. Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes stimmte die Einwohnerschaft 1991 mit großer Mehrheit für die Wiederherstellung des alten Namens.
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