Lexikon
Sinfonie
[die; italienisch sinfonia, griechisch symphonia, Zusammenklang]
Symphoniemehrsätziges Orchesterwerk, das in seiner klassischen Form aus vier Sätzen besteht: Allegro, Andante bzw. Adagio, Menuett bzw. Scherzo, Allegro. Im Mittelalter Melodie, Gesang und der Zusammenklang von Tönen; bis etwa 1750 allgemein Bezeichnung für Instrumentalsätze als Einleitung von Suiten oder Vor- und Zwischenspielen von Kantaten, Oratorien, als Ouvertüre von Opern; daneben war der Begriff gleichbedeutend mit Kirchen-, Kammer- und Triosonate. Besondere Bedeutung für die Ausbildung einer festen Gattung hatte die neapolitanische Opernsinfonie (= Ouvertüre) in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, die in Melodik, Harmonik und Form die Grundlage für die volle Ausbildung der Gattung in der Klassik legte. Erstmals bei G. Sammartini verselbständigten sich solche Opernsinfonien zu dreisätzigen autonomen Orchesterwerken, deren erster Satz bereits in der neuen Form des Sonatenhauptsatzes gestaltet war. Komponisten der Vorklassik wie J. C. Wagenseil und vor allem der Mannheimer Schule nahmen diese Entwicklung auf und führten sie fort. Ihre volle Ausbildung erfuhr die Sinfonie im Zeitalter der Wiener Klassik durch J. Haydn (über 104 Sinfonien). Haydn begründete die kompositorisch anspruchsvolle Durcharbeitung aller vier Sätze, insbesondere die kontrastreiche Anlage des Kopfsatzes, und führte das Menuett als 3. Satz ein. Die Sinfonie wurde mit Haydns und Mozarts Spätwerken sowie den 9 Sinfonien Beethovens zur Repräsentativform der Musikkultur des Bürgertums und zugleich zur Verkörperung dessen humanitärer Ideen.
Sinfonie (Kulturtabelle).sgm
Komponisten | Werke |
Joseph Haydn (1732–1809) | 108 Sinfonien: Nr. 45 fis-Moll („Abschiedssinfonie"); Nr. 94 G-Dur („Mit dem Paukenschlag“) |
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) | C-Dur („Jupiter“) |
Ludwig van Beethoven (1770–1827) | 9 Sinfonien: Nr. 3 Es-Dur („Eroica"); Nr. 5 c-Moll („Schicksalssinfonie); Nr 6 F-Dur („Pastorale“); Nr. 9 d-Moll op. 125 |
Franz Schubert (1797–1828) | 8 Sinfonien: Nr. 7 h-Moll („Unvollendete") |
Hector L. Berlioz (1803–1869) | „Symphonie fantastique“ |
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809–1847) | 5 Sinfonien: Nr. 3 a-Moll („Schottische“), Nr. 4 A-Dur op. 90 („Italienische") |
Anton Bruckner (1824–1896) | 10 Sinfonien: Nr. 4 Es-Dur („Romantische") |
Pjotr I. Tschaikowskij (1840–1893) | 6 Sinfonien: Nr. 6 h-Moll („Pathetique") |
Antonín Dvořák (1841–1904) | 9 Sinfonien: Nr. 9 e-Moll („Aus der neuen Welt") |
Gustav Mahler (1860–1911) | 10 Sinfonien: Nr. 2 c-Moll („Auferstehungssymphonie"; Nr. 6 a-Moll („Tragische“); Nr. 8 Es-Dur (Sinfonie der Tausend“) |
Paul Hindemith (1895–1963) | Mathis der Maler; Die Harmonie der Welt |
Benjamin Britten (1913–1976) | Simple Symphony |
Klavierauszug (Beethovens 4. Sinfonie)
Klavierauszug von Beethovens 4. Sinfonie
© wissenmedia
Während des 19. Jahrhunderts wurde der klassische Typus individuell abgewandelt beibehalten, so im Werk F. Schuberts, F. Mendelssohn Bartholdys, R. Schumanns, J. Brahms’. Als kompositorisches Problem stand dabei die auf das Finale hin gerichtete Anlage der Werke (seit Beethovens 5. und 9. Sinfonie) und die satzübergreifende Entwicklung der Themen (z. B. bei C. Franck, P. Tschaikowskij) im Vordergrund. Daneben erhielt die Sinfonie vielfältige neue Impulse durch die im 19. Jahrhundert entstehenden Nationalmusiken mit ihrer Einbeziehung von landestypischen (Volks-)Musikelementen, z. B. in tschechischen (A. Dvořák, B. Smetana), russischen (A. Borodin, A. Glasunow), skandinavischen (F. Berwald, N. Gade), englischen (E. Elgar) und französischen Werken (C. Saint-Saëns). Eine inhaltliche Erweiterung erfuhr die Sinfonie zur gleichen Zeit bei H. Berlioz und F. Liszt durch die Gattung der Programmsinfonie bzw. der Sinfonischen Dichtung (Programmmusik), die eine Vielzahl außermusikalisch inspirierter, ein- und mehrsätziger Werke hervorbrachte. Zum Ende des 19. Jahrhunderts schufen besonders A. Bruckner und G. Mahler durch die Ausweitung des Orchesterapparates (zum Teil mit Vokalstimmen) und der Spieldauer Monumentalwerke voller Intensität und Ausdruckskraft.
Mendelssohn Bartholdy, Felix
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Franck, César
César Franck
© wissenmedia
Mahler, Gustav (2)
Gustav Mahler
© Corbis/Bettmann
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts zeichnen sich in der Geschichte der Sinfonie drei Wege ab: 1. die Fortführung des traditionellen, an die Tonalität gebundenen Sinfonietyps, insbesondere bei S. Prokofjew, D. Schostakowitsch, aber auch bei J. Sibelius, R. Vaughan Williams u. a.; 2. die Reduzierung der Besetzung und des Anspruchs in der Ausbildung der Kammersinfonie (A. Schönberg, F. Schrecker), der Sinfonietta (L. Janáček, M. Reger) und auf barocke Konzerttraditionen zurückgreifenden Formen (P. Hindemith, I. Strawinsky); 3. die Beibehaltung des universellen Anspruchs der Gattung unter Aufgabe des Formenkanons (in Fortführung von Mahlers Werk) und mit den Mitteln expressiver, atonaler Tonsprache (K. A. Hartmann, W. Rihm, M. Trojahn). Daneben finden sich vielfältige Mittelwege (H. W. Henze, A. Honegger, L. Berio, S. Matthus).
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