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Öffnungszeiten: Gesetze, Ausnahmen und Trends

Fast schon ein wenig neidisch blickt der Deutsche (und auch der deutsche Gewerbetreibende) manchmal über den großen Teich und ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo namhafte Supermarktketten sich längst schon von begrenzenden Öffnungszeiten freigesagt haben. In Deutschland herrscht hingegen mit Blick auf die Öffnungszeiten ein wahrlich heilloses Durcheinander.

Öffnungszeiten von 24 Stunden sind in Deutschland kaum denkbar.

Die Berliner „Späti-Szene“ kämpft gegen gesetzliche Grundlagen

Obgleich das Wort „Streit“ und „Öffnungszeiten“ vielerorts verdächtig häufig in Kombination gebraucht werden, soll genau dieser – der Streit um die Öffnungszeiten – in der deutschen Hauptstadt einmal genau unter die Lupe genommen werden. Auf der offiziellen Homepage der Landeshauptstadt heißt es dazu: „Viele Berliner Spätverkaufsstellen müssen sonntags künftig geschlossen bleiben. Das gilt für alle Läden, die mehr als Blumen, Zeitungen, Brötchen und Milchprodukte verkaufen, wie aus einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts hervorgeht [...]. Auch die Praxis vieler ‚Spätis‘, verbotene Waren wie Alkohol, Gemüse oder Fertigpizza mit Tüchern abzudecken, ist demnach nicht rechtens.“ Zu diesem Beschluss kam es nachdem ein Späti-Betreiber aus Pankow geklagt hatte, weil er am 1. Mai seine Kunden nicht bedienen durfte. Das Resultat: Eine Lockerung hat er nicht erreicht, viel mehr jedoch eine Regelung, die das Gegenteil seines Wunsches sein dürfte. Eindeutig gesetzlich geregelt ist, dass an Sonn- und Feiertagen nur die Läden mit einem kleinen Warenangebot öffnen dürfen.

Neu ist das Gesetz an sich nicht, jedoch wurden erst im vergangenen Jahr die Kontrollen schärfer – und die Angst der „Spätis“ immer größer. Im Berliner Stadtteil Neukölln bange man um die Existenz, heißt es in einem Artikel im Tagesspiegel. Viele „Späti“-Besitzer öffnen widerrechtlich auch an Sonntagen die Tore, nur um am nach eigenen Angaben umsatzstärksten Tag nicht auf diesen zu verzichten. Der rechtliche Rahmen sei indes eindeutig im LadSchlG festgelegt, das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hier veröffentlicht wurde und unter anderem folgendes Regelwerk stellt:

  1. An Sonn- und Feiertagen müssen Geschäfte geschlossen sein.
  2. Vor sechs Uhr und nach 20 Uhr dürfen Geschäfte nicht geöffnet haben.

Für Apotheken, Tankstellen sowie Verkaufsstellen in Bahnhöfen, an Flughäfen sowie in Erholungs- und Kurorten gelten indes andere Regelungen, die ebenfalls dort niedergeschrieben sind.

Mangelnde Transparenz schreckt Kunden

Nicht einmal in Shopping-Malls gibt es einheitliche Öffnungszeiten.
Zum geltenden Gesetz gibt es also eine ganze Reihe an Ausnahmeregelungen, die die Öffnungszeiten in Deutschland nicht gerade transparenter machen. Eine mögliche Lösung bieten hier Serviceportale wie oeffnungszeiten.com, die nicht nur aktuelle Öffnungszeiten ausweisen, sondern auch explizit Hinweise auf verkaufsoffene Sonntage führen. Glaubt man dem Geschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, sind gerade kundenfreundliche Öffnungszeiten ein wichtiges Kriterium, um dem Einzelhandel die Möglichkeit zu geben, gegen die Internet-Konkurrenz anzukommen. Im realen Einzelhandel können die Anbieter immer noch mit dem fassbaren Einkaufserlebnis punkten, welches online nicht möglich ist.

Wie wichtig das Wochenende und der Verkauf am Samstag sind, zeigt eine Grafik, die auf Basis der Konjunkturumfrage des Handelsverbands Deutschland erstellt wurde. Das Ergebnis:

  • 20,5 Prozent des Jahresumsatzes wird am Samstag generiert. Führend sind hierbei Geschäfte in der Innenstadt und im Gewerbegebiet.
  • Der zweitstärkste Verkaufstag ist der Freitag mit 19,8 Prozent. Hier wird besonders in Stadtteilzentren oder städtischen Vororten viel Umsatz generiert.
  • Der Mittwoch ist mit 13,7 Prozent des Jahresumsatzes der schlechteste Tag der Woche gefolgt vom Dienstag mit 14,1 Prozent des Jahresumsatzes.

Und wie stehen die Kunden zum Tumult an der Ladentür?

Zu Messen oder Festen dürfen Kommunen auch an Sonntagen die Geschäfte öffnen.
Stammkunden Berliner Spätis bemängeln, dass „ihre“ Spätis nicht mehr für sie geöffnet haben. Doch das ist eine andere Situation, weil sich die Berliner ja nun mehr umgewöhnen müssten. Die übrigen Deutschen, die bei einer Online-Befragung des Handelsverbands teilgenommen haben, würden es vorsichtig begrüßen, wenn es mehr verkaufsoffene Sonntage gäbe. 40,7 Prozent der Befragten sind für verkaufsoffene Sonntage, 27,8 Prozent sind dagegen. Nur 41 Prozent – und damit nicht einmal die Hälfte der Befragten – nutzen das bestehende Angebot eines verkaufsoffenen Sonntags im Rahmen von Messen oder Festen.

Die Läden sind in guter Gesellschaft

Ganz allein auf weiter Flur sind Ladenbesitzer nicht, denn der Wandel der Öffnungszeiten zeichnet sich auch in vielen weiteren Bereichen ab, wie die Beispiele in dieser Tabelle zeigen:

 

Kinderbetreuungseinrichtungen

... öffnen häufig schon um 7 Uhr morgens, damit Eltern die Möglichkeit haben, ihr Kind in die Betreuung zu bringen und anschließend zur Arbeit zu gehen. Wem das nicht reicht, der setzt bei der Kinderbetreuung auf eine Tagesmutter, die sich nicht nach Öffnungszeiten richtet.

Die Dienstleistungsbranche

... bietet immer häufiger an, auch vor Ort vorbei zu kommen. Das heißt, wenn der Gutachter beim Kunden spät abends vorfährt oder der mobile Friseur früh morgens anrückt, wird sich auch nicht an festgelegte Öffnungszeiten gehalten.

Öffentliche Einrichtungen

... offerieren immer häufiger an einem oder gar an mehreren Tagen Öffnungszeiten, zu denen auch die arbeitende Bevölkerung kommen kann – ohne einen Tag frei zu nehmen oder besondere Umstände zu haben. Diese beginnen sehr früh morgens oder enden alternativ spät abends.

 

Ob individuell bestimmbare Öffnungszeiten in allen Bereichen nötig sind, liegt im Auge des jeweiligen Betrachters. Tatsache ist, dass den Kundenbedürfnissen angepasste Öffnungszeiten immer auch Service bedeuten – und das wissen die Kunden sicherlich zu schätzen.

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