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Der Mann, der uns in die Köpfe schaut (Podcast 46)

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„Ich weiß, was du denkst!“- Wer fühlte sich nicht gleich ein bisschen ertappt bei diesen Worten? Immerhin halten wir die Welt der Gedanken für einen gut geschützten Rückzugsraum, verborgen, geheim, gar unsichtbar für alle anderen. Unsere Gedankenwelt ist unser ganz privates Reich, in dem wir denken dürfen, was wir oft nicht zu sagen wagen. Nun aber ist ein Mann auf den deutschen Bildschirmen und Bühnen aufgetaucht, der behauptet, den Schlüssel zu den gut unter Verschluss geglaubten Gedanken fremder Menschen zu besitzen. Thorsten Havener ist der Gedankenleser. Mit ihm traf sich Susanne Dreisbach von wissen.de zu einem Interview, das einen ganz anderen Verlauf nahm, als sie sich vorgestellt hatte. Ob Thorsten Havener das schon wusste?

 

wissen.de: Gedankenlesen, wenn auch unfreiwillig, das konnte schon Mel Gibson in dem Film „Was Frauen wollen“. Hier hört ein eingefleischter Frauenfeind nach einem Stromschlag unaufhörlich die wenig schmeichlerischen Gedanken aller ihn umgebenden Frauen. Ist das bei Ihnen auch so, dass Sie ständig dem Gedankenschwall anderer Menschen ausgesetzt sind?

Thorsten Havener: Nein, das ist bei mir nicht so, wie man sich das vielleicht unbedarft vorstellt, dass ich jemanden angucke und das kommt dann direkt zack von einer Festplatte auf die andere. Das ist ein Weg, das ist ein Prozess und den Prozess stell ich ja auch immer dar. Der ist ja auch das Spannende. Das ist Arbeit, herauszufinden, was jemand denkt.

 

Zauberer, Dolmetscher, Managementtrainer

 

Sie haben mit 13 zu zaubern begonnen, Sie sind studierter Dolmetscher, inzwischen halten Sie Vorträge, geben Managementtrainings und schreiben gerade Ihr zweites Buch. Vor einigen Jahren haben Sie dann entdeckt, dass man mit den Gedanken anderer Menschen ganz gut Geld verdienen kann. Deshalb wüsste ich gerne mehr darüber: Beschreiben Sie mir doch ein wenig genauer, in welcher Form so ein Gedanke bei Ihnen ankommt? Haben Sie plötzlich ein Bild vor sich? Einen Klang? Sehen Sie Buchstaben oder verfügen Sie einfach über die Information wie über eine eigene Erinnerung?

Das ist eine Mischung. Das ist zum Beispiel so, dass ich die Dinge spüren kann. Also, wenn ich jemanden berühre, kann ich spüren, welche Richtung die Person einschlagen möchte. Ich kann das nicht erklären. Das ist wie mit dem Fahrradfahren. Da kann man auch nicht erklären, wie man das Gleichgewicht hält. Das ist einfach etwas, was man trainiert hat. Teilweise ist es so, dass ich es sehe, dass ich an der körperlichen Veränderung sehe, wie jemand denkt.

 

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit

 

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Das ist einer der Grundsätze Ihrer Philosophie. Er bedeutet nichts anderes, als dass sich mein Körper, mein Blick, mein Kopf unmerklich in die Richtung bewegen, in die ich gerade denke. Der Geist führt den Körper, sagen Sie, meine Gedanken haben eine Richtung. Aber wie genau kommen Sie an die Information der Menschen?

Bleiben wir mal bei dem Beispiel, das ich auch heute Abend auf der Bühne zeigen werde. Da wird eine Stecknadel versteckt - in dem größten zur Verfügung stehenden Raum. Und ich finde diese Stecknadel wieder, egal wie groß das Theater ist, egal wie groß die Stadthalle ist. Mit der Hilfe der Person, die die Nadel zuvor versteckt hat. Es ist so, dass jeder Mensch anders reagiert. Der eine drückt, der andere zieht, der andere verändert die Schulterhaltung, der andere macht das mit den Augen. Es ist jeder Mensch anders. Da gibt es keine klaren Vokabeln.


Dennoch. Sie müssen eine besondere Gabe haben. Ein ausgeprägtes Talent. Schließlich behaupten Sie nicht nur in der Lage zu sein, die Gefühlsregung eines Menschen oder die Richtung seiner Gedanken lesen zu können. Tatsächlich schaffen Sie es immer wieder, die exakte Zahl oder den Namen zu nennen, an den Ihre Testperson gerade denkt. Wenn das alle könnten, bräuchten wir uns ja gar nicht mehr zu unterhalten. Also, welche Zutat bringen Sie noch mit fürs Gedankenlesen?

Also, in dem Moment ist meine Intuition gefragt. Ich muss das einfach so oft gemacht haben, dass ich es... weiß.Wenn ich vorn auf der Bühne stehe, dann denke ich nicht mehr, sondern ich mach' einfach nur noch. Ich mache das intuitiv, ich lasse mich leiten. Ich denke nicht, sondern ich fühle.


Wie wir uns selbst verraten

 

Ihr Buch „Ich weiß, was Du denkst“ könnte man als eine Art Grundkurs für Gedankenleser bezeichnen. Dort beschreiben Sie, dass wir Menschen, unbewusst und ungewollt, sehr viele unserer Gedanken und Gefühle verraten, ohne dass wir sie aussprechen. Unsere Körperhaltung, unsere Mimik, ja selbst die nicht zu beeinflussende Größe unserer Pupillen verraten, was wir eigentlich denken. Kann das Entschlüsseln jeder lernen?

Ich denke, das ist es etwas, was viele Menschen lernen können. Die müssen das gar nicht mal so perfektionieren wie ich. Muss ja nicht gleich jeder damit auf der Bühne stehen. Aber auch im Privatleben können sie das unglaublich gut anwenden.Gerade die Macht der Sprache. Das ist ja etwas, was wir gar nicht lernen müssen. Wir müssen nur wissen, wie es funktioniert.Dann können wir gewisse Dinge einfach besser machen.

 

Die Macht der Sprache. Weshalb verleiht uns ausgerechnet die Sprache Macht?

Weil die Sprache "verkleidete Gedanken" ist.Also, wenn ich etwas von Dir will, dann spreche ich mit Dir. Und je nachdem wie ich Dir etwas sage, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du es auch tust, höher oder niedriger.Wichtig ist auch: Das, was wir mit dem Körper nicht sagen, sagen wir mit der Sprache. Und umgekehrt. Was wir mit der Sprache nicht sagen, sagen wir mit dem Körper.Das ist so eine Einheit - Körper und Sprache. Und wenn da etwas nicht stimmt, dann nennt man das Inkongruenz und die bemerken wir sofort


"Ich weiß, was Du denkst." Das ist ja nun ein Satz, den so mancher Ehemann schon von seiner Frau gehört haben mag. Haben Frauen feinere Antennen für das Unausgesprochene?

Frauen sind einfühlsamer, sie können sich besser einfühlen. Sie spüren,welche Worte gerade bei dem anderen zünden.Das ist in der Kommunikation einfach wichtig. Denn Kommunikation ist nicht, was ich sage, sondern was bei dem anderen ankommt. Und wenn man weiß, was bei dem anderen ankommt, bevor man es sagt, dann ist man natürlich im Vorteil.


Wie wir unsere eigenen Gedanken nutzen können

 

Die Gedanken der anderen zu erkennen, kann uns also nützlich sein. Im Geschäft, in der Liebe, bei Verhandlungen. Aber kann ich mir denn auch meine eigenen Gedanken zu nutze machen?

Wenn ich weiß, dass die Energie der Aufmerksamkeit folgt, dass meine Gedanken eine Richtung haben, dass der Körper einer Richtung folgt, dann muss man das nur mal eine Ebene höher bringen. Dann wird das Ganze nämlich wirklich unglaublich: Du konzentrierst Dich auf eine Sache und wenn Du das richtig machst, wird es für Dich leichter, diese Sache zu erreichen, als wenn Du es nicht machst. Daafür gibt es zwar keine Garantie, aber mit der richtigen inneren Einstellung kannst Du einen Turbo einschalten.


Bleibt festzuhalten: Das Gedankenlesen à la Thorsten Havener hat nichts mit Zauberei, übersinnlichen Kräften oder magischem Können zu tun. Um seinen Mitmenschen ein klein wenig hinter die Stirn schauen zu können, sollte man einfach genau hinhören und hinschauen. Mit ein bisschen Training, Menschenkenntnis und einer großen Portion Intuition bleiben uns die kleinen verräterischen Hinweise auf die wahren Gedanken unserer Vorgesetzten und Verhandlungspartner nicht länger verborgen. Und vielleicht kann dann auch mal ein Ehemann sagen: „Ich weiß, was du denkst!“ Eine Vorstellung, bei der sich Susanne Dreisbach eher unwohl fühlen würde.

 


Susanne Dreisbach, wissen.de-Redaktion
 

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