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Der unbekannte Zweite oder Namenlose Helden der Geschichte (Podcast 100)

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Viele große Geschichten in der Geschichte der Menschheit haben nur einen "Hauptdarsteller". So scheint es. Und seinen Namen kennen viele. Doch oft hat er sein Ziel – seine heldenhafte Leistung – nicht im Alleingang erreicht. Er hatte einen Helfer – einen, der es ihm erst möglich macht, der Held, der Erste zu sein. wissen.de-Autorin Tina Denecken hat sich auf die Suche nach den ewigen Zweiten, den  "namenlosen" Helden der Geschichte gemacht. Hören Sie heute ihren Beitrag „Der unbekannte Zweite oder Namenlose Helden der Geschichte“.

 

„Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein riesiger Schritt für die Menschheit“

 

Am 20. Juli 1969 setzt zum ersten Mal ein Mensch den Fuß auf den staubigen Boden des Mondes: Neil Armstrong. Jeder kennt seinen Namen, jeder hat ein passendes Bild vor Augen, jeder hat seine berühmten Worte im Ohr. Der erste Mann auf dem Mond also. Streng genommen ist das korrekt, denn einer muss schließlich als erster die Raumkapsel verlassen. Aber alleine ist er nicht: Edwin „Buzz“ Aldrin ist an seiner Seite. Er verlässt die Mondfähre etwa 20 Minuten später. Michael Collins ist der dritte Mann dieser Pioniersfahrt, bleibt allerdings an Bord des Mutterschiffs. Serviert uns eine Formulierung alle drei Namen in einem Guss, klingt dies noch so manchem vertraut. Nennt man den Einzelnen, so ist es doch im Allgemeinen nur der eine Name, der untrennbar mit dem Gedanken an die Mondlandung verwoben ist: Neil Armstrong!
Und Aldrin? Edwin Eugene Aldrin, Junior, Jahrgang 1930, stammt aus Montclair, New Jersey, ist der Sohn eines Armeefliegerpiloten und geht schon als Drei-Käse-Hoch mit an Bord eines Dienstflugszeugs. Später leistet er seinen Dienst bei der US Air Force und widmet sich nach seinem Lufteinsatz im Koreakrieg dem Studium der Raumfahrttechnik. Im Herbst 1963 präsentiert die NASA der Öffentlichkeit die 14 Astronauten der dritten Generation. Edwin Aldrin ist einer von ihnen.
Er wird zum verantwortlichen Piloten des Raumschiffs Apollo 8 ernannt – der Name des Ersatzkommandanten lautet Neil Armstrong! Dem weiteren Verlauf seiner NASA-Karriere entsprechend wird Aldrin auch als Pilot der Apollo 11 aufgestellt. Als erster die Mondoberfläche betreten aber soll Kommandant Armstrong.
Den festen Boden, den Aldrin nach seiner Rückkehr vom Mond wieder unter den Füßen spürt, verliert er in späteren Jahren vorübergehend. Denn sein Leben ist nicht nur geprägt von Höhen, von Superlativen und hoch angesehenen Publikationen nach Abschluss seiner NASA-Karriere. Seine wohl größte Leistung ist die Überwindung von Depressionen, Alkohol- und Medikamentensucht.

 

„irgendwo zwischen unerwarteter Ehrlichkeit und totalem Realitätsverlust“

 

Es ist ein Name, der genannt wird, geht es um die Frage, wer in der Welt der Informationstechnologie die Krone trägt: Bill Gates, Gründer der Microsoft Corporation, US-amerikanischer Unternehmer, genialer Programmierer und der reichste Mensch dieses Planeten. Diesen Status zu erreichen scheint undenkbar – ohne Partner und ohne Konkurrenten.

Mitgründer des Softwareunternehmens ist Paul Allen, der bereits zu Schulzeiten freundschaftlich mit Bill Gates verbunden ist und als „der Visionär der vernetzten Welt“ in die Geschichte eingehen sollte. Seine Geschichte aber dringt allenthalben in das Bewusstsein jener, die sich in genau dieser Welt bewegen, und kaum in das Bewusstsein der breiten Masse.

Allen besuchte die Washington State University, brach sein Studium aber nach vier Semestern ab, um sich der Software-Programmierung für den damals neuen „Personal Computer“ zu widmen. Auf sein Drängen hin verließ auch wenig später Bill Gates das Harvard College, um gemeinsam das Unternehmen Microsoft zu gründen. Nach Allens Ausstieg betätigte er sich vornehmlich als Geschäftsmann und Teambesitzer im Profisport sowie als finanzieller Förderer medizinischer, wissenschaftlicher und technologischer Arbeiten. 1986 gründete er die „Paul G. Allen Familiy Foundation“ – über diese Stiftung fließen jährlich um die 30 Millionen Dollar in ausgewählte Projekte. Aber in der Welt der Informations- und Kommunikationstechnologie war und bleibt Allen zu Hause: an etwa 140 Unternehmen dieser Branche ist jener „Mann neben Bill Gates“ beteiligt!

Vergessen wir nicht, dass auch Microsoft nicht das einzige Unternehmen ist, das in der Computerbranche den Ton angibt: Apple Inc., früher Apple Computer Company, nimmt in mehrerlei Hinsicht eine Vorreiterposition ein – die Maus ist ein beliebtes Beispiel. Aber wer gilt als Kopf von Apple Inc.? Wer gilt weitläufig als Bill Gates schärfster Konkurrent? Viele können ihn beim Namen nennen – jedoch bei Weitem nicht jeder: Steve Jobs, Gründer, nein, Mitgründer des Unternehmens. Das wahre Genie, das sich hinter dem Logo des angebissenen Apfels verbirgt, heißt Steve Wozniak – Erschaffer des Apple I und II, Prototyp des versierten „Hackers“ und eben jenes Gründungsmitglied, das mit kreativem und technischem Sachverstand die Weichen stellte, auf denen sich Apple Inc. den Weg bahnte, sich zu einer der wertvollsten Marken unserer Zeit zu entwickeln.

Die gegensätzlichen Charaktere von Jobs und Wozniak, genannt „The Woz“, wurden immer wieder gerne hervorgehoben. Oft sollen sie sich überworfen haben. Wozniak interessierte sich seit jeher für Philosophie, die humanitäre Einstellung sowie grundsätzliche ethische und moralische Fragen. Man schreibt es seiner „Schüchternheit“ zu, damals als er seine ersten Computer zu entwerfen begann, dass er sich schwer daran tat, bei Chip-Firmen nach den Bauteilen zu fragen, die er für seine Konstruktionen benötigte. Und hier kommen andere Persönlichkeiten ins Spiel – Persönlichkeiten wie Steve Jobs, die sich durchsetzen, und deren Namen sich am Ende bei uns eingebrannt haben.

 

„Unsere Stärke liegt in der Einheit“

 

So lautet der Titel einer der Publikationen Fidel Castros. Und eine Einheit sind sie immer gewesen, Fidel und Raúl – Brüder im Stammbaum und Brüder im Geiste. Immer war die Rede von Fidel – oder von Fidel und seinen Gefährten. Geschichtsbücher und Zeitungsberichte zeigen Che Guevara an der Seite jener Persönlichkeit, der vielen als Staatsmann, vielen aber auch als Schurke ein Begriff ist, der ein halbes Jahrhundert die Geschicke Kubas lenkte, als Revolutionsführer gegen Batista, als Staatspräsident und als Diktator.

Einer der führenden Köpfe der kubanischen Revolution war der jüngste der drei Castro-Brüder: Raúl – auch auf etlichen Bildern an des Seite des „Comandante“, weniger staatsmännisch anmutend als sein Bruder, weniger charismatisch als sein damaliger Freund Che. Raúl und Che gemeinsam waren die treibende Kraft bei der Verbrüderung mit den sozialistischen Staaten, während Fidel anfangs skeptisch war.

Der Personenkult um Fidel entstand nach Plan: ständige Medienpräsenz, oft in Verbindung mit Nationalsymbolen, mit anderen Persönlichkeiten und unter eingängigen Parolen. Che ist lange tot und sein Konterfei ziert bis heute Wände, Poster und T-Shirts – sogar in unseren Straßen! Und Raúl? Das Gründungsmitglied der „Bewegung des 26. Juli“, der einst aktive Studentenführer, ideologische Hardliner, der nach dem gescheiterten Versuch, den Justizpalast einzunehmen, zu dreizehn Jahren verurteilt und nur aufgrund einer Generalamnestie vorzeitig entlassen wurde – Raúl, der ab 1959 als Vize-Premierminister und danach Vizepräsident des Staatsrates an der Seite seines Bruders arbeitete? Sein Bruder und Stellvertreter, was er ist und schon immer gewesen ist, übernahm 2006, als Fidel erkrankte, die Führung der Partei, den Oberbefehl über die Armee und 2008 auch das Amt des Staatsoberhauptes. Und dennoch steht er immer noch im Schatten seines Bruders – vermutlich selbst dann noch, wenn jener eines Tages den Kampf gegen die Krankheit verlieren sollte.

 

Länger, Höher, Messner

 

Auch die Geographie hat ihre Haupt- und Nebendarsteller: Mit 6.671 Kilometern verteidigt der Nil Platz 1 unter den längsten Flüssen der Welt. Es existieren strittige Längenangaben, gemäß derer dem Amazonas dieser Titel gebührte – aber strittig bleibt eben strittig. Der wasserreichste Fluss zu sein aber spricht ihm niemand ab, auch nicht die Tatsache, der längste Fluss Südamerikas zu sein, schließlich durchquert er über 6.448 Kilometern nahezu den gesamten Kontinent und mündet bei Brasilien in den Atlantik. Weniger bekannt, jedoch kaum weniger eindrucksvoll ist der Río Paraná, der – durch eine Fülle von Stauseen heute fast gänzlich seiner ursprünglichen Form beraubt – die Grenze zwischen Brasilien und Paraguay sowie zwischen Paraguay und Argentinien bildet und in den Río de la Plata übergeht.

Am höchsten hinaus will der Mount Everest mit 8.848 Metern – gemessen von der Meeresoberfläche. Wählt man als Ansatz den Erdmittelpunkt, verändert sich die Rangliste: hier nämlich überragt der Chimborazo in Ecuador den Mount Everest immerhin um mehr als zwei Kilometer und bildet den Punkt der geozentrischen Maximaldistanz.

Als höchster Berg der Alpen gilt der „Weiße Berg“, besser bekannt als Mont Blanc. Die Gipfelregion mit 4.810 Metern beanspruchen die Franzosen für sich. Während Italien darauf beharrt, die Landesgrenze verlaufe exakt über den Gipfel. Und auch im Kampf um die – jenen nicht „Bergbewanderten“ weitaus weniger bekannten – Dufourspitze, zieht Italien den Kürzeren: Denn die höchste Spitze des an der Landesgrenze zu Italien liegenden Monte-Rosa-Massivs reckt sein Haupt in schweizerische Höhen.

Mit dem ersten Menschen, der jemals auf den Gipfeln aller Achttausender stand, verbindet heute jeder ein Gesicht und einen Namen: Reinhold Messner. Auch dass während einer seiner Expeditionen – es war der Nanga Parbat – jemand sein Leben ließ, assoziiert die Mehrheit mit Messner. Sein Bruder verunglückte – so erzählt man sich.

Günther Messner, so sein Name, galt zu seiner Zeit als einer der besten Bergsteiger der Welt. Viele Jahre lang war es der Seilpartner seines Bruders und bewältigte mit ihm die schwierigsten Passagen im Alpenraum. Trotzdem war er zunächst nicht für die Teilnahme an der Nanga-Parbat-Expedition 1970 eingeplant. Nach einer Absage rückte er nach – und sollte nie zurückkehren.

Was Günther Messner der Geschichte hinterlässt, ist eine „Version“ der dramatischen Ereignisse, die Reinhold Messner schildert. Umstritten. Und vergessen. Denn Geschichten genügt am Ende vielleicht doch nur Eines: der Hauptdarsteller.

 

Tina Denecken, wissen.de-Redaktion
 

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