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Tomaten am Südpol: Das erste Gewächshaus der Antarktis

Es steht inmitten der Eiswüste der Antarktis, bei frostigen Minusgraden und beißendem Wind: das erste Gewächshaus der Antarktis. Seit März 2015 versorgt dieser speziell isolierte Kleingarten die Besatzung der chinesischen Great-Wall-Station täglich mit Tomaten, Gurken, grünem Pfeffer, Salat und verschiedenen Kräutern. Wie das funktioniert und wie es dazu kam, erzählt diese kleine Chronik.
ABOPR/ Evonik, 10.12.2015

Packeis, das sich knirschend durch das Wasser schiebt, beißend kalte Windböen, die über die Eisberge fegen, Temperaturen bis weit unter dem Gefrierpunkt: Solch extremen Wetterbedingungen sind nicht nur die Pinguine auf dem 62. Grad südlicher Breite ausgesetzt. Auch Wissenschaftler aus Ländern wie Chile, Russland oder China bleiben oft mehrere Monate in den Forschungsstationen des höchsten, trockensten, windigsten und kältesten Wüstenkontinents – und sehnen sich nach frischem Gemüse.

Die chinesische Great Wall Station auf King George Island, der größten Insel im Archipel der Südlichen Shetlandinseln in der Antarktis.

Eine Region, in der selbst im Sommer Temperaturen von weit unter -30 °C herrschen und eisige Winde über die Ebenen fegen, ist nicht gerade für den Gemüseanbau prädestiniert. Es sei denn, man findet ein Material, dem trockener Schnee, Sturmböen von bis zu 320 Kilometern pro Stunde und geringer Lichteinfall nichts anhaben können.

Oktober 2012: Suche nach dem Material

Um dem Bedarf der auf der König-Georg-Insel tätigen Forscher an frischem Gemüse nachzukommen und gleichzeitig die umständlichen Versorgungsflüge per Helikopter aus dem über 1.300 Kilometer entfernten Punta Arenas in Chile zu reduzieren, hat das Polar Research Institute of China den Gewächshausbauer Shanghai Dushi Green Co. damit beauftragt, ein Treibhaus zu bauen, das den widrigen Witterungsverhältnissen vor Ort standhält. Die Suche nach dem „perfekten“ Material beginnt.

Oktober 2014: Plexiglas® auf Reisen

Nach gut zwei Jahren entscheiden sich die Ingenieure schließlich für ein Plexiglas® -Material von Evonik in Essen, das bereits bei vielen Gewächshäusern in Europa, Nordamerika und auch Asien eingesetzt wurde. "Wir haben dabei sehr gute Erfahrungen gemacht", erklärt Weimin Wang, Betreuer des Projektes bei Evonik. "Plexiglas verfügt über eine hohe UV- und Witterungsbeständigkeit, die im ewigen Eis unbedingt nötig ist."

Rund 600 Quadratmeter Plexiglas® werden via Flugzeug schließlich nach Chile und von dort aus per Schiff auf die König-Georg-Insel transportiert. Allein diese Fahrt nimmt über zwei Monate in Anspruch, da sich der Frachter zum Ende der Reise zwischen Eisbergen, -schollen und Packeis durchkämpfen muss. Über 90 Prozent der weitläufigen Antarktis bestehen aus einem Eisschild, der damit die größte eigenständige Eismasse der Erde ausmacht.

Das 50 Quadratmeter große Gewächshaus an der Great Wall Station versorgt chinesische Wissenschaftler mit frischem Gemüse.

Evonik

Dezember 2014: Dem Wind trotzen

Endlich erreicht das Versorgungsschiff die Insel im Südatlantischen Ozean. Projektleiter Wang delegiert den Aufbau des Gewächshauses mit seiner Mannschaft. Nach nur sechs Wochen Arbeit in der Kälte und der Dunkelheit, die das Land von Juni bis Dezember beherrscht, sind die Stegplatten schließlich auf ein speziell entwickeltes Aluminiumprofil aufgebracht, das zur Verstärkung der Konstruktion genau auf die Geometrie des Materials abgestimmt wurde. So wird eine feste Verankerung der Stegplatten garantiert – nicht zu unterschätzen bei Stürmen, an die man sich anlehnen kann.

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