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Tourismus in Afrika

Unkontrollierter Tourismus warf lange Zeit seine Schatten auf Afrika. Neue Perspektiven für Menschen und Natur versprechen junge Tourismusprojekte im Zeichen der Nachhaltigkeit – vom Fair-Trade-Urlaub in Südafrika bis zum Bird Watching in Burkina Faso...
von wissen.de-Autorin Monika Wittmann

Afrika: Kontinent der Vielfalt

 

Löwenrudel in der Savanne
Fotolia.com/Dirk Oesterreich

Mit über 30 Millionen km² ist Afrika der drittgrößte und vermutlich der abwechslungsreichste Kontinent der Erde. Völlig unterschiedliche Landschaften wie tropischer Regenwald, Wüste, Savanne oder mediterrane Vegetationszonen laden zum Kennenlernen und Entdecken ein. Dagegen wirken die Hochglanzfotos in Pauschalreise-Prospekten mehrheitlich wie aus einem Guss geschaffen. Neben Sommer-Sonne-Strand stechen vor allem Schnapp-Schüsse der schon von den Großwildjägern gern ins Visier genommenen „Großen Fünf“ Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard hervor.

Doch der dunkle Kontinent ist wesentlich facettenreicher als das Bild, das sich die westlichen Industrieländern gemeinhin von ihm machen: In 53 Staaten lebt rund 1 Milliarde Menschen aus 3000 verschiedenen Bevölkerungsgruppen und mit über 2000 Sprachen. Ihre Lebenswelt reicht von der Millionenstadt bis zum umherziehenden Nomadenstamm.

 

Köcherbaum in Namibia
shutterstock.com/EcoPrint

Ebenso vielfältig wie die Kultur ist auch die Natur. Viele Regionen sind Heimat ausschließlich hier vorkommender endemischer Tier- oder Pflanzenarten. So gedeiht die absonderliche Welwitchie mirabilis weltweit einzig in der Nebelwüste Namib zwischen Angola und Namibia. Das lebende Fossil, das 1000 bis 2000 Jahre alt werden kann, hat nur zwei Blätter, die jedoch bis zu acht Meter lang wachsen und sich immer weiter aufspalten können.

 

Öko-Urlaub im Aufwind

Lange Jahre zeigten Afrika-Reiseveranstalter allerdings wenig Interesse, kulturelle und landschaftliche Nischen zu bewahren. Stattdessen setzte der Fremdenverkehr im großen Stil dem Kontinent stark zu: Gestiegene Lebensmittelpreise in Touristenhochburgen, unkontrollierte Wasserverschwendung in Hotelkomplexen oder aus ihrer Heimat in der Wüste Kalahari vertriebene Menschen vom Volk der San – Mensch und Natur litten häufig, während ausländische Investoren die Profite einstrichen.

 

Massai Familie vor ihrer Hütte
shutterstock.com/Birute Vijeikiene

Heute weht ein neuer Wind in Richtung Öko-Tourismus. Immer mehr Staaten und Organisationen sehen in sanftem Tourismus die Chance, die Lebensbedingungen der Einheimischen zu verbessern. Eines der Prestigeobjekte ist die exklusive Il Ngwesi Lodge in Kenia, wo schon Prinz William um die Hand seiner Kate anhielt. Besitzer und Manager sind die Massai. Die Einnahmen fließen direkt in das nahe gelegene 650-Seelen-Dorf und ermöglichen unter anderem Schulen und medizinische Versorgung.

Standards setzt Südafrika mit einem Fair-Trade-Label im Fremdenverkehr. Hauptkriterium für das Güte-Siegel: Faire Löhne. Die Einnahmen sollen den Menschen vor Ort zugute kommenen. Davon abgesehen ist das Angebot denkbar unterschiedlich, es reicht vom Walbeobachten über Township-Touren bis zur Öko-Safari.

In Namibia ist der Fremdenverkehr zugunsten lokaler Gemeinschaften unter der Dachorganisation NACOBTA (Namibia Community Based Tourism Assistance) auf dem Vormarsch. Gästefarmen, Muliwanderungen oder Survival Trips laden ebenso ein wie die komfortable Grootberg Lodge an den Hängen des Endeka-Hochplateaus. Der Ausblick auf Bergzebras, Löwen, Geparden, Giraffen und die seltenen schwarzen Nashörner ist hier inbegriffen.

 

Sanfter Tourismus als Chance

Und auch kleinere, touristisch bislang weniger erschlossene Länder sehen ihre Chance in zahlenden Gästen. Die UN-Tourismusorganisation UN-WTO hat 2002 unter dem Namen ST-EP ein Programm zur Armutsbekämpfung begründet. Individualreisende, die Afrika abseits bekannter Touristikpfade kennenlernen wollen, finden im Projekt-Portfolio zahlreiche Urlaubsideen.

So bietet Burkina Faso Trips zum Beobachten der tropischen Vogelwelt. Rund 350 Vogelarten wie Trappen, Watvögel oder Ibisse leben im Nationalpark "W" im Dreiländereck zwischen Niger, Burkina Faso und Benin.

Ghana wirbt neben den landschaftlichen Schönheiten seiner Westküste auch mit der Gelegenheit zum Mountainbiken. Fahrrad-Verleihstellen und ausgeschilderte mehrstündige Touren machen es möglich.

 

Neue Wege gegen die Armut

Wer weniger Land und mehr Leute erleben will, kann dies zum Beispiel in Äthiopien. Die Stammesgemeinschaft der Dorze in Chencha beeindruckt nicht nur durch ihre Webwaren, sondern auch durch ihre kunstvoll geflochtenen, an Bienenkörbe erinnernden Bambushütten.

Und im „Land der 1000 Hügel“ Ruanda soll der 270 km lange Kongo-Nil-Trail Besuchern die Schönheiten eines der ärmsten Länder Afrikas erschließen. Der ruandesische Tourismusverband lädt auf seiner Webseite darüber hinaus zu einer Reihe von Tagestouren durch den Nyungwe-Bergregenwald ein. Wie die Organisatoren augenzwinkernd feststellen, sind die Wanderwege in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die Namen wie Igishigishigi oder Kamiranzovu Sumpf tragen, weniger hals- als vielmehr zungenbrecherisch.

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