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Sind Oma und Opa heute noch gefragt?
Trotz Kita und Co werden heute noch immer über 50 Prozent aller Kinder bis sechs Jahre regelmäßig oder je nach Bedarf von Oma und Opa betreut. Für viele Eltern ist es selbstverständlich, dass die Großeltern ihren Kindern unter die Arme greifen, indem sie bei der Betreuung ihrer Enkel helfen. Die Betreuung durch Oma und Opa gilt zudem als bereichernd und wirkt sich positiv auf die Psyche der Kleinen aus – so die landläufige Annahme.
Ob das tatsächlich der Fall ist, wurde aber bisher wissenschaftlich kaum untersucht. Auch darüber, welche Auswirkungen so eine Unterstützung auf die Entwicklung der Enkel hat, gibt es nur wenige Studien. Daher haben das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und das Deutsche Institut für Wirtschafsforschung (DIW) jetzt genauer untersucht, wie wichtig Oma und Opa heute noch für die Betreuung ihrer Enkel sind und welche Auswirkungen so eine Betreuung hat.
In dem Forschungsprojekt „Oma und Opa gefragt?“ analysierten die Wissenschaftler dazu Datensätze einer großen Partner- und Familienforschungsstudie sowie einer jährlichen Familienbefragung aus über 20 Jahren, von 1997 bis 2020.
Großeltern als Helfer wichtig
Das Forschungsprojekt wollte in einem ersten Schwerpunkt vor allem herausfinden, wie wichtig die Großeltern als Helfer in der heutigen Zeit noch sind und ob sie nicht zunehmend durch Kitas und Co verdrängt werden. Durch die Ganztagsbetreuung in Kitas und später auch in den Schulen, brauchen die Kinder teilweise bis zum späten Nachmittag keine zusätzliche Betreuung. Heißt das jetzt also, dass die Großeltern spielen keine Rolle mehr spielen?
Überraschenderweise ist dies nicht der Fall. Stattdessen hat sich die Bedeutung der Großeltern kaum verändert, es werden fast genauso viele Kinder regelmäßig durch Oma und Opa betreut wie noch vor 20 Jahren, nämlich über 30 Prozent. Auch das Ausmaß der Betreuung hat sich seit Jahren kaum verändert: Noch immer passen Großeltern im Schnitt acht bis neun Stunden pro Woche auf ihre kleineren Enkel und sechs bis sieben Stunden wöchentlich auf die etwas größeren auf.
Eine besondere Hilfe sind die Großeltern aber auch in Notfällen, wenn plötzlich jemand auf die Kinder aufpassen muss. Hier springen im Schnitt 60 Prozent der Omas und 40 Prozent der Opas ein. Generell sind Großeltern für eine flexible Betreuung, beispielsweise abends, wenn Schulen und Kitas geschlossen sind, unschlagbar. Mehr als die Hälfte aller Eltern darf sich hier über Unterstützung freuen.
Eltern profitieren
Großeltern können ihren eigenen Kindern im Alltag also eine große Hilfe sein, wenn sie regelmäßig oder auch nur ab und zu auf ihre Enkel aufpassen. So ist es nachvollziehbar, dass die meisten Eltern in der Studie angeben, dass sie es als sehr schade empfinden, wenn die Großeltern es nicht schaffen, auch mal auf die Enkel achtzugeben. Am häufigsten nennen sie als Gründe, dass Oma und Opa zu weit weg wohnen oder selber noch berufstätig sind. Zwei Drittel der Eltern wünschen sich, dass ihnen die eigenen Eltern etwas mehr helfen würden.
Dass diese Hilfe tatsächlich Gold wert sein kann, zeigt sich in der Zufriedenheit der Eltern: Die, die Hilfe von den eigenen Eltern bekommen, sind zufriedener mit der Kinderbetreuung und der eigenen Freizeit. Vor allem die Zufriedenheit der Mütter, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern und denen die Hilfe der Großeltern am meisten Arbeit abnimmt, stieg um 14 Prozent an.
Auswirkungen auf die Enkel?
Das wiederum hat positive Auswirkung auf die Kinder, die durch ein entspanntes und zufriedenes Elternhaus sozial und emotional ausgeglichener sein sollen. Ansonsten scheinen Großeltern insgesamt nur recht wenig Einfluss auf die Entwicklung ihrer Enkel zu haben. So verändern sich zum Beispiel die Noten der Enkel weder zu ihrem Vor- noch zu ihrem Nachteil, wenn sie von Oma und Opa betreut werden. Tendenziell scheint aber ihre Gesundheit etwas leiden zu können, wenn die Großeltern beispielweise selber nicht mehr so gesund und beweglich sind.
Außerdem weisen die Kinder, die im Ganztag betreut werden, durch eine zusätzliche Großelternbetreuung tendenziell mehr Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel Hyperaktivität auf. Das liegt aber nicht unmittelbar an den Großeltern, sondern an immer mehr zusätzlichen Betreuungspersonen der Kinder. Über den Tag wechseln sich vormittags verschiedene Betreuer, nachmittags die Großeltern und abends schließlich die Eltern ab. Werden Erzieher in Kita oder Schule sowie Eltern und Großeltern immer mehr untereinander kombiniert und ergänzen sich nur noch, haben die Kinder immer weniger feste Bezugspersonen und können darunter leiden.
Deshalb fordert die Studie, dass es zukünftig weniger Wechsel zwischen verschiedenen Erziehern geben soll, und schlägt vor, Arbeitsplätze dazu so attraktiv zu gestalten, dass die Erzieher einfach automatisch für eine lange Zeit bleiben. So können auch Großeltern weiterhin ihrer wichtigen Aufgabe nachkommen und vor allem die Eltern entlasten.