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200 Jahre Waterloo – Napoleons größte Niederlage

Sie steht bis heute für das ultimative Scheitern: die Schlacht von Waterloo. Denn für Napoleon Bonaparte bedeutete die Niederlage am 18. Juni 1815 das unrühmliche und endgültige Ende seiner Herrschaft. Zum 200. Jubiläum dieser Schlacht wird die Schlacht vor Ort nachgespielt und gleich mehrere Ausstellungen erinnern an das historische Ereignis.
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Eine idyllische Hügellandschaft, grüne Wiesen und Felder und ein kegelförmiges Denkmal, das von einer Löwenstatue gekrönt wird. Unweit des kleinen Orts Waterloo südlich von Brüssel erinnert heute kaum etwas an die blutige Schlacht, die hier vor 200 Jahren tobte. Nur die vielen Touristen, die diesen eher unauffälligen Ort besuchen, deuten darauf hin, dass sich in dieser ländlichen Idylle einst etwas Besonderes ereignete.

Blick vom Löwendenkmal aus über das Schlachtfeld und Tafel mit der Aufstellung der Kontrahenten.

Denn man die lange Treppe zum steilen Kegel des Löwendenkmals hinaufsteigt, hört man ein wahres Wirrwarr der Sprachen – von Chinesisch über Spanisch, Italienisch, Deutsch und Englisch ist alles dabei. Oben angekommen, eröffnet sich nicht nur ein weiter Rundblick. Eine Schautafel zeigt auch, was hier vor 200 Jahren geschah: Hier standen sich am 18. Juni 1815 in einer letzten großen Schlacht die vereinten Truppen der Briten und Preußen denen des französischen Heeres unter Napoleon Bonaparte gegenüber.

Napoleon Bonaparte im Jahr 1812 – auf dem Höhepunkt seiner Macht und drei Jahre vor der Schlacht von Waterloo.

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Die Vorgeschichte

Eigentlich schien bereits alles entschieden: Nachdem Napoleon Bonaparte jahrelang halb Europa mit Krieg überzogen und dabei zahlreiche Nachbarländer seinem Reich einverleibt hatte, wendete sich ab 1812 das Blatt. Sein Russlandfeldzug scheiterte und in der Völkerschlacht bei Leipzig verlor der französische Herrscher 1813 gegen eine Allianz aus verschiedenen deutschen Fürsten, den Briten und Österreichern. Als Folge musste Bonaparte im April 1814 abdanken und wurde auf die Insel Elba verbannt.

Die Alliierten machen sich in der Zwischenzeit daran, Europa neu unter sich aufzuteilen. Unter anderem beim Wiener Kongress handeln Vertreter der verschiedenen Länder und Reiche Grenzen aus und legen den Grundstein für eine neue, friedliche Ordnung in Europa – so dachten sie jedenfalls. Doch Napoleon macht ihnen einen Strich durch die Rechnung: Er flieht Anfang 1815 aus der Verbannung und sammelt erneut ein Heer um sich. Im März schon marschiert er in Paris ein und übernimmt wieder die Macht in Frankreich. Für die vier anderen Großmächte im damaligen Europa – Großbritannien, Preußen, Österreich und Russland -  ist das ein Schlag ins Gesicht. Sie beschließen, den Usurpator gemeinsam zu bekämpfen und setzen ihre Heere in Marsch.  

Auf dem Weg zur Schlacht

Napoleon erfährt, dass die Alliierten im Juli 1815 einen großen Angriff auf ihn planen und handelt sofort: Anfang Juni setzt er seine Truppen in Bewegung und zieht Richtung Belgien. Am 16. Juni kommt es zu einem ersten Kampf zwischen Napoleons Truppen und den von Marschall Blücher angeführten Preußen. Das preußische Heer wird empfindlich geschlagen, es verliert mehr als 20.000 Soldaten, während die Verluste auf der französischen Seite ungefähr 7.000 Männer betragen.

Am 17. Juni 1815 zieht Napoleon mit seinem Heer weiter Richtung Waterloo – in strömendem Regen. Das britische Heer unter dem Herzog von Wellington ist bereits in dieser Gegend postiert und wartet auf das Eintreffen der Verstärkung durch die preußischen Truppen. Am Vormittag des 18. Juni ist es dann soweit: Die Schlacht von Waterloo beginnt – zunächst nur zwischen den Truppen Wellingtons und Napoleons.

Die Feldherren Wellington (rechts) und Blücher (links) treffen sich vor der Schlacht.

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Kampf und Niederlage

Am Nachmittag des 18. Juni sieht es für die Briten eher schlecht aus: Unter dem heftigen Artilleriefeuer von Napoleons Truppen fallen immer mehr Soldaten. Die Franzosen kommen den britischen Linien immer näher. In dieser misslichen Lage soll Wellington ausgerufen haben: "Give me Blücher or give me night!" – im Deutschen meist frei übersetzt mit "Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen!".

Und Wellingtons Wunsch wird erhört. Denn nun erreichen auch die preußischen Truppen unter Blücher das Schlachtfeld. Sie verstärken die geschwächte linke Flanke der Briten und gemeinsam drängen die Alliierten die Franzosen zurück. Schließlich muss Napoleon aufgeben: Die französischen Truppen hallten gerade lange genug stand, um ihm bei seiner Flucht zurück nach Paris Rückendeckung zu geben. Zwar gibt es in den folgenden Tagen noch weitere kleinere Gefechte, doch Napoleons Niederlage ist damit besiegelt. Seine 100-Tage-Herrschaft hat ein Ende.

"Die Welt gerettet"

Nach der Schlacht von Waterloo schreibt der Herzog von Wellington seinem Herrscher, dem britischen Prinzregenten und späteren König Georg IV.: "Ihre königliche Hoheit wird damit wieder einmal die Welt gerettet haben." Wellington schreibt damit sehr schmeichelhaft seinem Herrscher eine entscheidende Rolle und letztlich den Ruhm des Sieges zu – wie sich das für einen braven Untertan gehörte.

Der Verlierer der Schlacht, Napoleon Bonaparte, ist da deutlich weniger demütig – Niederlage hin oder her. Er schreibt dem britischen Prinzregenten nicht als unterworfener, sondern eher als vom Unglück verfolgter Gleichgestellter: "Als ein Opfer der Klüngel, die mein Land zerstreuen, und der Feindschaft der stärksten Mächte Europas, habe ich meine politische Karriere beendet und komme nun, wie Themistokles, um mich der Gastfreundschaft des britischen Volkes zu unterwerfen." Napoleon vergleicht sich mit dem griechischen Feldherrn, der nach einer Verbannung um Asyl bei dem Perserkönig Ataxerxes bat – dem damaligen Feind Griechenlands.

Allerdings kommt auch Napoleon nicht ums Schmeicheln herum: "Ich stelle mich unter den Schutz ihrer Gesetze, den ich von ihnen, königliche Hoheit, als dem mächtigsten, beständigsten und großzügigsten meiner Gegner einfordere. Rochefort, 13. Juli 1815. Napoleon." Doch der britische Prinzregent lehnt Napoleons Bitte um Schutz ab. Der französische Herrscher wird zum Exil auf der Insel St. Helena verurteilt und bleibt dort, bis er 1821 stirbt.

Historische Nachstellungen der Schlacht von Waterloo haben Tradition – hier britische Dragoner.

Nachstellung der Schlacht und Streit um eine Gedenkmünze

An den 200. Jahrestag der Schlacht von Waterloo findet am Ort des damaligen Geschehens ein gewaltiges Spektakel statt. Denn an zwei Tagen können Besucher dort die bisher größte historische Nachstellung dieser Schlacht erleben. Bei diesem Reenactment werden 5.000 Statisten, 300 Pferde und 100 Artilleriegeschütze die Schlacht am Originalschauplatz und in allen Einzelheiten nachspielen. 22 Tonnen Schwarzpulver werden dabei verballert. In der Nähe lassen sich zudem die Gehöfte besichtigen, in denen die Heerführer damals vor der Schlacht ihr Quartier bezogen – heute sind die meisten von ihnen kleine Museen.

Eine Anekdote am Rande der 200 Jahr-Feiern: Belgien wollte ursprünglich aus diesem Anlass eine zwei-Euro-Münze mit Waterloo-Motiv prägen. Doch Frankreich legte bei der EU sein Veto ein – als Verlierer der Schlacht fühlten sie sich offensichtlich verletzt, auch wenn sie dies in der offiziellen Begründung nicht zugaben. Belgien musste sich fügen und 68.000 bereits geprägte Münzen wieder einschmelzen.

Belgische 2,50 Euro-Gedenkmünze mit Waterloo-Motiv

Public Domain

Aber die findigen Belgier gaben nicht auf: Sie nutzen nun ein wenig bekanntes Schlupfloch im EU-Recht, dass es den Mitgliedsstaaten erlaubt, Münzen ohne Zustimmung anderer zu prägen, wenn diese keine der gängigen Denominationen aufweisen. Also prägten die Belgier nun einfach ihre Waterloo-Gedenkmotive auf eine 2,50 Euro Münze und schlugen damit dem Protest der Franzosen ein Schnippchen. Immerhin 70.000 dieser Münzen sind nun in Belgien im Umlauf – und gelten auch nur dort als Währung.

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