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50 Jahre Stonewall - das Ereignis, das dem Christopher Street Day seinen Namen gab

In der Nacht des 27. Juni 1969 wurde im New Yorker Stadtteil Greenwich Village Geschichte geschrieben. Denn im Aufstand rund um den Stonewall Inn wehrten sich Schwule, Lesben und Transsexuelle erstmals gegen Polizeiwillkür und Diskriminierung. Die Unruhen in der Christopher Street markierten einen Wendepunkt im Kampf um die Rechte von Homosexuellen und Transgender-Menschen. Bis heute wird mit den Umzügen zum Christopher Street Day an diesen Tag erinnert.
NPO, 27.06.2019

Im Jahr 1969 lebten die meisten Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen ein Leben im Verborgenen. Denn Homosexuelle galten damals als kriminell und krank, Sex zwischen zwei Männern oder zwei Frauen war illegal und konnte mit Gefängnis bestraft werden. Schon der bloße Verdacht reichte oft aus, um diskriminiert zu werden oder seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Begrenzte Freiräume gab es damals nur in Bars und Tanzlokalen, die als Treffpunkt und Partnerbörse dienten. Diese Schwulenbars waren legal, so lange dort keine "anstößigen Dinge" passierten.

Eine Polizeirazzia im Stonewall Inn im New Yorker Szeneviertel Greenwich Village war der Auslöser für den Aufstand von 1969.

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New York Public Library/ Diana Davis, CC-by.sa 3.0

Razzia im Stonewall Inn

Eines dieser Lokale war der Stonewall Inn im New Yorker Viertel Greenwich Village. Er lag an einer der beliebtesten Flaniermeilen der New Yorker Schwulen und Lesben. Doch immer wieder mussten die Besucher damit rechnen, dass Polizeirazzien die Lokale dort durchsuchten, die Personalien der Gäste aufnahmen und einige davon sogar verhafteten. Wie es dabei zuging, schilderte Mark Segal vor kurzem im US-Radio PBS. Er hat als 18-Jähriger den Stonewall-Aufstand in New York miterlebt.

"Ins Stonewall zu gehen war für eine solche Nacht typisch – bis dann die Lichter flackerten und eine Polizeirazzia signalisierten", erinnert sich Segal. "Die Polizisten stürmten herein, stießen die Gäste gegen die Wand, schlugen uns und gaben alle nur erdenklichen Schimpfwörter von sich. Dann suchten sie sich Personen aus, die wohlhabend aussahen, ließen sich deren Brieftasche geben und steckten sich das Geld in die eigene Tasche. Aber was sollten wir tun – die Polizei rufen?"

Aus dem Widerstand wird ein Aufstand

Typischerweise wehrten sich die Besucher der Bars bei solchen Razzien kaum – doch am 27. Juni 1969 kam es anders. Immer mehr Menschen kamen in der Christopher Street zusammen und versuchten, die Polizisten an ihren Schikanen zu hindern. Bald entwickelte sich eine Schlägerei, bei der die Polizisten überwältigt wurden und sich in den Stonewall Inn zurückziehen mussten. "Wir begannen Steine zu werfen, Dosen, alles was wir auf der Straße finden konnten", erzählt Segal. "und zum ersten Mal in der Geschichte waren es dann die Polizisten, die eingesperrt waren, statt uns."

Als die Polizei Verstärkung schickte und begann, auf die Menge einzuschlagen und zahlreiche Protestierende zu verhaften, mischten sich weitere Umstehende ein – ein Aufstand brach los.  In den Protesten brach sich der Unmut und die Wut über die Diskriminierung und die Schikanen der Polizei Bahn. Die Menge skandierte "Gay Power!" und forderte eine faire Behandlung und gleiche Rechte für Homosexuelle. Die Unruhen hielten zwei Nächte an und mobilisierten tausende Prostierende, gegen die hunderte Polizisten eingesetzt wurden.

Eine weltweite Bewegung beginnt

Die Unruhen in der Christopher Street markieren das erste Mal, dass homosexuelle Menschen sich offen und in Massen gegen ihre Diskriminierung wehrten. Die Razzia im Stonewall Inn erwies sich als der Tropfen, der das berühmte Fass zum Überlaufen brachte. "Dies kam nach jahrelanger Unterdrückung durch Gesetze, die die homosexuelle Gemeinschaft kleinhalten sollten", erklärt Beverly Tillery vom Anti-Violence Project in PBS. "Diese Kriminalisierung bildete die Basis sowohl der Unterdrückung als auch der Stonewall- Aufstände."

Die Unruhen setzten ein Signal, das weit über New York hinaus Wirkung zeigte. Schon wenige Wochen später wurde erst in New York, dann in vielen weiteren US-Städten die Gay Liberation Front gegründet – ein politische Organisation, die offen und nachdrücklich für die Rechte der Lesben und Schwulen eintrat. Die Stonewall-Aufstände bildeten damit einen Wendepunkt im Kampf um gleiche Rechte für Homosexuelle – dieser Kampf war nun öffentlich und wurde schnell international.

Bis heute erinnern in vielen Städten weltweit alljährlich Pride-Paraden an den Stonewall-Aufstand.

iStock.com, Marc Bruxelle

Gay Pride und Christopher Street Day

Was im Stonewall Inn begann, legte den Grundstein für eine Bewegung, die im Laufe der folgenden Jahre und Jahrzehnte immer mehr Gleichberechtigung und Rechte für Homosexuelle und Transgender-Menschen erstritt. Gleichzeitig etablierte sich mit Stonewall ein neues Selbstbewusstsein.  Im Laufe der Zeit setzte sich auch durch das Engagement dieser Bewegung die Erkenntnis durch, dass Homosexualität weder krankhaft, noch durch Therapien "kurierbar" ist, sondern einfach eine natürliche Spielart der menschlichen Sexualität.

Bis heute erinnern in vielen Städten weltweit alljährlich Umzüge an den Stonewall-Aufstand und an diesen wichtigen Start- und Wendepunkt der Homosexuellenbewegung. Die Paraden zum Christopher Street Day, auch "Gay Pride" genannt, sollen aber auch die Vielfalt von Schwulen, Lesben und Transgender-Menschen zeigen – und auch noch bestehende Missstände und Diskriminierungen aufmerksam machen.

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