wissen.de Artikel

And then we swam – Wie zwei Briten über den Indischen Ozean ruderten

In einem kleinen Boot über einen ganzen Ozean rudern: Das klingt wie eine total verrückte Idee und ist es auch. Doch genau das haben zwei Briten mal eben versucht. Der Dokumentarfilm „And then we swam“ erzählt nun die abenteuerliche Geschichte ihrer Tour in einer "Nussschale" über Indischen Ozean – bei der so einiges gründlich schief ging.
MAH

Studium abgeschlossen, eintönige Jobs und ein schlechtes Wohnviertel: James Adair und Ben Stenning können viele Gründe aufzählen, die sie zu ihrer Reise motivierten. Also warum nicht einfach über den Indischen Ozean rudern? Eine echte Schnapsidee, auf die die beiden Briten da eines Tages in nicht ganz nüchternem Zustand kamen. Ausschlaggebend für ihren Entschluss war ein Zeitungsartikel über einen Briten, der zwischen Peru und Australien fast 13.000 Kilometer alleine im Ruderboot zurücklegte. Wenn der das konnte, dann konnten sie das auch, überlegten sich die Beiden.

James Adair (links) und Ben Stenning (rechts), die Besatzung der "Indian Runner".

James Adair, Steep Edge

Gesagt, getan.

Wie zu erwarten, wollte zunächst keiner glauben, dass Adair und Stenning diese Idee tatsächlich umsetzen würden. Denn die Beiden hatten weder ein Boot, noch hatten sie jemals Erfahrung mit dem Rudern gemacht. Doch sie waren fest entschlossen allen Zweiflern das Gegenteil beweisen.

Es dauerte noch einige Jahre, bis das Geld beisammen war, aber dann besiegelten die beiden Abenteurer ihre Entscheidung mit dem Kauf der „Indian Runner“, einem Boot für etwa 20.000 Euro. Etwas Erfahrung im Rudern haben sie dann auch noch im Schnelldurchgang gesammelt – im Fitnessstudio und im Ruderboot auf der Themse. Am 21. April war es dann soweit: Sie legten in Westaustralien ab und nahmen Kurs auf  Mauritius.

116 Tage allein auf offenem Ozean

Und dann ruderten sie einfach los: Jeder war zwei Stunden dran, dann der nächste und nachts das gleiche im dreistündigen Takt. Wasser filterten sie selbst und stellten so aus Meerwasser Trinkwasser her. Wenn ihnen langweilig wurde lernten sie Gedichte auswendig, trugen sie sich gegenseitig vor oder lasen aus Herman Melvilles „Moby Dick“. Jeden Sonntag hörten sie zur Feier des Tages gemeinsam den BBC World Service.

Richtig langweilig wurde ihnen jedoch selten. „Das Meer verändert sich ständig, mal ist es glasklar und ruhig mal aufgewühlt und sehr rau. Ich bin nicht müde geworden, mir diese Stimmungswechsel immer wieder anzusehen“, berichtet Adair gegenüber GEO. „Außerdem waren wir ja nicht allein. Wir hatten Delfine, Wale, Haie und Vögel, die teilweise ganze Tage in der Nähe vom Boot waren und für Unterhaltung gesorgt haben“, fügt Stenning hinzu.

Was schiefgehen konnte, ging schief

Die Abenteurer hatten die Hälfte schon geschafft, als eine große Welle ihr Boot traf und die Kabine überflutete. Dabei gingen prompt die wichtigsten Geräte an Bord kaputt: die Wasserpumpe und das GPS-Gerät. Während Adair und Stenning die Entsalzungspumpe reparieren konnten, blieb das moderne GPS-Gerät tot.

Glücklicherweise hatten sie ein zweites GPS-Gerät dabei, das per Batterien angetrieben werden konnte – allerdings reichten diese nur noch für sechzehn Stunden, also nicht einmal einem Bruchteil der restlichen Zeit. Als einzige Lösung blieb  den beiden übrig, mit der Energie zu haushalten: Sie warfen das Gerät nur alle sechs Stunden einmal an, um die Koordinaten zu überprüfen.

And then we swam…

Gefährliche Schönheit: Mauritius, das Ziel der Reise, ist von Riffen umgeben.

extremetravel, thinkstock

3.600 Kilometer über den Ozean - Adair und Stenning waren schon fast am Ziel und versuchten die Insel Mauritius anzusteuern, die von Riffen umgeben und daher schwer erreichbar ist, als die Reise eine jähe Wendung nahm: „Wir waren auf dem Weg dorthin, das Wetter wurde schlechter und es wurde dunkel, als aus dem Nichts eine riesige Welle auftauchte. Sie brachte das Boot zum Kentern“, erinnert sich Stenning im Interview. Eine als Notsignal abgefeuerte Leuchtrakete traf Adair zudem am Bein und er begann, stark zu bluten.

Doch es half alles nichts: Nachdem das Schiff verloren war, hieß es schwimmen ums eigene Leben – acht Kilometer bis zur Küste von Mauritius. Nach ungefähr zwei Stunden erreichten die beiden Schiffbrüchigen  die Küste, aber ihre Rettung bedeutete das noch lange nicht. Denn die Korallenriffe um die Insel sind so scharfkantig, dass Adair und Stenning sich nicht zum Strand vorkämpfen können. Stattdessen klammern sie sich nur notdürftig am Riff fest.

Doch glücklicherweise war Rettung bereits unterwegs. Denn als der Funkkontakt mit dem Boot verloren ging, hatte man bereits begonnen, nach den beiden Abenteurern zu suchen. Irgendwann sahen sie tatsächlich den Lichtkegel eines Hubschraubers, schafften es aber nicht, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Erst einige Zeit später gelingt dies bei einem Boot, das sie dann tatsächlich retten sollte.

Als nächstes der Pazifik

Vier Jahre ist das jetzt her. Mit ihrer Reise stellten sie nebenher noch einen Weltrekord auf: Das erste Mal ruderte ein Paar ohne Beiboot über den indischen Ozean. Inzwischen haben sich die zwei die Castaway-Bärte wieder abgeschnitten und planen bereits die nächste Ruderetappe über den Pazifik. Noch bis Ende Mai 2015 kann man den Dokumentarfilm „And then we swam“ auf der „Ocean Film Tour“ vereinzelt in Deutschland sehen.

Trailer zum Dokumentarfilm "And then we swam" auf YouTube:

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon