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Apostel Jakobus: der wahre Jakob

Die Redensart ist inzwischen ein wenig aus der Mode gekommen, weshalb wir sie zuerst erklären wollen. Wenn jemand sagt »Das ist der wahre Jakob«, meint er: Das ist der rechte Kerl, das ist das, was ich gesucht habe, das ist die passende Sache. Wenn dagegen jemand sagt »Du bist mir der wahre Jakob!« meint er ironisch: Na, du bist mir aber ein Angeber, du bist mir gerade der Richtige.

Wer aber ist dieser Jakob? Gemeint ist der heilige Jakobus, der Apostel, der 44 n. Chr. in Jerusalem den Märtyrertod erlitt. Nach einer Legende soll er zwei Jahre lang in Spanien das Christentum verkündet haben, nach einer anderen legten seine Jünger den Leichnam ihres Meisters in ein steuerloses Schiff, das in Padrón, unweit des heutigen Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens, an Land trieb. Wie auch immer: Zwischen 812 und 824 wurden dort angeblich die sterblichen Überreste dieses Jüngers Jesu entdeckt. Schon 844 berichtete ein arabischer Reisender von normannischen Pilgern in dieser Gegend, 850 erschienen bereits fromme Friesen in Santiago - Sant Jago bedeutet ja nichts anderes als heiliger Jakob.

Im reliquiengläubigen Mittelalter setzte nun ein Pilgerstrom ein, der im 11./12. Jahrhundert ungeheure Ausmaße erreichte, ja selbst die großen christlichen Wallfahrtsorte Rom und Jerusalem überrundete. Dadurch ließ sich die berühmte Pilgerstraße über Pamplona, Búrgos und León relativ ungefährdet begehen, weshalb sich auch viele wenig begüterte Leute auf den Weg trauten. Der ein Jahr dauernden Fuß-»Wallfahrt des kleinen Mannes« kam politisch große Bedeutung zu, weil sie half, die muslimischen Mauren, die über die iberische Halbinsel schon bis nach Frankreich gezogen waren, zurückzudrängen. Als ganz Spanien 1492 endgültig von muslimischen Truppen befreit war, wurde im Namen des Hl. Jakobus Südamerika christianisiert, wovon viele Santiagos dort bis heute zeugen.

Als Beleg, dass man wirklich in Santiago gewesen war, kaufte man am Brunnen vor dem Nordportal der Kathedrale eine Muschel, die als Schutzzeichen am Hut oder am Brotbeutel befestigt wurde. Denn der kommerzielle Erfolg hatte früh dazu geführt, dass auch andere Kirchen, etwa im italienischen Monte Grigiano, behaupteten, sie besäßen die echten Gebeine des Heiligen, und mancher Pilger nutzte solch bequeme, weniger aufwendige Alternativen. Doch gegenüber dem »wahren Jakob« in Spanien war derlei nur der »billige Jakob« - weshalb man einen windigen Jahrmarktsverkäufer mit diesem Ausdruck belegte. Die spöttische Bezeichnung erinnert auch an die alttestamentarische Geschichte vom betrügerischen Jakob, der seinem älteren Bruder Esau das Erstgeburtsrecht abluchste, indem er sich vom blinden Vater Isaak den Segen erschlich.

Die Hamburger Redensart »Dat is de ole Jakob mit de nee Mütz« im Sinne von »neuer Wein in alten Schläuchen« hat übrigens ebenfalls einen religiösen Hintergrund: Sie entstand 1820, als der alten Jakobskirche ein neuer Turmhelm aufgesetzt wurde.

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