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Auf Autopilot

„Wie fährt denn der eigentlich?“ Es gibt wohl kaum jemanden, der sich hinter dem Lenkrad nicht beinahe täglich diese wütende rhetorische Frage stellt, weil im Straßenverkehr wieder einmal Wildwestmanieren herrschen. Bald aber könnte die Frage ganz ernsthaft lauten: „Wer fährt denn da eigentlich – und warum macht der das so vorausschauend und fehlerfrei?“ Tatsächlich ist die Forschung so weit, dass der Autopilot in absehbarer Zeit den Wagen steuern könnte.
wissen.de-Autor Dr. Kai Jürgens, Okt. 2012

Es ist ein wohlbekannter Wunsch: einfach in den Wagen einsteigen – und das Fahren übernimmt wie beim Taxi jemand anderes. Nach anstrengenden Tagen, vor Langstrecken oder im Hinblick auf einen geselligen Abend mit zwei Gläsern Wein ist es den meisten Autofahrern ganz recht, wenn jemand anders am Steuer sitzt. Was nicht selten zu kleineren Disputen unter Partnern führt („Du bist dran!“), könnte bald durch den technischen Fortschritt gelöst werden. Schließlich gibt es auch für Verkehrsmittel wie Flugzeug und Schiff die sogenannten Autopiloten, die bestimmte Aufgaben zur Entlastung von Kapitän und Crew übernehmen können. Erstmals 1914 mit noch bescheidenen Fähigkeiten im Flugverkehr eingesetzt, können diese Systeme heute eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen. Allerdings: Von allein zu navigieren vermögen sie nicht. Es handelt sich um Steuerautomaten, die einen eingegebenen Kurs halten und zur Stabilisierung des Fahrzeugs beitragen.

 

Autopilot - der Stand der Technik

Doch was nun für Autos in Erprobung ist, geht einen gehörigen Schritt weiter. In der Fachwelt spricht man vom „autonomen Fahrzeug“, das sich computergesteuert selbstständig seinen Weg sucht – und zwar auf ganz normalen Fahrbahnen, quer durch Städte, über Autobahnen, Landstraßen und Kreuzungen hinweg. Kameras und Sensoren sorgen dabei dafür, dass der Wagen nirgendwo aneckt und sich auch sonst in den Verkehrsfluss eingliedert; ein GPS-System hilft bei der Orientierung. Unterdessen können die Fahrzeuge beachtliche Leistungen erbringen. So legte im September 2011 der modifizierte Passat des Autonomos-Lab der Universität Berlin rund achtzig Kilometer im Wochenendverkehr zurück – und zwar ohne Zwischenfälle. Natürlich befinden sich bei solchen Fahrten immer Passagiere an Bord, die bei Bedarf eingreifen können. Doch der bordeigene Autopilot benötigte offenbar keine Nachhilfestunde.

Unterdessen hat auch der Internetgigant Google experimentiert – und zwar mit einer ganzen Flotte an Fahrzeugen. Dabei haben sie bereits rund 300.000 Meilen zurückgelegt; das sind beinahe eine halbe Million Kilometer. Der Clou: Sie fuhren dabei unfallfrei. Das ist natürlich außerordentlich ermutigend und deutet an, in welchem Ausmaß Fahrzeuge mit Autopilot in absehbarer Zeit auf den Straßen unterwegs sein werden; in Kalifornien sind sie bereits zugelassen. Dennoch, bis zur Markteinführung ist es noch ein weiter Schritt. Dinge wie Eis auf der Fahrbahn und Baustellenschilder machen den Gefährten noch Schwierigkeiten; zudem waren sie bislang bloß in Zweierteams unterwegs. Doch auch andere Firmen und Universtäten arbeiten an den autonomen Fahrzeugen, die nicht zuletzt helfen könnten, die Unfallquote mächtig zu drücken. Denn die wütende Frage „Wie fährt denn der eigentlich?“ dürfte sich bei ihrem akuraten Straßenverhalten eigentlich nicht stellen.

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