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Barbie - eine umstrittene Puppe wird 60

Sie ist die meistverkaufte Puppe der Welt und hat viele Mädchen zumindest eine Zeit lang durch ihr Leben begleitet: Als Barbie vor 60 Jahren das Licht der Welt erblickte, eroberte sie die Kinderzimmer im Sturm. Ihre unrealistischen "Traummaße" und das von ihr vermittelte Frauenbild brachten ihr allerdings immer wieder Kritik ein. Zum Glück ist Barbie inzwischen ein gutes Stück emanzipierter geworden.
DAL, 08.03.2019

In den 60 Jahren seit ihrer Einführung ist um das Spielzeug der Firma Mattel ein ganzes Universum entstanden.

iStock.com, fieldwork

Eine Barbie als Botschafterin – damit täten sich wohl die meisten Frauenrechtlerinnen schwer. Schließlich haftet der Plastikpuppe mit der Wespentaille und den langen Beinen seit jeher das Attribut frauenfeindlich an: zu unerreichbar das Schönheitsideal, das sie verkörpert, zu oberflächlich und einseitig das Bild, das sie von der Rolle des weiblichen Geschlechts vermittelt.

Dabei löste Barbie, als sie im Jahr 1959 auf den Markt kam, in den Kinderzimmern zunächst eine kleine Revolution aus. Denn zuvor gab es vor allem Babypuppen, die schon Mädchen das Einüben der Mutterrolle vereinfachen sollten. Barbara Millicent Roberts, wie Barbie mit vollem Namen heißt, war eine der ersten Puppen mit dem Körper einer erwachsenen Frau. Sie brachte Vielfalt in die Puppenwelt und hatte damit außerordentlich großen Erfolg.

Die unrealistischen Körperformen stehen seit der Präsentation der ersten Barbie-Puppe, hier als Reproduktion zu sehen, in der Kritik.
Eine unrealistische Männerfantasie?

Schnell entstand um das Spielzeug der Firma Mattel ein ganzes Universum. Barbie bekam Schwestern, einen Freund, ihr Traumhaus und vieles mehr. Dabei ging sie in all den Jahren stets mit der Mode: Sie wechselte ihre Haarfarbe von blond zu brünett, trug mal kräftiges, mal dezentes Make-Up und ihre Kleider waren stets in den aktuellen Trendfarben gehalten.

Genau für diese Fokussierung auf Äußerlichkeiten geriet Barbie jedoch in die Kritik. Für mehr als so triviale Themen wie Mode, Make-Up und Frisuren schien in ihrer Welt lange kein Platz zu sein. Hinzu kam, dass ihre übertrieben weibliche Körperform nichts mit dem Aussehen einer realen Frau zu tun hatte. Barbie war eine Frau, wie sie vielleicht in vielen Männerfantasien vorkam, aber nicht im echten Leben, so die Kritik.

Gefährliche "Traummaße"

Tatsächlich wäre die Puppe mit ihren "Traummaßen" gar nicht lebensfähig, rechneten Wissenschaftler vor. Schnell wurde die Sorge laut, diesen Maßen nachzueifern, könne Kinder in die Essstörung treiben. Ein keineswegs aus der Luft gegriffener Gedanke, wie erst kürzlich eine Studie der britischen Universität Sussex bewies.

Demnach haben Mädchen, die mit Barbie spielen, ein geringeres Selbstbewusstsein in Bezug auf ihr Äußeres und einen stärkeren Wunsch nach einem dünneren Körper als andere Mädchen in ihrem Alter. "Diese ultradünnen Figuren sorgen dafür, dass junge Mädchen mit ihrem eigenen Körper nicht mehr so zufrieden sind", berichtet das Forscherteam um die Psychologin Helga Dittmar.

Barbie als Karrierefrau

Eines kann man dem Hersteller Mattel jedoch nicht unterstellen: sich mit solchen Vorwürfen nicht auseinandergesetzt zu haben. So wurde Barbies Körperform im Laufe der Jahre immerhin ein wenig angepasst. Seit 2016 gibt es zudem Puppen mit abweichenden Maßen – in etwas dicker, groß und klein.

Auch das Frauenbild, das Barbie repräsentiert, änderte sich mit der Zeit: Schon in den 1980er und 90er Jahren wurde die Modepuppe emanzipierter. Sie arbeitete als Ärztin, Astronautin und Feuerwehrfrau und kandidierte 1992 sogar für die US-Präsidentschaft. Barbies mit Kopftuch wurden ebenso auf den Markt gebracht wie Barbies mit Afro und Barbies im Rollstuhl.

Orientierung an echten Vorbildern

Die gehandicapte "Becky" war bereits 1997 mit ihrem Rolli unterwegs. Rasch mussten Kinder jedoch feststellen, dass der Rollstuhl nicht durch die Tür des Barbie-Traumhauses passte. "Becky" scheiterte schließlich an ihrer nicht barrierefreien Welt, ihre Produktion wurde eingestellt. Zuletzt kündigte Mattel an, demnächst einen weiteren Versuch zu starten: Neben einer neuen Rollstuhl-Barbie soll es dann auch eine Puppe mit abnehmbarer Beinprothese geben – 60 Jahre zu spät, wie das Magazin "Forbes" kritisierte.

Zum Weltfrauentag 2018 präsentierte der Barbie-Konzern zudem Puppen, die sich an echten Vorbildern orientieren: von der mexikanischen Malerin Frida Kahlo, über die französische Sterneköchin Hélène Darroze bis hin zu der afroamerikanischen Mathematikerin Katherine Johnson, die für die NASA arbeitete und deren Geschichte in "Hidden Figures" verfilmt wurde.

Noch nicht divers genug

Mattels Generaldirektorin Lisa McKnight sagte, sie wolle mit diesen Heldinnen starke Frauen porträtieren. Denn: "Was man nicht sehen kann, kann man auch nicht sein." Es scheint, dass die Puppe an ihrem 60. Geburtstag auf einem guten Weg ist, von ihrer pinken Glitzerwelt wegzukommen. Divers und modern genug ist das Barbie-Universum nach Ansicht von Kritikern jedoch noch lange nicht: Wie wäre es zum Jubiläum zum Beispiel mal mit einer Transgender-Barbie?

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