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Batterieforschung: Was kommt nach dem Lithium-Ionen-Akkus?

Sie stecken in Handys, Notebooks und Elektroautos: Lithium-Ionen-Akkus sind heute die wichtigsten mobilen Stromspeicher. Aber sie haben Nachteile: Diese Batterien können überhitzen und explodieren, zudem werden die Rohstoffe für Lithium-Akkus bald knapp und sind teuer. Wissenschaftler weltweit suchen daher nach Alternativen. Doch wie könnte der Akku der Zukunft aussehen?
NPO, 16.10.2020

Aktuell sind Lithium-Ionen-Akkus unverzichtbar. Aber nach Alternativen ohne Lithium und Kobalt wird mit Hochdruck gesucht.

iStock.com, MF3d

Lithium-Ionen-Akkus bilden die Grundlage fast aller mobilen Stromspeicher der modernen Technikwelt. Denn diese Akkumulatoren sind leicht, besitzen aber trotzdem eine relativ hohe Energiedichte und können unzählige Male auf- und wieder entladen werden. Bisher gibt es keinen Akku, der den Lithium-Ionen-Akkus in puncto Leistung und vielseitige Anwendbarkeit nahekommt.

Die Schattenseiten der Lithium-Ionen-Akkus

Doch so praktisch und allgegenwärtig diese Batterien aus sind – sie haben einige Schattenseiten. Eine ist die nachlassende Ladekapazität: Weil sich im Laufe der Zeit metallisches Lithium an der Anode ablagert, sinkt die Leistung der Batterie. Sie lassen sich nicht mehr auf ihr volles Potenzial aufladen. Ein zweites Problem ist die Gefahr einer Explosion: Überhitzen die Akkus, kann sich ihr Elektrolyt entzünden und in einer sich aufschaukelnden thermischen Reaktion Temperaturen von mehr als 1.000 Grad erzeugen.

Und schließlich ist da noch das Rohstoffproblem: Das für die Akkus nötige Lithium kommt nur in wenigen Ländern in Form von Salzablagerungen vor – und die Vorkommen sind endlich. Nach Schätzungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) könnte der Lithiumbedarf für Batterien bis zum Jahr 2035 die heutigen globalen Fördermengen um fast das Vierfache übertreffen. Und auch das Kobalt, das für die Kathode – den Minuspol der Batterie – benötigt wird, ist knapp und wird oft unter ethisch fragwürdigen Bedingungen gefördert.

Der globale Lithiumbedarf für Batterien könnte schon in naher Zukunft die heutigen Fördermengen übersteigen.

Doc Searls from Santa Barbara, USA / CC BY 2.0

Es geht auch mit anderen Elementen als Lithium

Das weckt die Frage, ob es nicht günstige und bessere Alternativen zum Lithium-Ionen-Akku gibt. Tatsächlich gibt es theoretisch viele Möglichkeiten, das Lithium in gängigen Akkus zu ersetzen. Denn gleich einige im Periodensystem benachbarte Elemente bieten ähnlich günstige oder sogar noch bessere elektrochemische Eigenschaften.  Wissenschaftler tüfteln schon an Akkus mit Natrium, Magnesium oder Aluminium. Aber auch Silizium oder sogar das Mineral Pyrit lassen sich in Batterien einsetzen. All dies sind Materialien, die günstiger und reichlicher verfügbar sind als das knappe Lithium. 

Eine dieser Alternativen ist Natrium – das Element, das als Kochsalz reichlich in den Ozeanen oder in Salzstöcken vorhanden ist. Im Prinzip besitzt es ähnlich wie Lithium eine relativ hohe Ionisationsneigung und ermöglicht dadurch hohe Leistungen und schnelle Ladezeiten – theoretisch. Praktisch aber gibt es aber ein Problem mit der Kathode, dem Minuspol. Den dort lagern sich relativ schnell inaktive Natriumkristalle ab, die die Bewegung der Ionen behindern. Ein solcher Akku macht dadurch schon nach wenigen Ladezyklen schlapp. Um dieses Problem zu lösen, suchen Wissenschaftler nach neuen, besser geeigneten Kathodenmaterialien und Strukturen, darunter Nanoröhrchen oder einer speziellen Schichtung.

Wissenschaftler tüfteln schon an Akkus mit Natrium, Magnesium oder Aluminium. Aber auch Silizium oder sogar das Mineral Pyrit lassen sich in Batterien einsetzen - alle günstiger und reichlicher verfügbar als das knappe Lithium.

Wenn der Akku Blähungen hat

Ein weiteres Problem der Akku-Alternativen sind "Blähungen": Tauscht man die kleinen Lithiumatome gegen größere Natrium, Aluminium oder Magnesium-Atome aus, kommt es an der Anode, dem Pluspol, zum Platzmangel. Beim Laden wandern die Ionen dieser Elemente zu dieser Elektrode und lagern sich in das dortige Empfängermaterial ein. Dadurch jedoch kann die Anode auf das Mehrfache ihres Volumens anschwellen. Das bedeutet: Der Akku müsste entweder eine dehnbare Hülle bekommen oder man findet eine Struktur, die diesen Volumenzuwachs ohne Leistungsverlust abpuffern kann.

Forscher versuchen dieses zu lösen, indem sie die Anoden solcher Batterien porös machen. Für eine Silizium-Schwefel-Batterie beispielsweise erzeugen sie eine Silizium-Anode mit vielen Hohlräumen. In diesen könne sich die Ionen einlagern, ohne dass das Material sich dadurch ausdehnt oder gar auseinandergesprengt wird. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung von Anoden aus organischen Polymeren. Die ungeordnet durcheinanderliegenden Ketten dieser Kohlenwasserstoffverbindungen bieten zwischen sich genügend Platz für die Metallionen. Erste Prototypen von Aluminium- oder Natriumbatterien mit solchen Polymerelektroden wurden schon von verschiedenen Forschergruppen entwickelt und sind im Test.   

Und wie geht es weiter?

Doch trotz vieler vielversprechender Ansätze und Alternativ-Konzepte zum Lithium-Ionen-Akku: Bisher ist er unverzichtbar und in seiner vielfältigen Anwendbarkeit nicht zu schlagen. Bis andere Batterien ihm in puncto Energiedichte, Ladezeiten und Lebensdauer nahekommen, werden nach Schätzungen von Wissenschaftlern noch mindestens zehn Jahre vergehen.

Klar ist aber auch: Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie werden in Zukunft dringend benötigt. Denn spätestens, wenn Elektromobilität und erneuerbare Energiegewinnung sich weiter durchsetzen, werden Unmengen an leistungsfähigen Energiespeichern gebraucht. Doch angesichts der knappen Ressourcen bei den Rohstoffen Lithium und Kobalt wird man ohne Alternativen nicht auskommen.

Nach Einschätzungen von Batterieforschern könnten Akkus mit Natrium-, Silizium- oder Aluminium-Elektroden künftig am ehesten dort punkten, wo es nicht auf die Größe und Ladezeit der Batterien ankommt. Denkbare Anwendungen wären stationäre Akkus, die zu Spitzenzeiten überschüssigen Strom von Windkraft- oder Solaranlagen speichern. Für mobile Anwendungen wie die Elektromobilität sehen Wissenschaftler dagegen eher Chancen für Batterien auf Basis von Magnesium, wie beispielsweise Magnesium-Schwefel-Akkus. Denn sie könnten die nötige Energiedichte liefern, sofern ihre Lebensdauer gesteigert werden kann.

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