wissen.de Artikel

Betriebskindergärten

Wer sich um seine Kinder sorgt, kann nicht entspannt arbeiten. Deshalb versuchen immer mehr Unternehmen, ihre Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Bei allen Vorteilen, die das für Eltern und Unternehmen bringt, darf eines nicht aus dem Blick geraten: das Wohl der Kinder.
Karin Schädler

Eltern haben um neun Uhr morgens bereits einen Marathon hinter sich: Kinder wecken, waschen und anziehen, Essen machen und die Kinder in eine Tagesbetreuung bringen. Womit bereits der erste Vorteil von Betriebskindergärten erwähnt wäre: Der Weg vom Kindergarten zur Arbeit entfällt. Wer meint, das sei nur ein Kinkerlitzchen, hat diesen frühmorgendlichen elterlichen Stress wohl noch nicht erlebt. Zweiter Vorteil: Betriebskindergärten öffnen meist etwas früher, so dass auch Termine um neun Uhr morgens machbar sind. Der Kontrast zwischen beiden Vorteilen macht deutlich, dass nicht immer ganz klar ist, wessen Wohl bedient werden soll: Das der Eltern, der Kinder oder des Arbeitgebers?

 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf als große Herausforderung

Gemeinsam zur Arbeit?
thinkstockphotos.de/Getty Images/Stockbyte/altrendo images
Tatsächlich zählt eine grenzenlose Verfügbarkeit von Arbeitnehmern wohl eher nicht zu den Hauptgründen für den derzeitigen Boom an Betriebskindergärten. Denn auch dort werden Kinder in der Regel höchstens neun Stunden am Tag betreut. Mehr wäre für Kinder schädlich, sagen Experten, und die meisten Anbieter von Betriebskindergärten versuchen, sich daran zu halten.

Es sind eher der demographische Wandel und ein Mangel an Fachkräften, die Unternehmen dazu bewegen, sich um die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter zu kümmern, wobei die Kinderbetreuung die wohl größte Herausforderung darstellt. Betriebskindergärten sind nicht das einzige, das Arbeitgeber tun können. Das Spektrum der möglichen Unterstützung für Eltern ist groß.

 

Vom Elternzimmer zum eigenen Kindergarten: Was Unternehmen tun können

Eine enorme Hilfe sind "Elternzimmer" oder "Bedarfsbüros". Dort kann gestillt werden und dort können Eltern idealerweise separiert arbeiten, wenn das Kind einmal nicht zu Hause bleiben kann. Die Gründe dafür können schließlich vielfältig sein: Tagesmutter oder Großmutter, die sich normalerweise um das Kind kümmern, sind krank. Oder ein Kind hat einfach eine schwierige Phase, in der es den Eltern nahe sein möchte.

Die Elternzimmer zeigen es: Hilfreich ist für Eltern vor allem Flexibilität. So wie das Leben mit Kindern etwas unstet und wenig vorhersehbar ist, sollte sich die Arbeit danach richten lassen. Unternehmen können helfen, indem sie das Arbeiten von zuhause aus und eine individuelle Zeiteinteilung ermöglichen. Idealerweise richten Arbeitgeber sogar Netzwerke ein, die bei der Vermittlung von Tagesmüttern, Babysittern oder Haushaltshilfen helfen. Und ein an Mitarbeiter gezahlter Kinderbetreuungszuschuss hilft Familien enorm weiter und ist sowohl für Mitarbeiter als auch Unternehmen frei von Sozialabgaben.

 

Pädagogische Unterstützung kommt von privaten Anbietern

Mit all den Herausforderungen, den eigenen Mitarbeitern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, sind die Unternehmen nicht alleine. Pädagogische Unterstützung kommt von privaten Anbietern wie der Firma Educcare, die zum Beispiel für den Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen einen Betriebskindergarten betreut. Eltern können dort bereits ab sieben Uhr morgens ihre Kinder bringen, geöffnet ist bis 18 Uhr. Nach Angaben von Educcare sollen die Kinder zwar nicht mehr als neun Stunden betreut werden, jedoch ist die Flexibilität für viele Eltern wichtig. Ein weiterer Grundsatz bei den Educcare-Kindergärten: Es müssen genügend Betreuer vor Ort sein – bei den Kindern von sechs Monaten bis drei Jahre in der Regel zwei pädagogische Fachkräfte für zehn Kinder.

Die meisten Unternehmen führen Betriebskindergärten nicht in Eigenregie, sondern beauftragen private Anbieter. Educcare in Köln gehört zu den größten Anbietern, ebenso wie der pme-Familienservice in Berlin oder die Firma Kita-Concept. Da der Bedarf an Betriebskindergärten steigt, wird die Zahl der Anbieter größer. Und auch soziale Träger und Vereine wie das Deutsche Rote Kreuz oder der Stuttgarter Verein Kind e.V. mischen mit.

 

Betriebskindergärten minimieren die Abwesenheitszeiten

Dass immer mehr Unternehmen gerne Betriebskindergärten haben möchten, ist leicht nachvollziehbar: Denn zum einen qualifizieren sich die Firmen so als besonders begehrte Arbeitgeber. Ein attraktives Umfeld für Familien ist schlicht ein Standortvorteil. Noch wichtiger ist, dass durch einen Betriebskindergarten die Abwesenheitszeiten von Eltern minimiert werden. Neue Mitarbeiter können schneller anfangen, Rückkehrer aus der Elternzeit schaffen einen reibungsloseren Übergang und können bei einem Teilzeitjob möglicherweise gar mehr Stunden arbeiten oder schnell wieder in eine Vollzeit-Beschäftigung kommen.

Wenn ein eigener Betriebskindergarten für ein Unternehmen noch nicht in Frage kommt, besteht auch die Möglichkeit für einen Verbundkindergarten mehrerer Unternehmen, oder der Arbeitgeber kann Plätze in einem anderen Betriebskindergarten buchen. Auf welchem Weg es auch geschieht, Mitarbeiter fühlen sich wohler, wenn sie wissen, dass es ihrem Kind gut geht und dass es sogar in der Nähe ist. Zu grenzenloser Erreichbarkeit der Arbeitnehmer sollte das jedoch nicht führen.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Großes Wörterbuch der deutschen Sprache

Weitere Artikel aus der Wissensbibliothek

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon