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Clever eingesetzt: Was Werbemittel mit unserer Psyche machen

Jeder kennt sie: Kleine praktische Geschenke, auf denen ein großes buntes Firmenlogo prangt. Werbemittel flattern uns im Laufe eines Jahres immer wieder ins Haus. Sie kommen in verschiedenen mehr oder weniger praktischen Varianten daher. Besonders häufig sind es Kugelschreiber, Feuerzeuge, Notizblöcke oder Kalender, mit denen uns vor allem die regionalen Firmen bedenken.

Kugelschreiber und Kalender sind praktische Begleiter im Alltag
Während manche Werbegeschenke sofort in den Müll wandern, finden andere doch ihren Weg in die große Sammelschublade für praktische Alltagsgegenstände. Auf diese Weise findet auch die Werbebotschaft ihren Platz in unserem alltäglichen Leben, denn jedes Mal, wenn wir einen Notizzettel oder einen Kugelschreiber zur Hand nehmen, prägt sich das Firmenlogo tiefer in unser Gedächtnis ein. Clever eingesetzte Werbemittel sind ein wertvolles Marketinginstrument und können unauffällig eine langfristige Kundenbindung erreichen. Wie entsteht aber dieser bleibende Eindruck in unserem Unterbewusstsein und wie wirken Werbemittel auf die Psyche? Ein spannender Blick hinter die Kulissen der Werbemacher.

Effektivität durch Effekte

Marketingspezialisten sind Psychologen mit kleinem Fachgebiet. Sie wissen genau, welche Bedürfnisse ihre Kunden haben und mit welchen Mitteln sie ihr Interesse wecken können. „Kenne Deine Zielgruppe“ heißt eine Grundregel, der sich die meisten Werbefachleute verschrieben haben. Das bedeutet, dass ihre tägliche Arbeit darin besteht, in die Psyche von Kunden und solchen, die es noch werden sollen, einzutauchen und herauszufinden, wie sie dort auf besonders effektive Art und Weise einen Eindruck hinterlassen können. Der Eindruck sollte selbstverständlich positiv sein und sich möglichst lange dort halten können. Die Werbemittelagentur Kleine & Jockers beschreibt die Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden als eine „sensible Fernbeziehung“, die sorgsam gepflegt sein will, damit sie auf Dauer Bestand hat.

Um dieses Ziel zu erreichen, bedienen sich Werbefachleute verschiedener Strategien, die jede für sich einen bestimmten Effekt erzielen. Werfen wir doch einmal einen Blick auf diese Effekte und finden heraus, wie Werbemittel sich tatsächlich auf unsere Psyche auswirken:

1. Der Langzeiteffekt

Er ist der Königsweg aller Marketingstrategien. Der Langzeiteffekt wirkt sich möglichst dauerhaft auf den Kunden und seine Bindung zum Unternehmen aus. Um das erreichen zu können, muss der Nutzen eines Werbeartikels langanhaltend sein.

Um den Langzeiteffekt ausschöpfen zu können, greifen Marketingexperten gerne auf praktische Gegenstände zurück, die einen direkten Nutzen für den Kunden haben. Sie verursachen für das Unternehmen geringe Kosten, entfalten beim Kunden aber eine dreifache positive Wirkung:

  • Der Kunde freut sich über die kostenlose Gabe
  • Der Kunde sieht einen direkten praktischen Nutzen in diesem Artikel
  • Der Kunde erkennt sofort, wie er diesen Artikel sinnvoll in seinen Alltag integrieren kann

Selbst wenn dem Kunden die Werbebotschaft und das Unternehmen gleichgültig sind, findet er trotzdem Gefallen an dem Artikel. Davon können Unternehmen vor allem in der heutigen Zeit stark profitieren, denn die moderne Konsumentengeneration ist kritisch. Die nahezu unbegrenzten Vergleichsmöglichkeiten, die das Internet bietet, haben die Grenzen zwischen regionalen und überregionalen oder sogar internationalen Angeboten aufgelöst. Ein schneller Blick ins Internet genügt, um festzustellen, wie gut das Angebot eines regionalen Unternehmens tatsächlich ist und die moralische Hürde des Anbieterwechsels ist bei den meisten Konsumenten auf ein Minimum gesunken.

Der Langzeiteffekt von Werbemitteln hat sich damit zu einem ebenso wichtigen wie schwer zu erreichenden Ziel entwickelt und die Wahl der passenden Werbemittel, die noch in der Lage sind, im Hinblick auf Kundenbindung einen Langzeiteffekt zu erzielen, hat an Bedeutung gewonnen.

Eine langfristige Kundenbindung ist das Ziel des Marketings.
2. Der Endowment-Effekt

Der Endowment-Effekt, auch bekannt als der Effekt des Besitztums, ist in der Werbung bereits seit 1980 bekannt und wird vielfach eingesetzt. Der amerikanische Wissenschaftler Prof. Richard H. Thaler hat den Begriff geprägt und seine Bedeutung definiert.

Beim Endowment-Effekt machen sich Marketingexperten das psychologische Prinzip zunutze, das einen Menschen den Wert einer Ware höher bemessen lässt, wenn sie sich in seinem Besitz befindet. Das bedeutet, dass ein Werbeartikel, der einem Kunden geschenkt wird, automatisch in dessen Wertschätzung steigt. Damit steigt auch die positive Bewertung des Unternehmens, das dem Kunden diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat.

Der Endowment-Effekt macht sich übrigens auch bemerkbar, wenn ein Kunde einen Artikel nur probeweise erhält, zum Beispiel im Rahmen eines Produkttests. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um ein Verbrauchsgut handelt, wie zum Beispiel bei einer Kosmetikprobe, oder um einen Artikel, den der Kunde nach dem Test wieder zurückgeben muss. Die Bindung zum Produkt entsteht durch den ersten Kontakt und durch die Möglichkeit des Ausprobierens. Im Unterbewusstsein des Kunden entsteht der Wunsch, den Artikel erneut oder dauerhaft besitzen zu wollen – der Endowment-Effekt. Diese Marketingstrategie geht selbstverständlich nur auf, wenn der Kunde positive Erfahrungen mit dem Artikel machen kann. Unternehmen sollten bei Produktproben und Werbegeschenken deshalb unbedingt auf höchste Qualität setzen.

3. Der Carpenter-Effekt

Der dritte Effekt, der eine Marketingstrategie erfolgreich macht, ist der so genannte Carpenter-Effekt. Er trägt den Namen des englischen Naturwissenschaftlers William Benjamin Carpenter, der im 19. Jahrhundert lebte und forschte.

Der Carpenter-Effekt stützt sich auf die Kombination aus der Alltagstauglichkeit eines Werbeartikels und der Platzierung eines Firmenlogos oder einer Werbebotschaft. Wird ein Firmenlogo oder ein eingängiger Werbeslogan ansprechend auf einem Gegenstand platziert, den ein Kunde im Alltag regelmäßig zur Hand nimmt, bleibt die Werbebotschaft stets präsent und kann sich im Unterbewusstsein etablieren. Es entsteht automatisch ein Erinnerungseffekt, der sich in nicht unerheblichem Maße auf spätere Kaufentscheidungen auswirken kann.

Der GWW Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e.V. hat in diesem Zusammenhang ein paar interessante Zahlen veröffentlicht:

  • 95 % aller eingesetzten Werbeartikel können beim Kunden Erinnerungen hervorrufen
  • Fast 50 % aller Werbeartikel, die an Kunden übergeben wurden, werden länger als ein Jahr genutzt
  • Etwa 80 % aller Menschen ab 14 Jahren können über Werbeartikel erreicht werden
  • 78 % aller eingesetzten Werbeartikel sorgen dafür, dass sich der Kunde später direkt an das Unternehmen erinnert

Um die Möglichkeiten des Carpenter-Effekts ausschöpfen zu können, sollte ein Werbeartikel möglichst handlich und alltagstauglich sein. Ein gutes Beispiel sind Kugelschreiber und Feuerzeuge. Sie finden nahezu alltäglich Verwendung und können aufgrund ihrer handlichen Größe problemlos mitgeführt werden. Auch wenn der Kunde sich nicht aktiv für das Design des Artikels interessiert, sind ihm darauf platzierte Informationen doch immer wieder präsent. Begegnet ihm ein entsprechender Schriftzug oder eine Unternehmensfarbe dann an anderer Stelle im Alltag, stellt sich ein Wiedererkennungseffekt ein und dieser steigert die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde sich bei seiner Kaufentscheidung in Richtung des ihm vertrauten Unternehmens orientieren wird.

Auf diesen drei Effekten fußt die Psychologie der Werbemittel. Wahrscheinlich kann sich niemand gänzlich davon freisprechen, selbst das eine oder andere Produkt im Gebrauch zu haben, das als Werbebotschafter in seinen Besitz gelangt ist. Es kann sich als interessantes Experiment herausstellen, die eigenen Kaufentscheidungen einmal kritisch zu hinterfragen und zu ergründen, ob sich der eine oder andere für die Werbung genutzte Effekt bereits entfalten konnte.

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