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Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Einstige Kulisse für Propagandaspektakel

Am 4. November 2001 trafen sich Journalisten aus aller Welt in Nürnberg, schwenkten ihre Kameras über ein großes grünes Areal im Südosten der Stadt und richteten sie auf einen steinernen Koloss der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts. In der nicht zu Ende gebauten, monströsen Kongresshalle Nazi-Deutschlands öffnete das neu errichtete “Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände seine Pforten.

Ein vormals attraktives Nürnberger Freizeitgebiet, weiträumig und schön gelegen, mit Badesee und Strandcafés, mit Tiergarten und Sportstadion, mit Parkanlagen und Kriegerdenkmal wurde von 1933 bis 1938 im Auftrag Adolf Hitlers von seinem Baumeister Albert Speer zum Reichsparteitagsgelände umgestaltet. Nürnberg war zur “Stadt der Reichsparteitage gekürt worden - für das größte Propagandaspektakel des Dritten Reiches brauchten die Nationalsozialisten eine gigantische Kulisse. Ab Kriegsbeginn 1939 gab es dann keine Nürnberger Aufmärsche mehr, die Bautätigkeit wurde eingestellt.

Gigantische Dimensionen

Auf der so genannten “größten Baustelle der Welt, einem Areal von elf Quadratkilometern, waren geplant und wurden teilweise fertig: die Luitpoldarena für den Aufmarsch von 150 000 Menschen, das Zeppelinfeld mit seiner Tribüne für 100 000 Menschen und 60 000 Zuschauer, das Märzfeld als riesiges Manövergelände, die Große Straße für Aufmärsche, 60 Meter breit und zwei Kilometer lang, das Deutsche Stadion für über 400 000 Zuschauer, eine Zeltlager-Stadt für 200 000 Besucher, eine eigene “Kraft durch Freude-Stadt und ausgedehnte SS-Kasernen.

Dazu kam die Kongresshalle der NSDAP, der von den Architekten Ludwig und Franz Ruff entworfene Monumentalbau, an das römische Kolosseum erinnernd, mit geplanten 68,7 Metern Höhe, “dem größten freitragenden Dach der Welt und Platz für 50 000 Menschen. Allein der Innenhof des heute hufeisenförmigen Torsos misst ca. 180 mal 160 Meter.

Architektonische Schleuse in die Gegenwart

“Bei der Begehung überfiel mich Eiseskälte, so der Klagenfurter Architekt Günther Domenig, der mit seinem Entwurf 1998 den von der Stadt ausgeschriebenen Architektenwettbewerb für das Dokumentationszentrum gewann. Und weiter: “Der Staub der Toten in den Innenräumen und die architektonische Übersetzung der Macht - es gab nur rechte Winkel und Achsen. Diese Macht wollte ich zerstören.

Wie mit einem chirurgischen Schnitt versuchte er, den Nordflügel der Kongresshalle zu öffnen. Da bohrt sich ein Gang aus Glas und Stahl pfahlartig diagonal und zugleich schräg ansteigend durch das Gebäude. Ein Korridor von fast 130 Metern Länge. Eine Art Schleuse von der Vergangenheit in die Gegenwart. In der Eingangshalle befindet sich ein Kinoraum, auf dem Dach in luftiger Höhe ein gläserner Aufbau, das Studienforum.

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