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Der Psyche auf der Spur - Teil 4
Denn statt dadurch gelassener zu werden, verstärkte sich ihre Wut. Im Vergleich zu weiteren Mitarbeitern, deren Ärger auf die Firma von den Wissenschaftlern nicht geweckt worden war, beurteilten sie ihr Unternehmen anschließend negativer. Auch das Einschlagen auf einen Punching-Ball bringt nicht viel, zeigt eine andere Untersuchung. Hier wurden die Versuchspersonen vorher provoziert – und sie glaubten sogar daran, dass das Sich-Abreagieren befreiend sein würde. Das Gegenteil war der Fall. Die provozierten Personen wurden durch das Malträtieren des Punching-Balls noch aggressiver. Und wenn sie über die Person nachgrübelten, auf die sich ihr Ärger richtete, verstärkte sich ihr Wunsch, an dieser Rache auszuüben.
Erstmal wieder runterkommen
Dies macht aber auch deutlich: Ärger in sich hineinzufressen, indem man immer wieder darüber nachdenkt, hilft ebenfalls nicht weiter. Stattdessen sollten wir versuchen, unseren Ärger zu kontrollieren. Dies funktioniert manchmal durch einen ganz einfachen Trick: abwarten. Einige Menschen zählen bekanntlich innerlich bis 10. Da Ärger sich auch durch körperliche Erregung äußert, kann sich diese so wieder beruhigen, und meist gelingt es uns dann leichter, die Situation neu zu betrachten. Untersuchungen haben zudem ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen Ärger und dem Auftreten von Herzkrankheiten sowie Bluthochdruck gibt. Dann doch lieber gelassen gesund bleiben – und nicht mehr in die Luft gehen!
Fluchen hilft bei Schmerzen
Anders verhält es sich offenbar bei unserem Umgang mit Schmerzen. Denn was tun wir automatisch, wenn wir einen Nagel in die Wand schlagen wollen, aber mit dem Hammer den Daumen erwischen? Wir fluchen laut! Wir tun das, weil es uns den Schmerz erträglicher macht. Und das nicht nur subjektiv, wie in Untersuchungen festgestellt wurde: Studierende wurden aufgefordert, ihre Hand in eine Wanne mit eiskaltem Wasser zu halten. Eine Gruppe durfte dabei frei fluchen, eine andere Gruppe nur neutrale Worte von sich geben. Bei jenen Studenten, die geflucht hatten, ließ sich im Vergleich zu den nichtfluchenden Studenten eine deutlich höhere Herzfrequenz messen. Sie hielten die Hand länger im Wasser und empfanden weniger Schmerz. Die Forscher nehmen an, dass durch das Fluchen die Stressreaktion „Kampf oder Flucht“ in Gang gesetzt wird: Adrenalin wird freigesetzt, und Herz- und Atemfrequenz, Muskelspannung und Blutzuckerspiegel werden erhöht, so dass die Person leichter „kämpfen oder fliehen“ kann. Spontanes Schimpfen macht also schmerztoleranter, es hemmt die Angst vor Schmerzen, was die Schmerzwahrnehmung verändert.
Düfte machen Schmerzen erträglicher
Es wäre demnach falsch, das natürliche Fluchbedürfnis zu unterdrücken, wenn man Schmerz ausgesetzt ist. Eine die Schmerztoleranz erhöhende Wirkung haben auch süße Düfte. Wurde Personen, die ihren Unterarm in eiskaltes Wasser legten, ein süßer, ein neutraler oder ein unangenehmer Duft zum Schnüffeln gegeben, hielten diejenigen, die am Süßen rochen, den Schmerz am längsten aus. Allerdings fühlten alle drei Gruppen etwa die gleiche Schmerzstärke. Süßer Geruch mindert also nicht die Schmerzwahrnehmung an sich, sondern sorgt nur dafür, dass der Schmerz länger ausgehalten wird. Der Hintergrund scheint folgender zu sein: Das Gehirn erhält sowohl eine positive (den angenehmen Duft) als auch eine negative Information (den Schmerz), wobei die positive die negative überlagert.