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Der Psyche auf der Spur - Teil 5

Wer sein Leben auf Facebook und via Twitter der Welt verkündet, ist doch sicher der Typ Selbstdarsteller, mag man vermuten. Verallgemeinern kann man dies nicht. Aber für Narzissten bieten Soziale Netzwerke eine ideale Plattform, um sich selbst in den Vordergrund zu stellen. In einer Studie werteten Forscher die Facebook-Profile von Studenten aus. Dann ließen sie die gleichen Studenten einen Fragebogen ausfüllen, der Narzissmus misst.
Brockhaus

François Lemoyne: Narziß
The Yorck Project, Berlin
Es zeigte sich: Narzissten sammelten mehr „Freunde“, kommunizierten häufiger auf Pinnwänden und teilten eher Inhalte, die sie selbst in den Vordergrund stellen. Narzisstische Personen bevorzugen zudem attraktivere Profilfotos. Interessanterweise waren andere Studenten, die dieselben Facebook-Profile ebenfalls beurteilen sollten, auch in der Lage, die Narzissten zu erkennen. Soziale Netzwerke spiegeln so wider, was Narzissten auch im normalen Leben bevorzugen, zum Beispiel viele oberflächliche Beziehungen.

 

Normale und virtuelle Freundschaften sind ähnlich strukturiert

Dass sich unsere Beziehungsmuster im Alltag in sozialen Online-Netzwerken zeigen, haben Psychologen auch in einer anderen Untersuchung herausgefunden, die die soziale Interaktion von Jugendlichen im normalen und im virtuellen Leben miteinander verglich. Dabei zeigte sich, dass Jugendliche, die Freundschaft und Beziehungen als etwas Positives erfahren, dies auch in sozialen Netzwerken erleben – nicht nur durch die Anzahl der Freunde, sondern vor allem auch durch deren Kommentare, die eher unterstützenden Charakter haben. Doch nicht nur junge Menschen nutzen soziale Netzwerke – auch mehr und mehr Erwachsene sind im Netz mit einem Profil vertreten. Und allen Party-Fotos des Nachwuchses zum Trotz: Ältere Nutzer sind bei der Preisgabe von Informationen über sich nicht vorsichtiger, fanden kanadische Forscher heraus. Jugendliche enthüllen zwar insgesamt mehr Persönliches, aber das liegt eher daran, dass sie mehr Zeit im Netz verbringen. Tatsächlich sind sich Erwachsene sogar weniger darüber bewusst, welche Konsequenzen das Teilen von persönlichen Informationen haben kann, als Jugendliche.

 

Gibt es Persönlichkeitsunterschiede zwischen E-Mail-Schreibern und Telefonierern?

In der Psychologie wurde auch schon untersucht, ob es Persönlichkeitsmerkmale gibt, die über die Wahl des Kommunikationsmediums bestimmen. Wer zieht den direkten, d. h. zeitlich nicht versetzten Kontakt vor, wie beim Vis-à-vis-Gespräch oder Telefonat, und wer die asynchrone Kommunikation wie bei der E-Mail? Es sind die sozial ängstlichen Personen, die, besonders in Konfliktsituationen, lieber eine E-Mail schreiben. Ängstliche scheuen den direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht oder am Telefon, weil sie dann ihre Unsicherheit nicht so gut verbergen können: Das Gegenüber könnte z. B. die zittrige Stimme am Telefon hören. Bei der E-Mail-Kommunikation werden sie zum einen nicht gesehen oder gehört, zum anderen können sie sich Zeit nehmen für ihre Wortwahl. Sie haben also mehr Kontrolle über die Interaktion.

 

Extrovertierte greifen zum Telefon

Extrovertierte, also gesellige Personen mit einer höheren sozialen Kompetenz, brauchen hingegen diese Kontrolle nicht. Sie ziehen das direkte Gespräch vor, um Missverständnisse rasch aus der Welt zu schaffen. E-Mail-Schreiber sollten sich nun aber nicht als zu ängstlich abgestempelt fühlen: Wir haben etliche Gründe, warum wir die E-Mail vorziehen. Beim Schriftlichen gehen Informationen − eben schwarz auf weiß − verlässlicher hin und her und lassen sich prüfen; das ist besonders im Beruf wichtig. Ein weiterer Vorteil der E-Mail: Wir können uns um die Informationsübermittlung kümmern, wenn wir gerade Zeit dazu haben. Welche Kommunikationsart wir wählen, hängt auch ein bisschen vom Gegenüber ab: Wenn derjenige nicht so genau auf besprochene Details achtet, schicken wir sie ihm lieber schriftlich. Es gibt aber auch Personen, die Geschriebenes nicht besonders sorgfältig lesen, dann greifen wir wiederum lieber zum Hörer, damit wir wissen, dass die Informationen sie erreicht haben.

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