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Die Dampfmaschine verändert die Welt – bis heute

Vor 250 Jahren meldete der schottische Erfinder James Watt seine Dampfmaschine zum Patent an – und veränderte damit die Welt. Denn seine Maschinen wurden zum Motor der Industrialisierung und der Technik. Doch auch heute noch sind die Nachfahren von Watts Dampfmaschinen im Einsatz: In fast jedem Kraftwerk wird die Energie des Dampfs dafür genutzt, über Turbinen und Generatoren Strom zu erzeugen.
Trademachines, https://trademachines.de / NPO, 22.08.2019

James Watt war zwar nicht der Erfinder der Dampfmaschine, aber seine technischen Entwicklungen führten zu einer Dampfmaschine mit wesentlich höherem Wirkungsgrad und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten.James Watt

Sir William Beechey / historisch

Die Geschichte der Dampfmaschine reicht bis in die Antike zurück, perfektioniert hat sie jedoch erst im 18. Jahrhundert der britische Erfinder James Watt. Heute begegnet uns sein Name vor allem bei der Angabe Watt, doch es war vor allem seine Dampfmaschinen, die die Technik revolutionierte. Sie veränderten die Landschaft des 19. Jahrhunderts und wurden zum Motor der Industrialisierung. Heute scheinen Dampfmaschinen der Vergangenheit anzugehören. Denn bewundern kann man sie nur noch in Museen – das glauben jedenfalls die meisten Menschen. Falsch gedacht! Denn Dampfmaschinen sind auch heutzutage noch im Einsatz.

Die Kraft des Wasserdampfs

Wasser kommt in der Natur in drei Aggregatzuständen vor: als Flüssigkeit, als Festkörper und als Gas. Seinen gasförmigen Zustand erreicht Wasser unter Wärmeeinwirkung: Es verdunstet oder verdampft. Wasserdampf ist für das menschliche Auge unsichtbar. Erst wenn der Dampf in Form winziger schwebender Tröpfchen kondensiert, kann man ihn als weißliche Dampfschwaden erkennen. Im Vergleich zum flüssigen Aggregatzustand ist das Volumen von Wasserdampf um etwa das 1.600-fache höher. Seine eigentliche Kraft entfaltet der Dampf durch die in ihm gespeicherte Wärme.

In der Umgangssprache versteht man unter Wasserdampf meist die sichtbaren Dampfschwaden von kondensierendem Wasserdampf. In Technik und Naturwissenschaft steht die Bezeichnung für Wasser im gasförmigen Aggregatzustand, das für das menschliche Auge unsichtbar ist.

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Dampfpumpen im Bergwerk

Die ersten Dampfmaschinen – Maschinen, die die Energie des Wasserdampfes in Bewegung umwandeln – wurden im späten 17. Jahrhundert für den Bergbau konstruiert. Weil die Schächte und Stollen damals immer tiefer in die Erde getrieben wurden, drang zunehmend Grundwasser ein. Um dieses abzupumpen, ersann der englische Erfinder Thomas Savery im Jahr 1698 eine Dampfpumpe. Ihr Prinzip: Wasser wird in einem Kessel verdampft und erzeugt in einem über Rückschlagventile verbundenen Behälter einen Unterdruck. Dadurch wird das Wasser aus dem Bergwerk angesaugt. Durch Wiederholung dieses Zyklus pumpt diese Maschine Wasser aus dem Bergwerksstollen ab – allerdings nur mit relativ geringer Leistung.

Um diese Technik zu verbessern, entwickelte der englischen Erfinder Thomas Newcomen im Jahr 1712 eine Fortentwicklung von Saverys Dampfpumpe – eine echte Dampfmaschine. Denn sie setzte erstmals die Energie des Dampfes in Bewegung um. Der Druck des Wasserdampfs bewegte einen Kolben, der wiederum das Abpumpen des Wassers ermöglichte.

Modell einer Wattschen Dampfmaschine

Tamorlan / Gemeinfrei

Die Dampfmaschine von James Watt

Im Jahr 1764 wurde der schottische Ingenieur und Erfinder James Watt beauftragt, das Modell einer Dampfmaschine von Thomas Newcomen zu reparieren. Dabei erkannte er, dass ein großer Teil der Energie in dieser Konstruktion durch Wärmeverluste über die Wand des Kolbenzylinders verloren ging. Um den Energieverlust durchs Aufheizen und Abkühlen des Zylinders zu minimieren, führte Watt einen separaten Behälter zur Kondensation des Wasserdampfs ein, den Kondensator. Außerdem ergänzte er den Zylinder um eine Doppelwand, die von Dampf durchströmt wurde – was die Wärmeverluste verringerte.

Im Jahr 1769 reichte James Watt seine Dampfmaschine zum Patent ein. Durch seine Konstruktion und die später weiter verbesserten Varianten konnten in den Bergwerken mehr als 60 Prozent Steinkohle eingespart werden, dem Brennmaterial für das Aufheizen und Verdampfen des Wassers. 1781 entwickelte Watt eine optimierte Version seiner Dampfmaschine, bei der der Kolben von beiden Seiten durch Dampf bewegt wurde. Watts Dampfmaschinen erreichten einen Wirkungsgrad von rund drei Prozent – das klingt nach wenig, war aber immerhin doppelt so gut wie die Vorgängermodelle von Newcomen.

Die Dampfmaschine gab der Industrialisierung den notwendigen Schub.

Victor H. Rawstron/ The Cooper Collection of U.S. Railroad History; GFDL

Dampf bewegt Menschen und Material

Die Dampfmaschine von James Watt erwies schnell ihre Nützlichkeit – und das nicht nur in Bergwerken. Schon bald wurde sie zum Motor der Industrialisierung und Urbanisierung. Der Einsatz von Dampfmaschinen in Fabriken ermöglichte die Automatisierung und Prozessoptimierung. Im Verkehr und Transport sorgte nun immer häufiger der Dampf für den nötigen Antrieb. Die ersten Dampflokomotiven entstanden und in der Schifffahrt begann die Ära der großen Dampfschiffe.

Dank Watts Erfindung konnten nun große Mengen an Gütern und Rohstoffen zu einem Bruchteil der Kosten und Zeit transportiert werden. Das Transportwesen wurde dadurch vollständig revolutioniert. Aber auch Menschen konnten sich nun leichter und billiger von Ort zu Ort bewegen.

James Watt und die Pferdestärke

Um die enorme Stärke seiner Dampfmaschine zu veranschaulichen, nutzte James Watt eine neue Maßeinheit: die Pferdestärke. Sie war abgeleitet von der Arbeitskraft der Grubenpferde und sollte angeben, wie viele Pferde die Leistung der Maschine ersetzen konnte. Dabei entsprach 1 PS der Leistung eines starken Pferdes, das innerhalb von einer Sekunde das Gewicht von 550 Pfund über eine Strecke von einem Fuß ziehen konnte.

Mit dieser Maßeinheit wollte Watt vor allem Bergwerksbesitzer von der Leistung seiner Dampfmaschinen überzeugen. Denn sie konnten durch diese Maschinen viele Grubenpferde einsparen. Heute spielt die Pferdestärke zwar im Bergbau keine Rolle mehr, wohl aber auf der Straße:  Denn noch immer wird die Motorleistung bei Autos in PS angegeben.

Kernstück des Arabelle-Turbinenkomplexes

Siemens Germany

Wo arbeiten heute noch Dampfmaschinen?

Doch die Dampfmaschine ist auch heutzutage noch lange nicht passé: Ihre Nachfahren werden noch immer in modernen Kraftwerken verwendet. 80 Prozent der weltweit erzeugten Elektrizität wird durch Dampfkraft erzeugt. Was sich allerdings geändert hat, ist die Form dieser Maschinen: Statt der in Watts Dampfmaschinen arbeitenden Kolben werden heute riesige Dampfturbinen eingesetzt, um die Energie des Wasserdampfs in Bewegung umzusetzen.

In den Kraftwerken wird die Energie von Kohle, Sonnenlicht, Biomasse, Wind oder Kernenergie zur Erzeugung von Dampf für den Antrieb einer Turbine genutzt. Die in Bewegung gesetzte Turbine erzeugt dann über einen Synchron-Turbogenerator den Strom. Die bisher weltweit größte Dampfturbine, getauft Arabelle, wurde für ein britisches Kernkraftwerk, Projekt Hinkley Point C (HPC), gebaut. Sie ist länger als ein Airbus 380 und ist größer als ein Mensch.

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