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Die Geschichte des Flyers

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass wir einen Flyer in der Hand haben. Als Werbemittel oder Informationsblatt sind die kleinen Handzettel sehr beliebt, teilweise sind sie künstlerisch so ausgestaltet, dass sie fast als Kunstwerk gelten. Doch wie hat sich diese Form der Werbung und Information entwickelt, welche Geschichte steckt dahinter?

Im Mittelalter wurden Flugblätter besonders von fahrenden Händlern und Marktschreiern genutzt. Auch damals wurden sie schon zur gleichzeitigen Information und Werbung genutzt.
Von Flugblättern und Handzetteln

Um moderne Flyer rankt sich heute ein ganzer Industriezweig. Auf Internetseiten wie print24.com kann jeder seine Flyer drucken lassen und hält nur wenige Tage später das fertige Produkt in der Hand – das war aber nicht immer so. Flyer, das kommt vom englischen „to fly“ – fliegen. Der moderne Begriff „Flyer“ hat sich also aus dem Begriff des Flugblatts entwickelt. Darüber hinaus gibt es aber noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen dem historischen und dem heutigen Produkt der schnellen Informationsweitergabe.

Das Spätmittelalter

Das Flugblatt war das erste Massenkommunikationsmittel. Seine Entwicklung lässt sich auf die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg zurückführen, da erst diese die Vervielfältigung in einem solchen Rahmen möglich machte. 1488 trat das Flugblatt zum ersten Mal nachweisbar auf, es wurde damals von Marktschreiern und fahrenden Händlern genutzt, um – wie heute – für sich zu werben. Im Gegensatz zu heute jedoch, kosteten die damaligen „fliegenden Blätter“ Geld. Schon damals wurde viel Wert auf eine große, hochwertige Illustration gelegt, da nur ein Bruchteil der Bevölkerung lesen konnte. Dadurch wurden die Blätter zum begehrten Kunstobjekt und wurden stolz an den heimischen Wänden aufgehängt.

Besonders in Kriegszeiten wurden Flugblätter, die teilweise vom Himmel aus abgeworfen wurden und daher ihren Namen haben, zur politischen Waffe.
Weg von dem reinen Verkaufszweck, entwickelte es sich dann im weiteren Verlauf des Mittelalters zum Informationsmedium. Flugblätter wurden nun häufig zur Verbreitung von meinungsmachenden Schriften und Illustrationen genutzt. Auch zur Hexenverfolgung in Süddeutschland wurde mit Hilfe von Flugblättern aufgerufen – genannt „Hexenzeitung“. Gedruckt wurden die Flugblätter in damaliger Zeit mit Holzschnitten. Das war ein aufwändiger Prozess, den Auftraggebern war es dementsprechend wichtig, die Information auf dem Flugblatt zu verbreiten, wenn sie es anfertigten.

Die frühe Neuzeit und die Entwicklung zum politischen Instrument

Eine Variante des einseitigen Flugblattes waren sogenannte Flugschriften, die mehrblättrig waren und hauptsachlich informieren sollten. Sie waren bei der gebildeten Bevölkerung beliebt, da sie sich von der platten Werbung durch echten Informationsgehalt abgrenzten. Mit der Reformationszeit und dem Ende des Mittelalters wurden diese, sowie auch Flugblätter, zunehmend politischer.

Während des Dreißigjährigen Krieges dann wurde das Flugblatt als politisches Informationsmittel genutzt. Die Bevölkerung sollte möglichst schnell und einfach über die Situation informiert werden, so dass sich Handzettel als optimales Medium dafür anboten. Alleine im 17. Jahrhundert sind über 7.000 politische Flugblätter bekannt – das entspricht ca. 70 Auflagen im Jahr, also einer Distribution von ein bis zwei Mal pro Woche.

Flugblatt als Widerstandsmittel

War das Flugblatt schon früher politisch genutzt, entwickelte es sich im Nationalsozialismus zum Informationsmedium des Untergrunds. Unauffällig und in beliebiger Auflage druckbar, war es herzustellen, ohne große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das machten sich auch die Geschwister Scholl und die Mitglieder der Widerstandbewegung „Weiße Rose“ zu nutzen. Die Informationen, die sie hatten und verbreiten wollten, um die Bevölkerung zum Widerstand gegen das Nazi-Regime zu bewegen, verfassten sie in prägnante Schriften und legten sie beispielsweise in Universitäten aus. Sie wandten sich dabei gezielt der Zielgruppe zu, die sie als aufnahmefähig für ihren Appell erachteten und wählten daher junge Leute der gebildeten Schicht aus. Aber auch die Amerikaner nutzten das handliche Informationsmittel. Im Zweiten Weltkrieg wurden deutschsprachige Flugschriften von der amerikanischen Seite angefertigt, die „Feldpost“, um die deutschen Truppen über den wahren Stand des Krieges zu informieren.  

Das Flugblatt wird zum Flyer

Die weitere Entwicklung bis zum heutigen Flyer ist durch die Raver-Szene vorangetrieben worden, die Ende der 80er Jahre in Deutschland ankam. Die Veranstalter von oftmals illegalen Partys, konnten keine offiziellen Kanäle zur Werbung und Informationsverbreitung nutzen und mussten sich daher an eine konzentrierte Zielgruppe wenden. Die kleinen Flyer konnten auf anderen Partys ausgelegt, und damit gezielt an das ausgewählte Publikum verteilt werden. Auf diese Weise wurde die Gefahr, von der Polizei bei der Austragung einer illegalen Party erwischt zu werden, gering gehalten und trotzdem eine große Masse der gewählten Zielgruppe erreicht.

Besonderen Wert wurde auch hier auf die Gestaltung der Flyer gelegt – wie bereits im Mittelalter. Durch aufwendige Designs und auffällige Drucke sollte das Publikum angesprochen werden und der Flyer sich von der Masse abgrenzen. Heute hat sich ein Sammlerkult um die aufwendig gestalteten Rave-Flyer der 80er und 90er Jahre gebildet.

Im Hinblick auf die Gestaltung hat sich seit dem nicht viel geändert. Natürlich passt sich das Design der jeweiligen Zielgruppe an, aber ein auffälliger Druck und hochwertige Materialien sollen in erster Linie aufmerksam machen und den Flyer von anderen Produkten abgrenzen. Andere Mittel der Informationsweitergabe haben sich ebenfalls weiterentwickelt. Die Flugschriften beispielweise entwickelten sich zur Zeitung und das Internet, als universelles Informationsmedium, fungiert als Portal für alle Zielgruppen – diese finden sich auf diese Weise heute selbstständig in Portalen und Foren zusammen.

Flyer werden auch heute noch zur gleichzeitigen Informationsweitergabe und Werbung genutzt. Klein und leicht, sind sie schnell von sympathischen jungen Menschen in der Fußgängerzone verteilt, oder per Postwurfsendung direkt beim Empfänger gelandet. Insgesamt hat sich seit dem ersten Aufkommen des Massenmediums im späten Mittelalter, außer dem Namen des Produkts und dem Druckverfahren, also nur wenig geändert.

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