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Die Grundrechte in Bildern (Artikel 17 - 19)

aus der wissen.de-Redaktion

Artikel 17

 

 

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Erläuterung Lüpertz-Gemälde Artikel 17

 

Die Ansicht eines Dorfes in winterlicher Stimmung: Die Farben sind weitgehend aus der Welt verschwunden; es herrschen ein sattes Schwarz, manchmal ins Graue aufgehellt, und ein Weiß, das blaue Reflexe zeigt. Hilflos und verloren steht der Torso, ein Geschöpf des mediterranen Raumes, in dieser unwirtlichen Gegend. Denn hier fordert der Schutz vor der Natur die Kraft und Aufmerksamkeit der Bewohner. Alles ist von eisiger Starre ergriffen und auch der Körper der Figur vermittelt den Eindruck, dass sich seine Substanz von Marmor in Eis verwandelt hat. Dennoch gibt es dynamische Elemente, denn die beiden Straßen, die rechts und links neben dem Haus weiterführen, besitzen einen heftigen perspektivischen Schwung. Rasant verläuft die baumgesäumte Straße links in die Tiefe, rechts steigt der Weg weniger schnell an und bildet einen ruhigeren Bildabschluss auf dieser Seite der Komposition. Alles scheint leblos und lethargisch in sich versunken zu sein, aber die Wege und ihre Gestaltung lassen ahnen, dass darunter noch Energie vorhanden ist, die zur rechten Jahreszeit wieder aktiviert werden kann. Während alle Bestandteile des Bildes sehr vereinzelt wirken – ein einzelnes Haus, eine zerzauste Baumsilhouette, zwei dürre Stämme, ein Mast – hat der Maler am linken Bildrand eine Baumgruppe inszeniert, die jedoch ein feines Ornament bildet. Es geht hin und her zwischen Stämmen und Ästen, so dass ein Zusammenhang entsteht, der filigran wirkt. Die Bäume bilden einen Schutz für die weiter hinten liegenden Häuser; es ist zu spüren, dass in diesen Formen sich Lebensimpulse gespeichert finden, die wieder erwachen werden. Dies muss nicht allein aus eigener Kraft geschehen; denn Hilfe kann eingefordert werden, auch bei öffentlichen Institutionen.

 

Artikel 18

 

 

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Erläuterung Lüpertz-Gemälde Artikel 18

 

Inmitten eines freundlichen Panoramas, das die hellen Farben des Frühlings erkennen lässt, befinden sich die drei Kultursymbole: Torso, Kahn, Marmor. Die Statue, der Stellvertreter für den Menschen, zitiert die Vorstellung der Antike, dass sich Vollendung nur in der Harmonie von Körper und Geist ereignen könne. Der Marmor zeigt in seiner Farbigkeit und Musterung, dass die Natur eine große Künstlerin ist. Das Boot allerdings bringt einen ganz anderen Akzent ins Bild, denn völlig unerwartet erscheint es hier in einer düsteren Farbe. Es ist vor dem Torso platziert, als ob dieser es als Schild benutzen würde gegen eine unsichtbare Bedrohung. Offensichtlich geht es nicht gegen die Natur; diese liegt friedlich hinter der Gruppe im Vordergrund. Innerhalb jeder Kultur gibt es Negatives, Widerstrebendes, ja Zerstörerisches. Eines der Hauptübel in einer demokratisch verfassten Gesellschaft besteht darin, die von den Grundrechten garantierte Freiheit zu missbrauchen. Denn auch Freiheit braucht Regeln, wenn sie sich produktiv auswirken soll. Ansonsten droht ihre Zerstörung. Der Torso, hier Stellvertreter für die Künste, wehrt sich entschlossen und zivilisiert gegen ihre Verachtung und ihren Missbrauch.

 

Artikel 19

 

 

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Erläuterung Lüpertz-Gemälde Artikel 19

 

Obwohl sich die Figur, kräftig modelliert, am vorderen Bildrand präsentiert, wird der Betrachter doch gleichermaßen angezogen von der harmonischen, heiteren Landschaft. Sanft schwingt sie zum weiten Horizont. Einige wenige Bäume wachsen auf dem flachen Gelände; sie wurden vom Maler so angeordnet, dass sie in einem wohltuenden Rhythmus die Tiefe sichtbar machen und damit das großzügige Raumgefühl hervorbringen, das sich beim Betrachten einstellt. Der Maler hat jedoch noch eine andere raffinierte Methode gewählt, um dem Bildraum zugleich auch Festigkeit zu verleihen. Denn von dem Torso scheint die schwarze Farbe abzuspringen zu den Bäumen, so dass Vorder- und Hintergrund miteinander verbunden werden, aber auch die Einheit von Kunstwerk und Naturform in möglicher Harmonie angedeutet wird.
Die Atmosphäre der Komposition kann verglichen werden mit Werken des französischen Malers Camille Corot, der im 19. Jahrhundert eine romantisch-realistische Landschaftsmalerei geschaffen hat. Er hatte auch in Italien gearbeitet, wo er, wie so viele Künstler vor ihm, das schöne Arkadien und das idyllische Leben gemalt hat. Kultur und Natur als Einheit zu sehen und sich zu erträumen scheint der utopische Gehalt auch des Bildes von Lüpertz zu sein. So geht der Bilderzyklus versöhnlich zu Ende, nach der Wanderung durch die Jahreszeiten und die Wechselfälle des menschlichen Lebens.

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