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Die letzten Spuren des Krieges

II. Bezirk, Augarten (Straßenbahn 31 Gaußplatz)
III. Bezirk, Arenbergpark (Straßenbahn 0 Neulinggasse)
IV. Bezirk, Esterhazypark (U3 Neubaugasse)

von Valentin Demetz-Wille (mit freundlicher Genehmigung des metro-Verlages)

Flakturm, Leitturm Augarten, Wien
Valentin Demetz, Wien

Wenn es einen Bauwerkstypus gibt, der Wien, Berlin und Hamburg miteinander verbindet, dann sind es die Flaktürme aus dem Zweiten Weltkrieg. Initiiert von Adolf Hitler, weiterdelegiert an seinen „Hofarchitekten“ Albert Speer und von diesem wiederum an seinen Mitarbeiter Friedrich Tamms weitergeleitet, stellen sie ein Bollwerk dar, dessen Multi-Funktionalität kaum zu übertreffen ist. Als Hauptfunktion kann man sicher die Aufstellung von Flak-Geschützen auf dem Dach sehen, von denen sich auch der Name ableitet. Aber genauso waren diese monolithischen Baukörper Verteidigungsstellungen gegen Tiefflieger, Luftschutzbunker für Militär und Zivilbevölkerung als auch Fabrikanlagen für „kriegswichtige Betriebe“.

Sie alle wurden Anfang der 40er-Jahre geplant,benötigten aber so lange bis zur Fertigstellung, dass sie ihre Funktion als Geschütztürme kaum noch wahrnehmen konnten, da zu diesem Zeitpunkt die alliierten Bomber bereits zu hoch flogen und für die Zwillings-Flak auf dem Dach nicht mehr erreichbar waren. Ihre Funktion als Schutzbauten für die Menschen erfüllten jedoch alle sechs Türme Wiens. Heutige Nutzungen für die beiden Paare im zweiten und dritten Bezirk gestalteten sich lange Zeit als schwierig, da einerseits die massive Struktur der Flaktürme kaum bauliche Veränderungen zulässt und andererseits auch der Denkmalschutz, unter dem alle sechs stehen, zusätzliche Einschränkungen mit sich bringt. Ideen gab es viele: vom überdimensionierten Aquarium über den alternativen Wohnbau bis zur Sprengung war alles schon einmal da. Und selbst Friedrich Tamms, der Architekt der Türme, hat sich in den 40er-Jahren schon Gedanken über eine spätere Nutzung gemacht: z. B. sollten nach dem Sieg der Nationalsozialisten alle Flaktürme (in Hamburg gibt es noch zwei der vier ursprünglichen Bauwerke, in Berlin wurden alle sechs nach dem Krieg gesprengt) zu einem Mahnmal für die gefallenen Soldaten umfunktioniert werden. Verschiedene Entwürfe des Flakturm-Architekten Friedrich Tamms für die Zeit nach dem "Endsieg" lagen bereits in seiner Schublade, doch zum Glück trat dieses Ereignis ja nicht ein. Der Flakturm im Arenbergpark dient seit 1995 dem Museum für angewandte Kunst (MAK) als Depot für Objekte der Gegenwartskunst. Das Hauptziel des so genannten CAT-Projektes (Contemporary Art Tower) besteht darin, den ehemaligen Gefechtsturm mit seinem düsteren historischen Vermächtnis in ein offenes, lebendiges Zentrum für Gegenwartskunst und Neue Medien umzugestalten. Die aktuellen Veranstaltungen im Depot können Sie der Homepage www.mak.at entnehmen.

Wissenswertes

Einer der beiden Flaktürme im sechsten Bezirk birgt das Haus des Meeres, eine ansehnliche Sammlung von tropischen Meeresbewohnern und Reptilien. Außerdem turnen hier Weißschwanzäffchen frei herum. Jeden Mittwoch um 14 Uhr können Sie sich ungiftige Schlangen um den Hals legen lassen und streicheln! Das oberste Geschoss ist bis jetzt noch nicht genutzt, es ist aber die Rede von einem Kaffeehaus mit Aussichtsterrasse.

www.haus-des-meeres.at

Den Text entnahmen wir mit freundlicher Genehmigung des metro-Verlages, Wien dem Buch "Wiener Höhepunkte" aus der Reihe wienfacetten.

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