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Die Waschmaschine als Keimschleuder

Ob Kleidung, Handtücher oder andere Textilien: Sind sie dreckig, dann macht die Waschmaschine sie wieder sauber und hygienisch rein – könnte man meinen. Doch ein mikrobiologischer Blick in die Waschmaschine und unsere frisch gewaschene Wäsche zeigt etwas anders: Im Gerät und auch in den vermeintlich sauberen Textilien leben unzählige Bakterien. Diese machen gesunde Menschen zwar nicht krank, können aber bei immungeschwächten Schäden anrichten. Was aber kann man dagegen tun?
ABO / NPO, 29.09.2021

Sauber wird die Wäsche vielleicht - aber auch keimfrei?

GettyImages, urbazon

Mittlerweile greifen in Deutschland etwa 96 Prozent aller privaten Haushalte auf eine Waschmaschine zurück. Und das hat auch gute Gründe: Die Kleidung, Handtücher oder etwa die Bettwäsche mit einer Waschmaschine zu waschen, geht nicht nur schneller und einfach als mit der Hand, sondern scheint auch sehr gründlich zu sein.

Dabei wird aber oft unterschätzt, dass die Feuchtigkeit und Wärme in Waschmaschinen ideale Lebensbedingungen für das Wachstum von Keimen wie Bakterien oder Pilzen sind, die durch Schmutz, Schweiß, Hautschuppen und beispielsweise das Wasser dort hineingelangen. Sie verbreiten sie besonders dann, wenn man bei niedrigen Temperaturen, mit Wassersparprogramme und Bleiche-freien Flüssigwaschmitteln wäscht.

Die höchste Keimvielfalt weist die Einspülkammer auf. Darum sollte man diese regelmäßig reinigen und Reste von Waschmitteln, Weichspülern und Staub entfernen. Außerdem kann man das Fach nach dem Waschen etwas herausziehen, um die Restfeuchtigkeit gering zu halten.

GettyImages, nadisja

Fahndung nach mikrobiellen Bewohnern 

Wie anfällig bestimmte Stellen von Waschmaschinen für Verkeimungen genau sind, wurde bislang nur selten untersucht. Ein Forscherteam um Susanne Jacksch von der Universität Klagenfurt hat anhand von 50 Proben von 13 verschiedenen Waschmaschinen aber bereits herausgefunden, dass insbesondere die Spülmittelkammer, in die das Waschmittel gegeben wird, eine sehr hohe Artenvielfalt an Mikroorganismen aufweist.

Forscher um Markus Egert von der Hochschule Furtwangen sind den mikrobiellen Bewohnern unserer Waschmaschinen nun nochmal genauer auf den Grund gegangen. Im Fokus ihrer Untersuchung standen dabei vier leicht erreichbare Stellen der Waschmaschine: Neben der Einspülkammer und ihre Schublade untersuchten sie auch den oberen und unteren Teil der Bullaugendichtung.

Diese Stellen prüfte das Forscherteam an zehn häuslichen Waschmaschinen aus dem Großraum Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg. Dort nahmen die Experten mit Tupfern Abstriche und vermehrten die Mikroorganismen auf Agarplatten. Im Anschluss zählten sie diese und berechneten die Anzahl auf die beprobte Fläche hoch. Die isolierten Bakterien wurden anschließend noch identifiziert.

Tausende Keime nachgewiesen

Das Ergebnis: Insgesamt wiesen die Forscher über alle Probenahmestellen hinweg 21.000 Bakterien pro Quadratzentimeter nach. „Dabei wurden Spitzenwerte von bis zu 337.000 Keimen pro Quadratzentimeter gefunden“, berichtet Egert. „Das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Bielefeld.“ Davon betroffen waren vor allem die Einspülkammer, ihre Schublade und der untere Teil der Bullaugendichtung. Der obere Teil der Dichtung zeigte mit 111 Keimen pro Quadratzentimeter die geringste Anzahl an Kleinstlebewesen. Diese Stelle trocknet sehr schnell, sodass den Mikroben hier vermutlich die Lebensgrundlage fehlt.

Neben der insgesamt hohen Bakterienbelastung war auch die Artenvielfalt der Keime in den untersuchten Waschmaschinen sehr hoch: Bei der Identifizierung der verschiedenen Organismen erfassten die Experten insgesamt 40 verschiedene Spezies. Mehr als die Hälfte dieser Bakterienarten   wird als potentiell krankheitserregend eingestuft. Sie  können vor allem immungeschwächte Menschen, Schwangere, Kleinkinder und Ältere krank machen. Andere bakterielle Bewohner  der Waschmaschine wie vor allem das Bakterium Moraxella osloensis sind zudem eine bekannte Quelle für schlechten Geruch, der auch für muffig riechende Kleidung sorgen kann.

Besonders häufig wiesen Egert und sein Team die vier Bakterienarten Pseudomonas oleovorans, Acinetobacter parvus, Moraxella osloensis und Rhizobium radiobacter nach, die bereits in einer früheren Studie als dominant in Waschmaschinen erkannt wurden. Der erneute Nachweis verdeutlicht, dass es sich dabei um häufige Waschmaschinenbakterien handelt. Deshalb könnten man an diesen zukünftig testen, welche Reinigungsmaßnahmen oder Oberflächenbeschichtungen für Waschmaschinen nötig sind, um sie möglichst keimfrei zu machen.

Reinigungsbedarf: Blick hinter die Bullaugendichtung einer Waschmaschine

GettyImages, Lazy_Bear

Bakterien auch auf der frischen Wäsche

Doch die Waschmaschine ist nicht der einzige Ort, an dem sich selbst nach der Wäsche jede Menge Mikroben halten. Auch auf der frisch gewaschenen Wäsche wimmelt es. „Man findet auf gewaschener Wäsche vor allem Wasserbakterien aus der Waschmaschine, aber auch nicht ausreichend inaktivierte Haut- und Umweltkeime, die von der dreckigen Wäsche stammen“, erklärt Egert. Das stellten er und sein Team mithilfe von DANN-Spuren auf der Wäsche fest.

Mit fast 50 Prozent den größten Anteil hatten dabei Bakterien der Gattung Acinetobacter, einem eigentlich harmlosen Hautkeim, der aber bei immungeschwächten Menschen Wundinfektionen und im schlimmsten Fall sogar eine Blutvergiftung verursachen kann. 20 Prozent der auf der Wäsche präsenten Gensignaturen stammten von den in Wasser oder auf verdorbenen Lebensmitteln vorkommenden Bakterien der Gattung Aeromonas. Auch sie sind in der Regel harmlos, können aber im Krankenhaus Wundinfektionen hervorrufen.

Insgesamt stellen diese Wäschekeime für gesunde Menschen wahrscheinlich kein besonderes Gesundheitsrisiko dar, wie die Wissenschaftler betonen. Sie können aber erklären, warum frische Wäsche manchmal selbst nach dem Waschen unangenehm „müffelt“.

Auf die  richtige Reinigung kommt es an

Immerhin gibt einige Maßnahmen, die helfen, die Waschmaschine von Keimen zu befreien: „Waschmaschinen sollten regelmäßig gereinigt werden, zum Beispiel durch Auswischen mit Allzweckreiniger, aber auch durch regelmäßiges Waschen bei mindestens 60 Grad Celsius mit einem bleichehaltigem Pulverwaschmittel“, rät Egert. „Zum Austrocken sollten Bullauge und Einspülkammer zwischen den Wäschen offen gelassen werden.“

Nach dem Waschen empfiehlt es sich zudem, zusätzlich noch Wasserreste vom Gummirand der Tür und Trommel sowie Waschmittelreste in der Einspülkammer und ihre Schublade mit einem Lappen abzuwischen. Wer dabei ganz sicher gehen will, kann das Tuch auch mit einer verdünnten Zitronensäure tränken. Essig hingegen kann die Gummidichtungen und Kunststoffteile angreifen. Hat sich bereits schwarzer Schimmel gebildet, hilft es, zusätzlich hochprozentigem Alkohol oder Spiritus zu benutzen. Auch das Flusensieb, das im unteren Bereich der Waschmaschine unter der Trommel sitzt, sollte man bei Gelegenheit reinigen. Denn auch dort bleibt Wasser stehen.

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