wissen.de Artikel

Digitalisierung bei den Banken: Es gibt noch viel Potenzial

 

Banken stehen beim Thema Digitalisierung oft noch mit einem Bein in der Vergangenheit.

pixabay.com, geralt

Die Digitalisierung ist im vollen Gange, doch die Banken sind längst noch nicht auf dem neusten Stand. Zwar werden immer mehr Filialen geschlossen, da die Kunden ihre Bankgeschäfte bevorzugt online erledigen, doch die Kreditinstitute nutzen die Möglichkeiten der Technik bei Weitem noch nicht aus. Seit der Finanzkrise scheinen sich viele Banken in einer Art Schwebezustand zu befinden. Sie kämpfen mit sinkenden Einnahmen, dem niedrigen Leitzins und Kunden, die sich mehr und mehr online informieren und dort ihre Bankgeschäfte abwickeln.

Filialschließung vermeiden: Videoberatung in Filialen

Hier geht etwa die Volksbank-Raiffeisenbank Südpfalz in Lustadt einen neuen, digitalen Weg und hat in einem Großteil ihrer Filialen Videokabinen eingerichtet, um so deren Schließung zu vermeiden.  Hier können Kunden ihren Bankberater auf einem Bildschirm sehen und mit ihm kommunizieren. Dieses Service-Interaktiv-System wird hauptsächlich für unkomplizierte Bankgeschäfte eingesetzt – für komplexe Fragestellungen kann ein Termin vereinbart werden. Doch ist es das, was Kunden wollen – sich in einer Filiale vor einen Bildschirm setzen und dort mit einem Berater kommunizieren? Digital Natives würden eher eine volldigitale Beratung bevorzugen, die komplett ortsunabhängig ist, während ältere, eher skeptische Kunden ihrem Berater sicherlich am liebsten leibhaftig gegenübersitzen.

Welches Problem haben Banken?

Veraltete Strukturen und unzeitgemäße Technik sorgen dafür, dass viele Banken beim Thema Digitalisierung mit einem Bein noch in der Vergangenheit stehen. Während der Finanzmarkt mit immer neuen Produkten geflutet wird, allen voran Bitcoin und natürlich verschiedene Services von Google, Apple und Facebook, nutzen die Banken die neuen Möglichkeiten nicht aus. Ihre Geschäftsmodelle und Services stammen aus einer Zeit, als der Kunde häufig genug eher Bittsteller als König war.

Neue Studie deckt Lücken auf

Capco, die führende Management- und Technologieberatung für die Finanzdienstleistungsbranche, veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Studie zum Stand der Digitalisierung im Kreditgeschäft von Banken. Dafür wurden Kunden und Führungskräfte von mehr als einhundert Kreditinstituten nach dem Stand der Digitalisierung im Kreditgeschäft befragt. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus, denn die Banken haben einen erheblichen Nachholbedarf. Das betrifft nicht nur das Kundenerlebnis und die Kommunikation, sondern auch die Industrialisierung der Kredite.

Lücken in der Kommunikation

Capco fand heraus, dass immerhin 65 Prozent der untersuchten Banken mit ihren Kunden im Kreditbereich auf verschiedenen Kanälen kommunizieren. Allerdings gibt es während der Geschäftsvorgänge immer wieder Lücken in der Kommunikation. Kunden kommt es jedoch nicht auf die Art der verschiedenen Kanäle an, sodass Quantität hier nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Vielmehr möchten sie konsistent und lückenlos kommunizieren, und zwar von der Information rund um ein gewünschtes Produkt bis hin zum Abschluss. Hier hinken Banken den anderen Branchen noch hinterher. Kreditanbieter, die diesen Rückstand nicht aufholen, werden sich auf Dauer nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen können, denn immer mehr Kunden wünschen sich auch einen volldigitalen Kreditabschluss.

Der volldigitale Kreditabschluss

Bankgeschäfte werden zunehmend online getätigt. Überweisungen erledigen, Daueraufträge einrichten, investieren; sogar das Eröffnen eines Kontos funktioniert heute problemlos, ohne auch nur einen Fuß aus dem Haus zu setzen. Auch ein Kreditabschluss kann heute volldigital getätigt werden. Hierbei identifiziert sich der Kunden am Rechner oder an einem mobilen Device über ein VideoIdent-Verfahren. Er lädt die erforderlichen Nachweise einfach hoch oder erlaubt dem Anbieter den Blick auf sein Konto. Die bei einem Abschluss notwendige Unterschrift wird digital ausgeführt, die Unterlagen kommen per Mail. Dieses Vorgehen wurde durch eIDAS (electronic IDentification, Authentication and trust Services) und die europäische Signaturverordnung ermöglicht und stößt bei vielen Kunden auf Begeisterung. Einfacher und schneller konnte man noch nie einen Kredit abschließen. Das Identifizierungsverfahren wird nicht von der Bank selbst, sondern durch spezialisierte Drittanbieter abgewickelt. Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass es sich hierbei um die Methode der Zukunft handelt. Diese hat jedoch noch nicht bei allen Banken Einzug gehalten.

Kredite werden weiterhin manuell bearbeitet

Der Standard bei der Kreditabwicklung ist weiterhin die manuelle Bearbeitung. Capco ermittelte, dass die Hälfte der untersuchten Banken die Prozesse der Kreditbearbeitung noch nicht modularisiert und digitalisiert haben. Immerhin wird jedoch schon zwischen komplexen und einfachen Produkten unterscheiden, sodass Prozessstraßen genutzt werden können. Das beschleunigt ähnlich gelagerte Abläufe deutlich.

Die IT-Systeme müssen modernisiert werden

Die Technik entwickelt sich schneller als die IT-Systeme Schritt halten können. 35 Prozent der von Capco untersuchten Banken verwenden sogar noch Papierakten anstatt der digitalen Speicherung. Ein Drittel der Institute setzt jedoch schon auf die Automatisierung im Kreditprozess. Dabei sind Partnerschaften mit Drittanbietern unerlässlich, etwa wenn es um die Identifikationsverfahren geht. Hier zeigen sich die Banken sehr aufgeschlossen und arbeiten gern mit verschiedenen Fintechs zusammen. 40 Prozent der untersuchten Kreditinstitute beziehen die Fintechs bereits in ihre Wertschöpfungskette ein. So können sie bessere Produkte für die Kunden bereitstellen, was 70 Prozent der Befragten sehr wichtig oder wichtig ist. Der Erfolg dieser Vorreiter wird dafür sorgen, dass sich der Trend fortsetzt und auch die Banken auf den Zug aufspringen, die momentan digital gesehen noch mit einer Draisine unterwegs sind.

Was „Service“ bei Banken bedeuten kann

Kontoauszugsdrucker in Bankfilialen, vor denen sich an manchen Tagen eine Schlange bildet, sind kein echter Service mehr, mit dem man die Kunden zufriedenstellen kann. Kunden wollen von überall Zugriff auf ihre Daten, die einfach gespeichert und auch nach längerer Zeit noch abgerufen werden können. Der Kunde von morgen ist mobil, kommuniziert über verschiedene Kanäle und wünscht sich einen lückenlosen, digitalen Ablauf seiner Bankgeschäfte. Das gilt natürlich auch für Kredite und andere Produkte.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch