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Disease Management Programme: Kommt die “Checklistenmedizin”?

Leiden Sie an chronischen Krankheiten, sind Sie Asthmatiker oder Diabetiker? Dann kann es sein, dass Ihnen ihr behandelnder Arzt demnächst mit einer streng normierten Checkliste gegenübertritt. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) macht Druck: 2002 fällt in Deutschland der Startschuss für die ersten Disease Management Programme (DMP). Dabei handelt es sich um die Einführung wissenschaftlich abgesicherter Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Behandlung bestimmter Krankheitsbilder. Befürworter wollen dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: chronisch kranke Patienten besser versorgen sowie die finanziell bedrängten Krankenkassen deutlich entlasten. Kritiker beschwören hingegen die ärztliche Therapiefreiheit und befürchten Qualitätseinbußen in der medizinischen Versorgung. Der Streit ist voll entbrannt: Sind DMPs der erste Schritt zum medizinischen Qualitätsmanagement oder der Einstieg in eine minimalistische Checklistenmedizin?

Schwere Mängel im Gesundheitswesen

Reformbedürftig: Deutschland weist im Vergleich zu anderen hochentwickelten Ländern erhebliche Schwächen in der Patientenversorgung auf.
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Ein internationaler Vergleich zeigt, dass deutsche Ärzte zu teuer behandeln und neue Behandlungsmethoden in den meisten Fällen nicht oder nur mit Verzögerung bei den betroffenen Patienten ankommen. Zudem ist die Behandlung oft zu wenig systematisch und Therapien sind unzureichend dokumentiert. 2001 listete der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen die Mängel des deutschen Gesundheitswesens detailliert auf. U.a. kritisierten die Fachleute die einseitige Ausrichtung auf akute Krankheitsformen, die Betrachtung von chronisch Kranken lediglich als passive und teils unmündige Empfänger medizinischer Leistungen, die unzureichende Patientenschulung und -information sowie den Mangel an interdisziplinären Versorgungsstrukturen.

DMPs sollen nun helfen, das Gesundheitssystem zu reformieren. Als Ziel nennt Bundesgesundheitsministerin Schmidt die Verbesserung der Lebensqualität chronisch Kranker sowie erhöhte Qualität und Wirtschaftlichkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eckpfeiler dieses Ansatzes sind die Standardisierung der Behandlungsprozesse, die Strukturierung und Dokumentation der verschiedenen Informationen und Therapien, die Ausarbeitung eines systematischen flächendeckenden Gesamtkonzepts sowie die stärkere Einbindung der Patienten.

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