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Ein Streifzug durch die Museen der Republik

Zugegeben. Um es draußen schön zu finden, muss man derzeit schon mit einer Art Teflonhaut ausgestattet sein oder zumindest über ein ziemlich dickes Fell verfügen. Doch auch die, die weder mit dem einen noch mit dem anderen gesegnet sind, sollten sich im Herbst und Winter dann und wann vor die Tür wagen, zum Beispiel um ein wenig Kultur zu tanken. Die Museen der Republik locken jedenfalls mit einem abwechslungsreichen Programm. Von Schwarzer Romantik über Legoklötzchen bis zur ägyptischen Schönheit Nofretete ist so ziemlich alles dabei.
von wissen.de-Autorin Susanne Böllert, November 2012

Die schöne Nofretete hält Hof auf der Museumsinsel

Nofretete – das heißt so viel wie: „Die Schöne ist gekommen“. Für den Bildhauer Thutmosis muss der Name wie ein in Erfüllung gegangenes Versprechen gewesen sein, als die schöne Frau des ägyptischen Königs Echnaton um 1340 v. Chr. im Atelier des Hofkünstlers Einzug hielt. Zumindest tat sie dies in Form der weltberühmten Kalksteinbüste mit der fehlenden Pupille. Ob Nofretete Thutmosis tatsächlich in seinem Atelier Modell gestanden hat, ist zwar nicht überliefert. Entscheidend aber ist, dass uns die Büste der Königin mit der Blauen Krone bis heute als Zeugnis der weit entwickelten altägyptischen Kultur dient. Das wiederum haben wir dem deutschen Archäologen Ludwig Borchardt zu verdanken, der vor 100 Jahren am 6. Dezember 1912 bei Grabungen im  Örtchen Amarna am Ufer des Nils auf die Büste der Nofretete stieß. Das Ägyptische Museum in Berlin nimmt dieses Jubiläum nun zum Anlass für eine Sonderausstellung mit dem Titel „Amarna 2012 – 100 Jahre Nofretete“.

Wer sich also durch die Berliner Kälte kämpft, wird im Neuen Museum auf der Museumsinsel vom 7. Dezember 2012 bis 13. April 2013 nicht nur von Nofretete in Empfang genommen, sondern zusätzlich mit 400 Objekten aus den Berliner Beständen sowie dem Louvre, dem Metropolitan Museum of Art und dem British Museum entlohnt. Die zum Großteil noch nie gezeigten Keramiken, Schmuckstücke, Skulpturen, Statuenfragmente und Architekturteile lassen die Amarna-Zeit sowie die Fundgeschichte der Nofretete-Büste lebendig werden und beleuchten ihre Bedeutung als überzeitliches Schönheitsideal. Wem bei diesem Ausflug zur attraktiven Nofretete und ins heiße Nildelta nicht warm ums Herz wird, dem ist wohl kaum noch zu helfen.

 

Lego statt Nofretete

Es sei denn, er interessiert sich weniger für die schöne Tote vom Nil als für lebendige Geschichte zum Anfassen. Dann sei dem Museumsgänger mitsamt seiner Familie das Archäologische Museum Hamburg ans Herz gelegt. Denn hier im Helms-Museum kann er noch bis zum 31. Januar 2013 auf Lego-Zeitreise gehen, beginnend in den Höhlen der Neandertaler über das Alte Ägypten, wo vielleicht noch einmal Nofretete als besonders hübsches Lego-Figürchen grüßt, über die Zeit der Wikinger, das Mittelalter bis zum Wilden Westen und gar bis hoch hinaus in eine Raumstation der Zukunft. Wer selbst einmal mit Lego gespielt hat, der kennt die Faszination, die die kleinen Steinchen ausüben können. Doch was die Modellbauer aus dem Atelier der „Lego Certified Professionals“ in fünfmonatiger Bastelarbeit aus 1,5 Millionen Lego-Steinen zusammengesetzt haben, das dürfte nicht nur die kleinen Museumsbesucher beeindrucken. Für die hat das Archäologische Museum mit „Mammut-Werkstatt“, sonntäglichen „Bau-Mit-Stationen“ und Lego-Geburtstagen ein Extra-Programm auf die Klötzchen gestellt.

 

Emil Schumacher färbt den Herbst bunt

Nordlichter, die es weder mit Nofretete noch mit bunten Steinchen haben, angesichts des Hamburger Herbstes dennoch ein bisschen Farbe vertragen können, sei an dieser Stelle die Emil-Schumacher-Ausstellung im Ernst Barlach Haus empfohlen, die bis zum 27. Januar unter dem Titel Farben sind Feste für die Augen“ läuft. Schumacher selbst, dessen Geburtstag sich 2012 zum 100. Mal jährt, hat diesen Ausspruch getan.

Und auch seine westfälische Heimatstadt Hagen zitiert den Meister der Informellen Kunst für ihre Jubiläumsausstellung: Unter dem Motto „Malerei ist gesteigertes Leben“  ist im Emil Schumacher Museum bis zum 20. Januar das Werk des deutschen Nachkriegskünstlers im Dialog mit seinen großen europäischen und amerikanischen Zeitgenossen zu betrachten. Abstrakt, großformatig, farbintensiv und von jedem Formalismus befreit stellen Emil Schumachers Bilder existentielle Fragen – und finden ganz eigene Antworten.

 

Schwarze Romantik – wer traut sich?

Alles andere als farbenfroh präsentiert sich dagegen das Städel-Museum in Frankfurt. Hier geht es um Nacht und Schatten, Traum und Tod, Melancholie und Einsamkeit, das Abgründige und Irrationale. Richtig. Es muss sich um die Romantik handeln, und zwar um ihre dunkelste Seite. Gewarnt sei, wer angesichts von Herbstregen und Schneematsch sowieso schon in depressiver Verstimmung durch die Straßen streicht. Den wird die bis Ende Januar 2013 laufende Ausstellung „Schwarze Romantik. Von Goya bis Max Ernst“ eher noch düsterer stimmen. Ein Besuch im Lego-Paradies oder ein Stelldichein mit Frau Nofretete wären in dem Fall sicher die bessere Alternative.

Aber alle, die der Faszination des Grauens nicht wiederstehen können, sollten sich unbedingt in die gut 200 Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Fotografien und Filme vertiefen, die das Städel-Museum aus eigenen Beständen und aus Leihgaben des Prado, des Louvre und anderer Kunsthäuser zusammengestellt hat. Sie geben ein beeindruckendes Zeugnis ab vom Genie der romantischen Maler. Enttäuscht von der Aufklärung, die trotz allem Glauben an die Vernunft Kriege, Terror und Leid nach Europa gebracht hatte, wandten sich diese im 19. Jahrhundert immer mehr der Kehrseite der Rationaliät zu. Statt der Erleuchtung der Aufklärung interessierte sie der Nebel, das Dunkle und Geheimnisvolle, ja gar das Schauerliche. Verlassene Ruinen, offene Gräber, Friedhöfe, mittelalterliche Dämonen, Hexen. Wer traut sich hier hinein?

 

Licht ins Dunkel!

Nach all der Düsternis ist es nun wohl wieder an der Zeit, ins Helle zu treten. Und genau das hat sich die Pinakothek der Moderne in München für diesen Winter vorgenommen. Sie zeigt vom 9. November bis 17. Februar die Ausstellung „Licht-Bilder. Fritz Winter und die abstrakte Fotografie“. Bauhausschüler Winter (1905 bis 1976) war wie viele Künstler des beginnenden 20. Jahrhunderts ein vehementer Bewunderer des Lichts, zumal des elektrischen. Wie es sich in Glas und Kristall bricht, seine Spiegelungen und Strahlung, seine Bedeutung und Ästhetik, all dies faszinierten den bedeutenden deutschen Maler der Abstraktion.  Winters frühen Lichtgemälden stellt die Pinakothek experimentelle Fotografien der 20er und 30er Jahre gegenüber. Denn zwischen abstrakter Malerei und Fotografie gibt es verblüffende Berührungspunkte, die diese Ausstellung wortwörtlich ans Licht bringt. Für Winterblues jedenfalls ist hier kein Raum!

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