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Erfindung der Pünktlichkeit

Neue Tugenden

Das ganze Völker im Gleichschritt eine einstündige Sommer- bzw. Winterzeitreise machen, Millionen von Uhren brav vor- oder zurückgestellt werden, fällt uns gar nicht als außerordentliche Leistung auf, obwohl es doch recht bemerkenswert ist. Nicht immer nämlich waren die Menschen so zeitbewusst. Erst ein harter Disziplinierungs- und Gewöhnungsprozess machte die Pünktlichkeit im Zuge der industriellen Revolution zu einer allgemein anerkannten gesellschaftlichen Norm.

In vorindustrieller Zeit war Pünktlichkeit nicht so wichtig. Der Bauer richtete sich nicht nach der Uhr, sondern nach Sonne und Wetter, der Handwerker nach den anstehenden Aufgaben, beide nach Gewohnheiten und Traditionen. Uhren waren kaum verbreitet, die Zeit war nicht so vereinheitlicht, dass sich jeder danach richten konnte.

Die Fabrik aber hatte ihren eigenen gleichförmigen Rhythmus, dem sich die Arbeiter anpassen mussten, um ein Höchstmaß an Produktivität zu erreichen. Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit waren in den Augen des Fabrikanten die ersten Tugenden.

Mit Glocken und Sirenen riefen die Fabriken die uhrlosen Arbeiter an den Arbeitsplatz. Bei Unpünktlichkeit drohten strenge Bestrafungen wie Aussperrungen, Geldbußen und Entlassungen. So trieben die Unternehmer den Arbeitern den “Schlendrian“ aus.

Mit der Industrialisierung wurden dann Wecker, Taschen- und Armbanduhren zum Massenartikel und die Uhrzeit allgegenwärtig. Der “Takt der Zeiger“ und Pünktlichkeit erhielten auch im Privatleben eine immer größere Bedeutung.

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