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Fermentieren: Das steckt hinter der uralten Kulturtechnik

Das Fermentieren gehört zu den ältesten Techniken der Menschen, um Lebensmittel haltbar zu machen, oder um den Geschmack zu verändern. In allen Teilen der Erde ist diese Verarbeitung bekannt und es sind zahlreiche Spezialitäten entstanden, welche zum alltäglichen Speiseplan gehören und die Eigenarten der jeweiligen Küche widerspiegeln. Durch die besondere Art der Gärung können die verschiedensten Zutaten fermentiert, konserviert oder zu neuen Spezialitäten verarbeitet werden. Vom Käse über Sauerkraut, Brot oder alkoholischen Getränken – all dies können wir nur dank der Fermentation genießen.

Gemüse lässt sich durch fermentieren haltbar machen.

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Fermentieren – was ist das?

Der Begriff ist abgeleitet aus dem Lateinischen „fermentum“. Das bedeutet so viel wie „Gärung“. Früher diente das Fermentieren dazu, die Ernte des Sommers für den Winter haltbar zu machen.

Omas altes Küchenwissen

Fermentieren liegt voll im Trend. Was einst traditionell innerhalb der eigenen Familie von einer Generation an die andere weitergegeben wurde, erlebt eine wahre Renaissance im Internet. Früher wusste jeder, wie Lebensmittel haltbar gemacht werden. Durch die hohe Mobilität ist heutzutage allerdings der Kontakt zwischen den Generationen nicht mehr unbedingt gegeben. Erhalten bleibt das Wissen überwiegend dank der weltweiten Vernetzung über das Internet. Der aktive Austausch in den zahllosen Koch- und Gesundheitscommunitys hält es lebendig.

Aus gutem Grund: Bei diesem schonenden Verfahren werden die Lebensmittel nicht erhitzt. Darum bleiben die Vitamine erhalten. Das ist gesünder und zum Teil günstiger, als auf Dosengemüse oder Tiefgefrorenes aus dem Supermarkt zurückzugreifen. Empfehlenswert ist es, zum Fermentieren saisonales Gemüse zu verwenden. Das, was gerade frisch in der Natur geerntet wird, ist preiswert und kann problemlos für die kommenden Monate haltbar gemacht werden. Fermentierte Lebensmittel sind lecker, kalorienarm, leicht verdaulich und frei von Zusatz- und Konservierungsstoffen. Kein Wunder, dass sich diese altbewährte Technik zum Haltbarmachen aus Omas Zeiten wachsender Beliebtheit bei gesundheitsbewussten Menschen aller Altersgruppen erfreut.

Was passiert bei der Fermentation?

Zum Fermentieren von Lebensmitteln ist eine Starterkultur hilfreich. Zum Einsatz kommen dabei natürliche Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze. Bei frischem Gemüse befinden sich die Mikroorganismen auf der Oberfläche. Spezielle Bakterien müssen nicht hinzugegeben werden. Das Einlegen in Salzlake genügt. Anschließend wird das Lebensmittel luftdicht gelagert. Die Bakterien vermehren sich und wandeln den Zucker und die Stärke des Gemüses in Milchsäure um. Dadurch sinkt der pH-Wert. In dem sauren Milieu, das entsteht, können Fäulnisbakterien nicht überleben.

Während der Fermentation bilden die Milchsäurebakterien das Vitamin B12. Dieses Vitamin kommt sonst nur in tierischen Lebensmitteln vor. Ein Extra-Vorteil für Vegetarier und Veganer. Die eingelegten Gemüse entwickeln zusätzlich vollkommen neue Aromen. Verantwortlich dafür ist die Umwandlung der Fettsäuren durch die Milchsäurebakterien. Das sorgt für einzigartige geschmackliche Nuancen, die sogar Sterneköche schätzen.

Allerdings weisen Lebensmittel, die mit Hilfe von Bakterien haltbar gemacht werden, einen hohen Histamingehalt auf. Dahinter verbirgt sich ein spezieller Botenstoff, der vor allem in höheren Konzentrationen bei bestimmten Menschen eine allergische Reaktion hervorrufen kann. Betroffene Lebensmittel sind beispielsweise Salami, Sauerkraut, sauer eingelegten Gemüsearten, Wein und Weizenbier. Die Höhe des Histamingehalts hängt stark von der Art und Dauer der Fermentation ab. So enthält etwa Weißwein weniger Histamin als Rotwein.

Sauerkraut ist eines der bekanntesten fermentierten Lebensmittel.

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Fermentieren Schritt für Schritt

Fermentieren funktioniert ohne Strom. Mit festen Gemüsearten wie Kraut, Kohl, Rote Bete, Mohrrüben, Rettich oder Fenchel geht es besonders einfach. Wer etwas geübter ist, kann es durchaus mit anderen Lebensmitteln wie Obst versuchen.

 

 

Folgende Hilfsmittel werden benötigt:

  • Grobes Meersalz
  • Schraubglas, Einmachglas oder Tontopf, im Idealfall mit speziellem Fermentierdeckel (mit Ventil)  
  • Stößel zum Zusammendrücken der Lebensmittel im Glas oder Tontopf
  • Lebensmittelechte Glas- oder Keramikgewichte zum Herunterdrücken des Gemüses

Das Gefäß und das Gewicht müssen keimfrei sein. Zur Sicherheit sollte beides vor dem Fermentieren zehn Minuten im Wasserbad ausgekocht werden.

  1. Fein geschnittenes Gemüse in das Gefäß schichten. Es darf gemischt und individuell gewürzt werden. (Vorschlag: 8 Mohrrüben, 10 cm Ingwer, 1 TL Chiliflocken, 2 geschälte Knoblauchzehen). Mit einem Stößel festdrücken und zum Schluss mit einem keimfreien Gewicht beschweren
  2. Salzlake herstellen: Pro Liter 20 g Salz aufkochen
  3. Gemüse vollständig mit Salzlake bedecken
  4. Ventildeckel aufschrauben; herkömmliche Deckel nur lose auf das Glas oder Tongefäß legen, damit die bei der Fermentation entstehenden Gase austreten können
  5. 3 bis 4 Tage zur Unterstützung der Milchsäuregärung bei Raumtemperatur aufbewahren
  6. Mindestens 2 bis 4 Wochen Lagerung (ideale Temperatur: 15 ° C – 22 ° C)

Geöffnete Gläser sollten im Kühlschrank aufbewahrt werden.

Vor- und Nachteile des Fermentierens

Beim Fermentieren überwiegen die Vorteile:

  1. Positive Auswirkung auf die Darmgesundheit: Der Darm ist das größte menschliche Immunorgan. Durch eine Behandlung mit Antibiotikum kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraden. Fermentiertes Gemüse versorgt den Körper mit wichtigen Nährstoffen. Die mit der Nahrung aufgenommenen Bakterien gelangen unbeschadet bis in den Darm. Dort regen sie das Wachstum von nützlichen Bakterien an und bauen so die Darmflora wieder auf. Davon profitieren Menschen mit chronischen Verdauungsproblemen ebenso wie Menschen mit Reizdarmsyndrom. Allerdings muss regelmäßig fermentiertes Gemüse gegessen werden, um diesen Effekt beizubehalten.

    Sauerkraut beispielsweise gilt als uraltes Superfood: Durch seine wertvollen Mikroorganismen schützt es den Darm vor Viren, Bakterien und Pilzen. In den meisten Fällen ist es im Handel allerdings nur in pasteurisierter Form erhältlich. Das heißt, es enthält keine Milchsäurebakterien mehr und ist unter gesundheitlichen Aspekten betrachtet wertlos. Darum lohnt es sich, selbst zu fermentieren. Einen durchweg positiven Effekt der Bakterien konnte die Verbraucherzentrale bislang nicht bestätigen. Dafür spielen noch zahlreiche weitere Punkte eine wichtige Rolle für einen gesunden Darm.

  2. Nährstoffe bleiben erhalten: Ein weiterer Vorteil der Fermentation ist, dass die Nährstoffe über Monate oder sogar Jahre erhalten bleiben.  Wer ein Gewächshaus oder einen Garten bewirtschaftet, kann große Mengen der Ernte dauerhaft haltbar machen und so für hochwertiges Biogemüse während des gesamten Jahres sorgen. Das trägt nicht nur zur Verbesserung der Gesundheit bei, es schont auch den Geldbeutel. Außerhalb der Saison ist Gemüse in der Regel deutlich teurer. Ist der eigene Anbau von Gemüse nicht möglich, bleiben als Alternative Hamsterkäufe bei Biobauern oder im Supermarkt.
  1. Einfache Technik: Der Vorgang des Fermentierens ist leicht zu erlernen. Jeder kann diese Technik nutzen.
  1. Vielfältige Rezepte: Falls es an Ideen mangelt, bietet das Internet eine Fülle von Rezepten zum Ausprobieren. So ist jederzeit für Abwechslung aus dem Glas gesorgt.

Der einzige Nachteil: Menschen, die unter einer Histamin-Intoleranz leiden, sollten von fermentierten Lebensmitteln Abstand nehmen. Durch die mikrobakterielle Reifung sind die Lebensmittel besonders histaminreich. Das kann das Leiden Betroffener verstärken.

Auch Milchprodukte wie Käse oder Joghurt werden durch Fermentation hergestellt.

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Die Milchsäuregärung

Verarbeitung und Erzeugung von Milchprodukten

Joghurt ist als erfrischende Zwischenmahlzeit oder kleiner Nachtisch beliebt. Auch seine Herstellung erfolgt mithilfe der Fermentation: Zunächst werden Hefe oder Milchsäurebakterien (vor allem Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaris) in die Milch gegeben. Danach wird sie auf ungefähr 20 - 45° Celsius erwärmt. Unter diesen Bedingungen vermehren sich die Milchsäurebakterien besonders gut. Es kommt zur Bildung des Enzyms Laktase. Das wiederum spaltet den Milchzucker, die sogenannte Laktose, in die beiden Einfachzucker Glukose und Galaktose auf. Die Bakterien bauen diese Einfachzucker weiter zu Milchsäure ab. Daraufhin gerinnt das Milcheiweiß Kasein – und die Milch wird fest. So kommt schließlich die Konsistenz zustande, die von Joghurt bekannt ist. Als Nebenprodukt der Fermentation entsteht Molke. Sie setzt sich auf der angedickten Milch ab.

Weitere populäre Produkte der Milchsäuregärung sind Käse, Buttermilch, Lassi, Ayran, Kefir und Kumyss (vergorene Eselsmilch). Fermentierte Milchprodukte wie reifer Käse oder Jogurt werden trotz einer diagnostizierten Laktoseunverträglichkeit in den meisten Fällen gut vertragen. Sie enthalten durch die spezielle Verarbeitung weniger Laktose. Obwohl Milchsäurebakterien seit über 4.000 Jahren verwendet werden, um saure Milchprodukte herzustellen, sind die kleinen mikrobiologischen Helfer erst seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Ihre Entdeckung ist dem französischen Chemiker Louis Pasteur zu verdanken.

Milchsäuregärung bei Sauerkonserven

Der Begriff Sauerkonserven umfasst Gemüse, das durch die Milchsäuregärung haltbar gemacht wird. Zum Fermentieren geeignet sind prinzipiell sämtliche Kohlsorten wie Weißkohl, Rotkohl und Blumenkohl, Gurken, Bohnen, Wurzelgemüse wie Mohrrüben, Sellerie oder Pastinaken einschließlich Knollenfenchel sowie Tomaten, Chili und Paprika. Gewürze und frische Kräuter sorgen für ein spezielles Geschmackserlebnis. Salz-Dill-Gurken können ebenfalls mithilfe der Milchsäuregärung hergestellt werden: Dazu werden möglichst frisch geerntete Gewürzgurken in ein Fass mit einer Salzlösung und Dill gegeben. Aufgrund der Milchsäuregärung erhalten sie ihren unnachahmlich frischen Geschmack.

Sauerteigbrot bekommt durch die Milchsäuregärung seinen charakteristischen Geschmack.

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Milchsäuregärung bei Sauerteig

Die Sauerteiggärung ist eine alkoholische Gärung. Allerdings verschwindet der Alkoholgehalt während des Backens. Brot, das mit Sauerteig hergestellt wird, ist locker, gesund und leicht verdaulich. ​Zur Herstellung von Roggenbrot ist Sauerteig unverzichtbar. Er wird mit Roggen und Wasser angesetzt und anschließend mit einem Teil eines alten Sauerteigs ergänzt beziehungsweise „angeimpft“. Die Gärung erfolgt durch Milchsäurebakterien. Nach 15 bis 18 Stunden ist der Prozess bereits abgeschlossen.

Heterofermentative Milchsäurebakterien produzieren nicht nur Milchsäure, sondern auch Essigsäure. Das Verhältnis dieser beiden Säuren bestimmt den Geschmack des Brotes. Der Bäcker kann darauf Einfluss nehmen, indem er zum Beispiel die Temperatur des Sauerteiges während der Stehzeit verändert. Das nennt sich „Sauerteigführung“. Zu den bekanntesten Arten in Deutschland zählen unter anderem der Weinheimer Qualitätssauerteig, der Berliner Kurzsauerteig und der Detmolder Einstufensauerteig.

Auch Brotsorten mit hohem Weizenanteil profitieren von Sauerteig: Er verbessert den Geschmack und die Frischhaltung. Bekannt geworden ist beispielsweise der „Hermann-Teig“, der als Grundlage eines speziellen Kuchens von einer Person zur anderen weitergereicht wurde.

Die alkoholische Gärung

Die alkoholische Gärung findet unter anaeroben Bedingungen, also ohne Sauerstoff, in Hefezellen statt. Sie wird nicht nur zum Brotbacken, sondern zur Herstellung alkoholischer Getränke eingesetzt. Der Hauptvorgang bei der Gärung ist die Umwandlung von Zucker in Alkohol und Kohlensäure.

Beispiel Bierherstellung

Gemäß dem „Bayerischen Reinheitsgebot“ dürfen zum Bierbrauen ausschließlich Malz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden. Da die Hefe zur Vermehrung Sauerstoff braucht, wird sie in der kalten Würze intensiv belüftet. Die dabei entstehenden Gärungsnebenprodukte haben Einfluss auf den Geschmack und den Geruch des Bieres. Während der etwa sieben Tage dauernden Gärung muss die Flüssigkeit im Gärtank gekühlt werden. Zum Ende setzt sich die Hefe im Konus (Kegel) des Tanks ab.

Im neu entstandenen Jungbier sind kein Sauerstoff und kein vergärbarer Zucker mehr enthalten. Das heißt, die Hefen haben keine Nahrungsgrundlage mehr und können aus dem Konus geholt werden. Das Bier wird anschließend umgefüllt und noch etwa drei Wochen bei Temperaturen von 0 bis 1° Celsius aufbewahrt.

Bei der Weinherstellung wird durch den Gärprozess Zucker in Alkohol umgewandelt.

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Beispiel Weinherstellung

Der Zucker im Wein, eine Mischung aus Glucose und Fructose und wird mithilfe von Hefen zu Alkohol umgewandelt. Ist der Zucker vollständig verarbeitet, sterben die Hefen ab. Je mehr in Alkohol umgewandelt wird, desto trockener wird der Wein.

Die Gärung vollzieht sich in drei Phasen: In der Angärphase vermehrt sich die Hefe. Es kommt zur Bildung von Kohlendioxid. Danach folgt mit Phase zwei die stürmische Gärung, die auf Französisch „bouillage“ genannt wird. Sie zeichnet sich durch eine immense Hefevermehrung, Kohlendioxidbildung und Wärmeentwicklung aus. Der Most gerät dabei regelecht ins Brodeln. Die dritte Phase ist die Nachgärphase. In dieser Zeit werden die letzten Zuckerreste abgebaut, wobei wertvolle Geschmacks- und Aromastoffe entstehen. Soll Restzucker erhalten bleiben, muss die Gärung an dieser Stelle beenden werden. Das kann auf unterschiedliche Arten geschehen:

  • durch das Abkühlen der Flüssigkeit bis auf minus 3 bis 2 ° Celsius
  • durch die Zugabe von Schwefel
  • durch eine kurze Erhitzung auf 75 °C
  • durch den Zusatz von reinem Alkohol (funktioniert nur bei bestimmten Weinen)

Die Gärung ist beendet, wenn der Zucker nahezu vollständig umgewandelt ist. Auf natürlichem Wege bleibt selbst bei trockenen Weinen ein kleiner Anteil Restzucker im Wein übrig. Die abgestorbene Hefe sinkt zusammen mit anderen Stoffen als Trub an den Boden des Gärbehälters. Nach dem Ende des Gärvorgangs verbleibt der Wein bei Weißweinen mit Barrique-Ausbau wie Chardonnay und Muscadet zunächst auf dem Hefesatz. Diese Hefesatzlagerung sorgt für zusätzlichen Geschmack und Fülle.

Rotwein durchläuft gewissermaßen eine zweite Gärung. Diese wird als malolaktische Gärung (kurz BSA = Biologischer Säureabbau) bezeichnet. „Malo“ ist von dem lateinischen Wort „malum“ – „Apfel“ abgeleitet. Die im Wein vorhandene Säure erinnert geschmacklich an einen unreifen Apfel. Bakterien, Pediococcus, Leuconostoc und Lactobacillus, wandeln sie in milde Milchsäure um. Dafür sind Temperaturen von über 20 ° Celsius nötig. In modernen Weingütern wird der Keller nach Abschluss der Weingärung beheizt. Nach zwei bis drei Wochen ist keine Apfelsäure mehr enthalten, wodurch der Wein weicher und voller wird.

Die Essigsäuregärung

Essig dient einerseits als natürliches Konservierungsmittel. Andererseits wird er gezielt zur Veredelung von Speisen eingesetzt. Die Vielfalt der erhältlichen Varianten zeigt, wie sehr er als Lebensmittel wertgeschätzt wird. Gemüse wie Linsen und Bohnen werden durch die Zugabe von Essig bekömmlicher. Er verdünnt das Blut und hilft beim Kochen von Blumenkohl dabei, die appetitliche weiße Färbung zu erhalten.

Hergestellt wird Essig durch die Vergärung von Alkohol mit Essigsäurebakterien. Im Prinzip kann jede Art von Alkohol zur Essigherstellung genutzt werden. Aber nur bestimmte Bakterien können Alkohol als Energiequelle verwenden und ihn zu Essigsäure und Wasser abbauen. Eine Voraussetzung dafür ist Sauerstoff. In Weinfässern befindet sich dieser nur an der Oberfläche. Dort entsteht eine dünne Haut aus Bakterien, die in Fachkreisen als Essigmutter bezeichnet wird. Bis der komplette Wein umgesetzt ist, vergehen ohne weiteres Zutun Monate.

Um diesen Prozess zu beschleunigen wird Sauerstoff in den Wein hineingegeben, sodass die Bakterien überall gleichzeitig ansetzen können und nicht nur an der Oberfläche aktiv sind. Dadurch dauert die Umwandlung zu Essig nur wenige Tage. Je hochprozentiger der eingesetzte Alkohol, desto saurer wird der Essig.

Drei verschiedene Herstellungsverfahren stehen zur Verfügung:

  1. Orléans-Methode: Dabei wird in Holzfässern gelagerter Wein mit einer Essigmutter „geimpft“.
  1. Rieseln: Der Wein wird über eine feinporige Oberfläche gegeben, die mit Luftkammern versehen ist. An der Oberfläche haften die Bakterien an. Dementsprechend kommt die Flüssigkeit während des Hindurchrieselns mit ihnen in Berührung. Das verschnellert den Gärprozess.
  1. Untergetauchte Kulturen: Der Wein wird mit Bakterien versetzt. Anschließend wird Sauerstoff hinzugegeben, sodass die Bakterien innerhalb des gesamten Gefäßes Alkohol in Essig umwandeln können. Anschließend wird der Essig pasteurisiert. Das tötet die Bakterien ab.

Die Fermentation von Tabak und Tee

Die Fermentierung bei Tabak und Tee dient ausschließlich der Aromaentwicklung. Durch den Vorgang verliert der Tabak Nikotin und Gerbsäure, was Zigarren und Pfeifen genießbarer und aromatischer macht. Die Fermentation entzieht dem Tabak außerdem Eiweiß und Zucker.

Getrocknete Tabakblätter werden aufeinandergeschichtet und anschließend mit Stofftüchern bedeckt. Darunter steigt die Temperatur auf bis zu 60 ° Celsius, und die Fermentierung beginnt. Während des Prozesses wird der Tabak mehrfach umgeschichtet. Nach vier bis sechs Monaten ist die Fermentation abgeschlossen. Zur Herstellung von Premium-Zigarren wird dieser Vorgang zwei oder sogar drei Mal wiederholt. Mit jeder Fermentation steigert sich das Aroma des Tabaks. Gleichzeitig wird bei der Fermentation der Nikotingehalt reduziert, wodurch die Zigarren bekömmlicher werden.

Bei der Zigarrenherstellung wird ohne Hilfsmittel fermentiert. Anders bei Zigarettentabak: Um die Fermentation zügiger abzuschließen, wird künstlich Hitze erzeugt. Dabei bleibt Restzucker erhalten.

Der Fermentationsprozess sorgt beim schwarzen Tee für die Entwicklung verschiedener Aromastoffe.

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Grüner und schwarzer Tee stammen von ein und derselben Pflanze. Der einzige Unterschied besteht darin, dass schwarzer Tee fermentiert wird, grüner hingegen nicht. Dazu werden die Teeblätter in einer Schicht von ungefähr zehn Zentimetern auf Tischen ausgelegt. Die Luft wird während des Gärungsprozesses, der zwei bis drei Stunden in Anspruch nimmt, mit Wasser feucht gehalten. Außerdem werden Ventilatoren genutzt. Die Blätter beginnen sich zu verfärben.  Der Stand der Oxidation und der Geruch der feuchten Blätter werden sorgfältig kontrolliert. Während der Fermentation entfalten sich die speziellen Aromen. Mikroorganismen werden nicht zum Fermentieren von schwarzem Tee benötigt.

Es gibt eine Ausnahme: Pu-Erh Tee. Die Fermentation würde hier im Normalfall mehrere Jahre bis zur Trinkreife benötigen. Mit Hilfe von Mikroorganismen lässt sich diese Zeit auf wenige Monate verkürzen.

Das Abhängen

Die Reifung von Fleisch wird als „abhängen“ bezeichnet. Direkt nach dem Schlachten ist es im rohen Zustand nicht genießbar. Erst durch das fachgerechte Lagern werden die Muskelfasern mürbe. Das ist vor allem bei Rindfleisch entscheidend. Aufgrund der festen Muskelfasern ist das Fleisch andernfalls zäh und trocknet beim Braten vollkommen aus. Dabei bleibt jeglicher Genuss auf der Strecke. Das Abhängen unter den richtigen Bedingungen führt zu einer Reifung des Fleisches. Dabei zersetzen Enzyme die Faserstrukturen in den Muskeln. So wird es zart und bekömmlich.

Die Dauer des Abhängens entscheidet sich nach der Fleischart. Für Geflügel oder Schweinefleisch sind drei Tage bereits genug. Kalb benötigt rund eine Woche. Wild und Rind sollten zwei bis drei Wochen abhängen. Rind kann aber durchaus noch viel länger reifen. Eine populär gewordene Möglichkeit ist die Trockenreifung, bei der das Rindfleisch bis zu acht Woche gelagert wird.

Gourmets betrachten das so genannte Dry Aged Beef als einmalige Delikatesse. In dieser Zeit verliert das Fleisch sehr viel Feuchtigkeit, was seine Oberfläche schwarz werden lässt. Zusätzlich bildet sich außen eine Schimmelschicht. Diese wird später entfernt. Feinschmecker loben das intensive Fleischaroma und die unglaubliche Zartheit von Dry Aged Beef.

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