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Fertighäuser

Bis vor rund zwanzig Jahren wurden Fertighäuser gegenüber gemauerten Massivhäusern meist stiefmütterlich behandelt. Das hatte seine Hauptursache in der Optik: Die Fertighäuser sahen auch aus wie Fertighäuser. Dazu kam der technische Aspekt. Die damaligen Baustoffe und Konstruktionsarten konnten die Energieeffizienz von Massivhäusern nicht erreichen. Wie sieht es heute aus?
 
Energieeffizienz bei Fertighäusern

acilo - iStockPhoto

 
Schleppender Beginn
In den Anfangszeiten der Produktion standen die Geschwindigkeit des Aufbaus und der günstige Preis eines Fertighauses im Mittelpunkt des Interesses. Dementsprechend konzipierten die Hersteller Steck- und Modulsysteme, die den Bau- und Konstruktionsaufwand möglichst gering hielten. Dämmung und Beheizung wurde durch die Verwendung von Wandbaustoffen wie Eternit, geleimten Faserplatten oder Rigips in Kombination mit Styropor geregelt.
 
Auch wenn bereits in den 1970er-Jahren erste Anzeichen der Verknappung von fossilen Brennstoffen erkennbar wurden, reagierten die Hersteller von Fertighäusern verhältnismäßig langsam. Das Nischendasein der Branche und damit verbundene schleppende Weiterentwicklung von Werkstoffen und Konstruktionsverfahren veranlassten die meisten Bauherren, sich für die Massivbauweise zu entscheiden.
 
Mächtig aufgeholt
Mit der Entwicklung neuer Dämmmaterialien und bautechnischen Umsetzung gewannen die Fertighäuser an Ansehen. Das Image des Hausbaus "für Arme" verlor sich in den 1990er-Jahren langsam und die Fertighäuser schlossen in Optik und Wohneigenschaften zu der Massivbauweise auf. Parallel signalisierten die ständig steigenden Energiepreise die Wichtigkeit, die dem Energieverbrauch beim Hausbau zukam.
 
Die ersten gesetzlich verbindlichen Regelungen bezüglich der Energieeffizienz von Gebäuden traten gegen Ende der 1990er-Jahr in Kraft. Die erste Version der bis heute gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) wurde zum Februar 2002 in Kraft gesetzt. Sie umfasste bereits ab der ersten Fassung sowohl Massivhäuser als auch Häuser in Fertigbauweise. Optischer Anspruch und energieeffiziente Bauweise beider Haustypen begegnen sich seitdem auf Augenhöhe.
 
Niedrigenergiehaus ist Standard
Nach dem heutigen Stand der Bautechnik und Materialauswahl ist sowohl bei einem Fertighaus als auch bei Massivbauweise die gleiche Energieeffizienz umsetzbar. Die Bandbreite reicht von einer normalen Dämmung, die den gesetzlichen Vorgaben genügt bis hin zum Passivhaus, das idealerweise einen Energieüberschuss erwirtschaftet.
 
Energieeffizienz bei Fertighäusern

Michael Hieber - iStockPhoto

 
Das sogenannte Niedrigenergiehaus ist heute Standard. Die notwendigen Energieverbrauchswerte werden bei einem modernen Fertighaus problemlos erfüllt. Insbesondere dichtigkeitssensible Gebäudestellen wie Wandstöße, Fenster, Türen und Dachkonstruktionen werden mit modernen Abschluss-, Verkoppelungs- und Dämmverfahren verschlossen.
 
Holz hält Einzug
Das Modulsystem der Fertighaus-Hersteller nutzt weiterentwickelte Werkstoffe für Wand-, Boden- und Deckenteile. Die vorgefertigten Platten bestehen heute in der Mehrheit aus Holz, die in mehrschichtigen Techniken mit integrierten Dämmungen montiert werden. Sie weisen auf ihren Flächen mindestens die gleichen Dämmwerte auf wie ein Mauerwerk mit Dämmschicht. Als Niedrigenergiehaus gilt ein Haus mit dem Verbrauch von dreißig bis höchstens siebzig Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
 
Ähnlich wie bei der Massivbauweise ist bei einem Fertighaus auch ein höherer Standard erreichbar. Die Energieeffizienz hängt nicht mehr von den Baustoffen oder der Konstruktionsweise ab. Einzig der Aufwand bei der Umsetzung des Aufbaus und die Verwendung hochwertigerer Materialien entscheidet beim Fertighaus. Dreifachverglasungen und wärme- beziehungsweise kältebrückenfreie Modulverbindungselemente bestimmen den letztendlichen Energieverbrauch.
 
Über dem Standard
Die Fertighaus-Industrie bietet auch Dreiliter-Niedrigenergiehäuser an. Der Energieverbrauch liegt unter dem gesetzlich geforderten Standard. Das Haus verbraucht bis höchstens drei Liter Heizöl oder drei Kubikmeter Gas pro Quadratmeter beheizbarer Fläche pro Jahr. Wie die Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau ausführt, sind mit entsprechender Haustechnik auch Passivhäuser in Fertigbauweise problemlos umsetzbar.
 
In einem Passivhaus werden alle entstehenden Energiequellen während der Nutzung ausgenutzt, die mit einem intelligenten Luftzirkulationssystem zum Beheizen genutzt werden. Sonnenwärme und die Abwärme elektrischer Geräte oder der Bewohner ersetzen den externen Energieverbrauch und senken ihn auf jährlich maximal zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter.
 
Vorteile der Fertigbauweise
Die modulare Bauweise eines Fertighauses erlaubt oft, die Belüftungstechnik mit weniger Aufwand in das Gebäude zu integrieren, als es bei einer Massivbauweise der Fall ist. Ein weiterer spezifischer Vorteil bei einem Fertighaus kann der geringere Volumenbedarf für Wände und Decken bei gleicher Energieeffizienz sein. Nicht unerheblich ist die "leichtere" Bauweise des Fertighauses, die eine energieschonende Platzierung erleichtern kann.
 
Himmelsrichtung, Sonneneinstrahlung und Windseite wirken auf die Energieeffizienz eines jeden Gebäudes ein. Während die Platzierung eines Mauerwerks häufig auch stark von der statischen Beschaffenheit des Bodens und der Lage abhängt, kann ein Fertighaus in manchen Fällen bei der Planung variabler "gedreht" und "gewendet" werden.
 
Förderungsfähige Bauweise
Bei allen Neubauten, Umbauten, Eigentümerwechseln oder Sanierungen muss heute ein Energieausweis nach der EnEV ausgestellt werden. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber nicht zwischen Fertighaus und Massivhaus. Lediglich die tatsächliche Energieeffizienz spielt eine Rolle. Eine Übersicht zu den Regeln zum Energieausweis listet die exakten Vorgaben auf. Hier finden sich auch Tipps, zu Fördermöglichkeiten, die beim Bau eines Niedrigenergiehauses in Fertigbauweise beispielsweise von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
 
Generell kann beim Stand der heutigen Bautechnik festgestellt werden, dass Fertighäuser die gleichen Optionen bezüglich ihrer Energieeffizienz besitzen wie Massivhäuser. Letztendlich entscheidet nur der Geschmack und eventuell das Budget.

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