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Für Gründer: Diese Aufgaben sollten Profis überlassen werden

Wer gründet, braucht fraglos eine große Portion Selbermachermentalität. Doch bei allem Verständnis dafür gibt es auch Dinge, die man den Profis ihres jeweiligen Metiers anvertrauen sollte

Im Zweifel einen Experten verständigen. Das mag zwar vielen Gründern zuwider sein, ist aber bei manchen Positionen die bestmögliche und langfristig günstigste Lösung.

unsplash.com, Austin Distel

„Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt.“ Mit diesem bis heute nachwirkenden Slogan warb die damalige Deutsche Bundespost schon anno 1990 für ihr Gelbe-Seiten-Telefonbuch. Und auch wenn die Zeiten dieses papiernen Machwerks sicher beendet sind, so gilt der Kerngedanke nach wie vor: Auch wenn man selbst ein Profi ist, so gibt es j Dinge, die man nicht perfekt beherrscht.

An manchen Stellen ist dies nicht schlimm, jedoch gibt es gerade im unternehmerischen Bereich auch Dinge, die outgesourct werden sollten – weil sie dann besser gelingen und weil Gründer schon aus Zeit- und Belastungsgründen nicht alles selbst erledigen sollten. Doch was?

Die Steuerangelegenheiten

Deutsche Start-ups werden aus steuerlicher Sicht kaum anders behandelt als jedes andere beliebige Unternehmen. Kritisiert wird dies schon seit vielen Jahren – nicht ganz zu Unrecht, weil allein der Verwaltungsaufwand wie ein Hemmschuh vor der Gründerwelt liegt; von den Kosten ganz abgesehen.

Diese steuerliche Gleichbehandlung ist auch deshalb ein solches Problem, weil sich viele Gründer schon aus Kostengründen befleißigt fühlen, Voranmeldungen und ähnliche Aufgaben in Eigenregie zu erledigen. Zugegeben, zwar hat sich mit diversen Steuer-Softwares hier einiges getan, jedoch lassen sich auch bei deren Bedienung viele Fehler machen – und erfahrungsgemäß darf man beim Finanzamt nicht auf Nachsicht hoffen.

Vor allem deshalb, weil Nachforderungen aufgrund falscher Vorgehensweisen für ein junges Unternehmen mit geringem Finanzpolster wirklich lebensgefährlich sein können, sei dringend geraten, die Kosten für einen Steuerberater auszugeben. Leider die einzige Option, denn bei Gewinneinkünften dürfen Steuerhilfevereine nicht tätig werden.

Marketing ist nicht nur zu wichtig, sondern auch viel zu vielschichtig, um es zielgerichtet in Eigenregie stemmen zu können.

unsplash.com © Aleks Marinkovic

Das Marketing

Das Internet ist voller Gründer-Ratgeber, die erklären, wie Marketing funktioniert. Hinzu kommen zahllose Kurse, beispielsweise für Hochschul-Gasthörer. Die Botschaft: Marketing kann jeder Gewerbetreibende mit etwas Zeit selbst erledigen.

Auch das ist eine oft fatale Botschaft. Es beginnt damit, dass Marketing hinsichtlich seiner Inhalte oft völlig übersimplifiziert wird. Schon wer sich die Seite credia.de genauer ansieht, wird anhand der dortigen Liste feststellen, wie umfassend – und vielfältig – das Thema ist.

Außerdem kommt noch hinzu, dass jeder dieser Bausteine mit jedem anderen verflochten ist. Wird bei einem Element ein Fehler begangen, schleift sich das Problem im Zweifelsfall durch eine ganze Kampagne durch. Insbesondere deshalb, weil Marketing das mit Abstand wichtigste Mittel zur Steuerung der Außenwahrnehmung ist, sollten Gründer hier wirklich nichts dem Zufall oder den eigenen Fähigkeiten überlassen. Dazu ist Marketing schlicht zu bedeutsam.

Der Kundenservice

Die wenigsten Start-ups können sich mit einer Personaldecke rühmen, bei der es für jede relevante Aufgabe eine In-House-Arbeitskraft gibt. Im Gegenteil, praktisch sämtliche frischgegründeten Unternehmen gehören zur überwältigenden Masse der Kleinstbetriebe mit 0 bis 10 Angestellten – von 3,55 Millionen deutschen Unternehmen insgesamt entfallen hierauf 3,11 Millionen. Das heißt, viele Gründer erledigen wirklich alles in Personalunion.

Bei den meist schlanken finanziellen Mitteln ist zwar vieles davon eine Notwendigkeit, weil schlicht nicht das Geld vorhanden ist, um die Aufgaben von jemand anderem erledigen zu lassen. Allerdings ist es dennoch wichtig, zu unterscheiden:

  • Aufgaben, die nach breiter Definition „Chefsache“ sind; zumindest aber dabei nicht wirklich stören.
  • Aufgaben, die zwar zum daily Business gehören, aber unbotmäßig viel Zeit verschlingen und immer wieder von wichtigeren Dingen ablenken.

Zum letztgenannten Punkt gehört praktisch alles, was unter die Rubrik Kundenservice fällt: Telefondienst, E-Mails, Chats. Beschwerdemanagement, Auskünfte und dergleichen. Wichtig ist all das fraglos. Aber es ist definitiv nichts, was Gründer selbst erledigen sollten. Schon deshalb, weil guter Kundenservice bedingt, sich jedem Kontakt zeitnah zu widmen. Das steht jedoch einem konzentrierten Abarbeiten von tatsächlichen Chefsachen entgegen. Die Folge: Man wird immer wieder aus der Konzentration gerissen.

Auch hier gibt es längst Unternehmen, welche ein Outsourcing solcher Routineaufgaben im Repertoire haben. Und wenn das zu viel Geld kostet, ist es höchst sinnvoll, hierfür erstmalig in die Rolle eines Arbeitgebers zu schlüpfen – eine Teilzeitkraft genügt dafür (vorerst) völlig.

Eine funktionierende Website erstellen kann dank Baukastensystemen fast jeder. Ob dies aber den Ansprüchen der Gegenwart genügt, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

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Die Website-Erstellung und -Pflege

Jeder kann sein eigener Webdesigner sein – ist es, was zahllose Anbieter von Baukastensystemen für Firmen-Websites und Online Shops suggerieren. Und vom reinen Standpunkt der Handlung aus mag das vielleicht sogar richtig sein; mit solchen Baukastensystemen ist es in der Tat recht einfach, eine funktionierende Website aufzubauen.

Allerdings ist die Seite selbst abermals nur ein Bruchteil eines großen Ganzen. Auch hier gibt es zahllose Unterpunkte, die – ganz ähnlich wie beim Marketing – miteinander verzahnt sind und gleichermaßen durchdacht umgesetzt sein müssen.

  • Die Designsprache – nicht zuletzt aus urheberrechtlichen Gründen.
  • Die Usability und die Customer Journey.
  • Der Aufbau der Site aus marketingrelevanten Gesichtspunkten heraus betrachtet.
  • Das Thema Namensfindung und damit verbunden auch das allgemeine Wording.

Es sind zahllose Kriterien, die hier stimmen müssen. Pflegen können (IT-affine) Gründer eine Site wahrscheinlich selbst. Das funktionierende Grundgerüst sollten sie sich jedoch von Profis ihres Schaffens erstellen lassen – was wiederum eng mit den restlichen Marketingbestrebungen koordiniert werden sollte.

Übrigens gilt dieser Rat durch die Bank weg für jede Form von Start-up, auch wenn es sich nicht so sehr auf digitale Vertriebswege stützt.

Die IT-Sicherheit

Es dürfte wohl die Medienwelt sein, die auch bei vielen Gründern zu einer deutlichen Schieflage der Sichtweise geführt hat. Denn Hollywood und Konsorten stellen uns schon seit den frühen 1980ern kriminelle Hacker und ähnliche Cyberkriminelle grundsätzlich als Personen(-gruppen) dar, die es auf wirklich große Beute abgesehen haben – Großkonzerne, Regierungsbehörden, vielleicht sogar ganze Länder.

Dementsprechend glauben viele Gründer, dass ihr Unternehmen für solche Kreise kaum interessant wäre. Warum auch? Es gibt nicht viel Geld zu holen und die Geschäftsidee scheint durch andere Maßnahmen gut geschützt.

Leider sind das jedoch falsche Gedankengänge. Und gerade, weil sie zu einer bei vielen Kleinstbetrieben nachlässigen IT-Sicherheit geführt haben, werden diese immer stärker von Cyberkriminellen attackiert. Auch hier gibt es viel zu holen, existieren zahlreiche Angriffsvektoren; im Zweifelsfall zum Erpressen von Lösegeldern durch Hijacking der Firmen-IT.

Speziell angesichts der Tatsache, dass selbst Start-ups mit einem sehr analogen Produkt heute auf viele durch und durch digitale Prozesse vertrauen, sollte auch hier Sicherheit zwar Chefsache sein, aber nicht durch diesen betreut werden. Dazu ist das Risiko einfach zu groß; ganz gleich, wie klein das eigene Unternehmen tatsächlich ist.

Übrigens: Diese Denkweise sollte sich 1:1 auch in den Schutz des Unternehmens vor herkömmlichen Kriminellen erstrecken. Auch hierbei genügt es längst nicht, wenn der Gründer selbst ein paar Überwachungskameras installiert und teure Türschließzylinder installiert.

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