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Geiz ist geil wie Gammelfleisch

Insgesamt gaben die privaten Haushalte in Deutschland im Jahr 2005 knapp 1. 330 Milliarden Euro aus, je Einwohner gerechnet waren das 16 125 Euro. Das sagt das Statistische Bundesamt. Doch mögen die Zahlen noch so aktuell und exakt sein, eines verraten sie uns nicht: Wieviel Macht steckt tatsächlich hinter der viel beachteten "Kaufkraft"?

von Ariane Greiner

Der Verbraucher: Er wird umworben, verhätschelt, verführt und umschmeichelt. Durchleuchtet, skaliert, hochgerechnet und runtergebrochen. Belogen, bestochen, verraten und oft genug für dumm verkauft.

 

Wer jetzt mit einem "Na und? Die Welt ist eben schlecht" die Achseln zuckt, macht es sich ein bisschen zu einfach. In der globalisierten Welt funktioniert die alte Trennung zwischen "ich" und der "Welt da draußen" nicht mehr. Ein Turnschuh, ein T-Shirt, ein Päckchen Kaffee und "die Welt" rutscht unmittelbar in unsere Einkaufstüte. Dabei interessiert es uns meist nicht, woher die Produkte stammen, die wir da eben erworben haben. Noch weniger Gedanken machen wir uns über die Arbeitsbedingungen, unter denen der Turnschuh, das Hemd oder der Kaffee fernab der Heimat produziert wurden. Entweder, es ist uns wirklich egal, Hauptsache, der Preis stimmt. Oder wir wollen es nicht wissen. Denn oft genug würde uns das Wissen die Freude an den Einkäufen verderben. Weil wir uns dann eingestehen müssten, dass wir soeben eine Diktatur unterstützt, einen Bürgerkrieg mitfinanziert, einem Kaffeebauern die Existenz oder einer Näherin die Gesundheit geraubt haben. Denn unsere Macht als Verbraucher ist riesig.

 

"Da weder die Wirtschaft noch die Politik ohne die Unterstützung der Bevölkerung überleben kann, sind wir in einer starken Position, wenn wir uns zusammentun und gemeinsam auf Veränderungen drängen", schreibt die Globalisierungskritikerin und Cambridge-Professorin Noreena Hertz in ihrem pamphletischen Bestseller "Wir lassen uns nicht kaufen! Keine Kapitulation vor der Macht der Wirtschaft". Wie stark wir mit unserem Konsumverhalten tatsächlich die Geschäfte der Großkonzerne beeinflussen können, zeigen Geschichten wie die von Walmart oder Nike, die auf öffentlichen Druck hin die zum Teil menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen verbessern mussten, da ihre Umsätze aufgrund der Negativ-PR drastisch zurückgingen.

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