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Georg Elser – einer allein gegen Hitler

Er ist einer der vergessenen Helden des Widerstands im Dritten Reich: Georg Elser, der Mann, der im November 1939 Hitler in die Luft sprengen wollte – und scheiterte. Seine Bombe explodierte nur 13 Minuten zu spät. Elser büßte dies nicht nur mit Folter, Haft und schließlich seinem Leben, er blieb auch nach dem Krieg lange verleumdet und vergessen Jetzt erzählt ein Spielfilm seine Geschichte.
NPO

Georg Elser im Jahr 1939.

Historisch

Bevor er seinen folgenschweren Entschluss fasst, ist Georg Elser ein ganz normaler, einfacher Handwerker wie tausende andere auch. Der 1903 Geborene hat in seiner Heimatstadt Königsbronn Schreiner gelernt. Während seiner Lehrzeit in den 1920er Jahren wird er Mitglied im Holzarbeiterverband und im kommunistischen Roten Frontkämpferbund – was unter den Handwerkern und Arbeitern durchaus üblich ist. Sonderlich engagiert ist Elser aber nicht, später ist er genauso Mitglied in einem Trachtenverein und einem Zitherclub.

Gegen Hitler

Als Hitler und die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kommen, hält Elser wenig vom neuen Regime – im Gegenteil. Er sieht und kritisiert Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Einschränkungen der Meinungs- und Religionsfreiheit. Elser weigert sich, den Hitlergruß auszuführen und soll den Raum verlassen haben, wenn eine Hitlerrede im Radio übertragen wurde.

Ab 1937 verstärkt sich seine Abneigung noch, denn bei seiner Arbeit in einer Armaturenfabrik in Heidenheim wird klar, dass Hitler massiv aufrüstet. In der Fabrik werden unter anderem heimlich Geschosszünder hergestellt – Elser sieht darin klare Vorbereitungen auf einen Krieg. Diese Vermutung verstärkt sich im Herbst 1938 zur Gewissheit, als Großbritannien und Frankreich mit dem Münchener Abkommen deutlich machen, dass sie nicht die Absicht haben, sich Hitler ernsthaft entgegenzustellen.

Der Entschluss

Für Elser bedeutet dies, dass ein drohender Krieg nur noch durch eine radikale Maßnahme zu verhindern ist: Er muss Hitler und seinen Führungsstab umbringen. Für dieses Attentat will er sich eine Nazi-Tradition zunutze machen: Jedes Jahr am Abend des 8. November hält Hitler eine Rede im Münchener Bürgerbräukeller – zu Ehren seines gescheiterten Putschversuchs am 9. November 1923.

Elser weiß: Zu diesem Anlass werden die Spitzen der NS-Führung anwesend sein und Hitler wird am Rednerpult stehen. Er plant, in eine Säule direkt hinter dem Rednerpult eine Bombe mit Zeitzünder einzubauen. Diese soll dann explodieren, wenn Hitler gerade mitten in seiner Rede ist – und so viele aus der nationalsozialistischen Führung mit in den Tod reißen wie möglich.

Die Vorbereitung

Elser bereitet sein Attentat akribisch vor: Schon im Herbst 1938 zeichnet er Pläne für seinen Sprengsatz und fährt in die Schweiz, um seine Flucht zu planen. Im April 1939 beginnt er in einem Steinbruch zu arbeiten, wo er nach und nach Sprengstoff und mehr als 100 Zündkapseln mitnimmt und zuhause versteckt. Im Bürgerbräukeller misst er die Säule aus, in der die Bombe verstecken will.

Um den Sprengkörper vor Ort anzubringen, versteckt sich Elser abends im  Bürgerbräukeller und lässt sich bei Lokalschluss unbemerkt einschließen. 30 Nächte lang braucht er, um die Säule auszuhöhlen – und das Loch jeden Morgen wieder so zu tarnen, dass es nicht auffällt. Den anfallenden Schutt versteckt er und trägt ihn am nächsten Morgen in einem Karton oder Koffer unter den Augen der nichtsahnenden Kellnerinnen hinaus.

Das Attentat

Schäden nach der Explosion von Georg Elsers Bombe im Bürgerbräukeller in München am 8. November 1939.

Dann ist es endlich soweit: Am 2. November, knapp eine Woche vor dem geplanten Attentat, versteckt Elser seine Bombe in der ausgehöhlten Säule und verschließt das Loch wieder. Am Morgen des 6. November stellt er dann den Zeitzünder ein: auf 21:20 Uhr am 8. November – die Zeit, zu der Hitler seine Rede zum Jahrestag halten wird. Und nach Elsers Plan eine Zeit, in der er selbst längst auf dem Weg in die Schweiz sein wird.

Doch sein Plan geht nicht auf – durch schieres Pech. Denn ausgerechnet an diesem Jahrestag spricht Hitler kürzer als sonst, weil er noch am gleichen Abend nach Berlin zurückkehren muss, Er beendet  seine Rede daher schon um 21:07 Uhr – 13 Minuten bevor die Bombe zündet. Als sie losgeht, zerstört sie das Rednerpult und reißt sogar die Saaldecke herunter, doch die NS-Führung entgeht dem Attentat. Stattdessen sterben acht andere Besucher in den Trümmern, gut 60 werden verletzt.

 

 

 

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Konradin Medien GmbH

Mehr über Georg Elser und andere Menschen, die als einzelne gegen das NS-Regime kämpften, erfahren Sie in dem Heft des Geschichtsmagazins "DAMALS: Widerstand der kleinen Leute – Zivilcourage in der NS-Zeit".

Jagd auf den Täter

Sofort löst die Polizei Großalarm aus, noch in der Nacht des Attentats wird eine von Gestapo-Chef Heydrich geleitete "Zentralkommission Anschlag München" eingesetzt, die nach dem Täter fahnden soll. Aus der Untersuchung der Zünderreste schließen die Ermittler, dass es sich um eine fachmännische Arbeit gehandelt haben muss. Sie schreiben den Anschlag daher dem britischen Geheimdienst zu – eine Propaganda, die sich in Deutschland sogar noch bis in die 1960er Jahre hinein hält.

Elser, der zu diesem Zeitpunkt längst in der Schweiz sein wollte, sitzt derweil in Konstanz beim Zoll fest. Er wurde um 20:45 Uhr – noch vor dem Attentat – von der Grenzpolizei aufgegriffen, weil seine Grenzkarte abgelaufen war und er damit illegal die Grenze überqueren wollte. Nach der Kunde vom Anschlag weckt auch eine Postkarte vom Bürgerbräukeller in Elsers Tasche Verdacht, zudem werden Teile der Zeitzünder gefunden. Er wird daher nach Berlin gebracht und von der Gestapo teilweise unter Folter verhört. Am 13. November schließlich gesteht Elser die Tat, trotzdem wird er weiter verhört, bis klar ist, dass er allein gehandelt hat.

Filmszene: Georg Elser (Christian Friedel, M.) erklärt Nebe (Burghart Klaußner, l.) und Müller (Johann von Bülow, r.), wie er die Bombe gebaut hat.

Lucky Bird Pictures

Vergessen und verleumdet

Weil die NS-Führung plant, Elser nach Kriegsende in einem Schauprozess zu verurteilen, wird er nicht sofort getötet. Stattdessen verbringt er fast fünf Jahre als "Sonderhäftling des Führers" in Einzelhaft zunächst im KZ Sachsenhausen, später im KZ Dachau. Im Gegensatz zu den meisten andern Häftlingen wird er dabei sogar relativ gut behandelt. Doch Anfang April 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, erhält der Lagerkommandant den Befehl, Elser hinzurichten. Am 9. April 1945 wird er durch Genickschuss in Dachau getötet. Am gleichen Tag lässt die NS auch andere  Regimegegner und Widerstandskämpfer wie Dietrich Bonhoeffer und Wilhelm Canaris ermorden.

Während die Attentäter des 20. Juli 1944 nach dem Krieg gefeiert werden und schon sehr früh offiziell als Widerstandskämpfer geehrt werden, gilt dies für Elser nicht. Stattdessen gibt es Gerüchte, er sei ein britischer Agent oder eine Marionette der NS-Führung gewesen und das Attentat nur inszeniert. Erst als Ende der 1960er Jahre die Verhörprotokolle Elsers gefunden werden, ändert sich diese Sicht. Doch gewürdigt wird sein Versuch, Hitler zu töten und damit den Krieg zu verhindern, erst fast 30 Jahre später.

Elser  - Der Film

Seit wenigen Tagen läuft in den Kinos ein Spielfilm, der die Geschichte Georg Elsers erzählt. "Elser – Er hätte die Welt verändert" erzählt in Rückblenden die Vorgeschichte Elsers und das Attentat, der Hauptstrang der Handlung aber spielt während der Verhöre Elsers durch die Gestapo. Er zeichnet ein psychologisches Portrait des Widerstandskämpfers, aber auch der Männer, die ihn verhören. Regie führte Oliver Hirschbiegel (Der Untergang), das Drehbuch stammt von Fred Breinersdorfer und Leonie-Claire Breinersdorfer.

Der zum 70. Todestag Elsers angelaufene Film wurde beim Bayrischen Filmpreis als Beste Produktion ausgezeichnet und erhielt von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) das Prädikat besonders wertvoll. Die Kritiken allerdings sind sich nicht ganz einig – die Meinungen reichen vom "filmischen Fehlzünder" (Tagespiegel) bis zu "überraschend stimmig" (Spiegel Online). Am besten macht man sich aber selbst ein Bild.

Neben dem Spielfilm gibt es übrigens auch ein 90-minütiges Hörspiel von den gleichen Drehbuchautoren. Es sprechen zwar dieselben Schauspieler wie im Film, im Unterschied zu diesem zeigt uns das Hörspiel aber die Ereignisse stärker aus der Perspektive Elsers – es ist daher ei völlig eigenständiges Werk. Zudem wird auf der offiziellen Seite des Films Schulmaterial bereitgestellt, das kostenlos heruntergeladen werden kann.

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