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Glazialerosion

Detersion - Detraktion - Exaration
Alexander Stahr

Sammelbegriff für die Abtragungstätigkeit der → Gletscher (von lateinisch glacies = Eis und erodere = abnagen, zerkleinern). Vom Gletschereis mitgeführte Gesteinstrümmer unterschiedlichster Größe beanspruchen den Felsuntergrund. Sie schleifen ihn ab und glätten ihn. Man bezeichnet diesen Teilprozess der Glazialerosion als Detersion (von lateinisch deterere = zerreiben). Zurück bleiben glattpolierte Felsen und Gletscherschrammen. In heute eisfreien Gebieten weisen polierte und eingeritzte Felsen darauf hin, wo und in welche Richtung die Gletscher einst strömten. An der Gletscherbasis angefrorene Gesteinspartien werden durch Detraktion (von lateinisch detrahere = abreißen) herausgebrochen. An seiner Stirnseite schiebt der Gletscher Lockermaterial zusammen und staucht es auf. Dabei können ganze Gesteinsschollen herausgestemmt werden. Man nennt dies Exaration (von lateinisch exarare = durchfurchen).

Gletscher formen das Gesicht der Welt
Alexander Stahr
Die abtragenden Prozesse, die durch fließendes Gletschereis hervorgerufen werden, bringen eine Vielzahl an Landschaftsformen hervor. In den Alpen treten zwei typische Formen auf: die Kare - Hohlformen, die einem Amphitheater oder Lehnsessel gleich sind - und U-förmige Trogtäler. Die Kare waren der Ausgangspunkt der Gebirgsvergletscherung. Dort sammelte sich der Schnee und wurde über Jahre zu Gletschereis, das schließlich anfing, bergab zu fließen. Damit konnte die Abtragung am Berg einsetzen. Mit fortschreitender Erosion treffen die Kare von mehreren Seiten eines Berges zusammen und bilden scharfe Felsgrate aus. Ehemals V-förmige Kerbtäler wurden durch die Gletscherströme übertieft und zu Trogtälern mit steilen Talwänden umgeformt. Diese übersteilten Talwände sind seit dem Rückzug der eiszeitlichen Gletscher vor rund 10 000 Jahren bis in unsere Zeit immer wieder Ausgangspunkte von Bergstürzen und anderen Massenbewegungen. Im Bereich von Küstengebirgen reichte die Übertiefung von Tälern teilweise bis unter das Meeresniveau. Dort drang das Meer später in die Trogtäler ein und ließ die Fjorde entstehen, wie wir sie heute in Alaska, Neuseeland, Chile, Island, Grönland oder Norwegen finden. An der tiefsten Stelle des norwegischen Sognefjordes lag das Eis 1308 m unter dem heutigen Meeresspiegel. Aber auch viele Seen verdanken ihre Entstehung den eiszeitlichen Gletschern. Der Königssee, der Chiemsee und der Bodensee sind bekannte Beispiele aus den nördlichen Kalkalpen und ihrem Vorland. Das von Gletschern mitgeführte Gesteinsmaterial wird dort abgelagert, wo das Eis schmilzt. Es setzt seine unsortierte, als Moräne oder Geschiebe bezeichnete, Fracht aus Ton, Sand, Schutt und Blöcken ab und bildet Moränenwälle.

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