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Große Mutter Erde

Obwohl er der höchste der Höchsten ist, war der westlichen Welt lange Zeit gar nicht bekannt, dass der Mount Everest existiert. Der Berg liegt etwas versteckt hinter anderen hohen Gipfeln und da Nepal und Tibet ausländischen Landvermessern keinen Zutritt gewährten, blieb er lange Zeit unentdeckt.

Der Berg

Foto: Thomas Hartmann, Eppstein/Taunus

Um 1830 erreichten Landvermesser der Indian Survey den Fuß des Himalaya. Jenseits der Grenze zu Nepal sahen sie gewaltige Gipfel, die weit über die anderen Gebirgszüge heraus ragten. Sie glaubten, dies müssten die höchsten Berge der Welt sein.

Von den hohen Gipfeln beeindruckt, machten sich die britischen Geodäten daran, ihre Höhe zu ermitteln. Im März 1856 gab General Andrew Waugh die Ergebnisse jahrelanger Berechnungen bekannt. Gipfel IX, Kangchenjunga genannt, maß 28.156 Fuß und Gipfel XV 29.002 Fuß. Damit war Gipfel XV der höchste Berg der Welt. Er hatte allerdings noch keinen Namen. Normalerweise erhielten neu entdeckte und vermessene Himalaya-Gipfel lokale Bezeichungen. Aber für diesen gewaltigen Berg wollte der britische Vermessungschef Waugh keinen einheimischen Namen, obwohl der tibetische Name des Berges “Chomolungma“, der soviel wie “Große Mutter Erde“ bedeutet, weit verbreitet war. Waugh plädierte jedoch für den Namen seines Amtsvorgängers General Everest. Dieser setzte sich schließlich auch durch dabei hatte sich paradoxerweise gerade Everest immer für lokale Namen ausgesprochen.

Im Jahr 1865, ein Jahr vor Everests Tod, entschied sich die Royal Geographical Society offiziell, dem höchsten Berg der Welt den Namen Mount Everest zu geben. Dass er der Höchste ist, ist unumstritten, doch wie hoch er genau ist, darüber variieren die Angaben. Lange Zeit waren es offiziell 8848 Meter. Nach neuen Vermessungen sind es angeblich mehr: 8850 Meter.

Aus geologischer Sicht ist der Himalaya ein junges Gebirge. Es entstand - wie auch die Alpen - durch das Aufeinandertreffen zweier Kontinentalplatten vor etwa 65 Millionen Jahren im frühen Tertiär. Im Zuge der Kontinentaldrift stieß die Indo-Australische mit der Eurasischen Platte mit einer Geschwindigkeit von rund 15 Zentimetern pro Jahr zusammen. Bis zum heutigen Tag drang der indische Subkontinent dadurch etwa 2000 Kilometer nach Eurasien vor. Durch die Plattenkollision wurden Gesteine gefaltet und in die Tiefe gedrückt. Zudem wurden ganze Gesteinsschichten bis zu 100 Kilometer weit als so genannte tektonische Decken über andere Schichten geschoben. Langsam begannen die in die Tiefe gedrückten und überschobenen Gesteinsmassen dann aufzusteigen. Vor ungefähr 600.000 Jahren hob sich die Hauptkette des Gebirges schließlich zügig auf die heutige Höhe.

Tektonische Prozesse wie Faltung und Deckenüberschiebungen führten im Verlauf der Gebirgsbildung dazu, dass ehemals flachlagernde Sedimentpakete heute mehr oder weniger steil geneigt an der Erdoberfläche stehen. Die morphologische Folge ist eine häufig zu beobachtende strukturbedingte Asymmetrie von Gipfelaufbauten. Beispielhaft sind derartige Verhältnisse am Everest gegeben. Der Gipfelaufbau zeigt eine auffallende Asymmetrie mit deutlich flacherer Nordflanke gegenüber der steilen Südwand, die rechtwinklig zum Schichteinfall verläuft. Daher können Verwitterung und Abtragung verstärkt an der Deckenstirn und den dazu senkrecht verlaufenden Gesteinsklüften ansetzen. Man kann den Everest deshalb als typischen “Schichtkopf“ bezeichnen.

Das Auffälligste am Everest jedoch ist, dass der Gipfelaufbau im Gegensatz zu anderen hohen Bergen nicht vergletschert ist. Es ist in dieser Höhe einfach zu kalt, als dass sich haftfähiger Schnee bilden könnte. Der trockene, feine Schnee wird vom Wind weggeblasen, so dass kein Gletschereis entstehen kann. Lediglich im Norten-Couloir konnte der Wind in geschützter Lage den Schnee zu einem kleinen Hängegletscher zusammenpressen.

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